Dokumentation städtischer Rechtsbrüche Nr. 2:
FeWo Im Langen Gwend 10, Kreuzgasse 15, Am Flachsfeld 2

Zwar gibt es in Regensburg seit Juli 2019 eine sogenannte “Zweckentfremdungssatzung”, mit der die Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen, d.h. Gewerbe, verhindert werden kann. Die Regensburger Verwaltung missbraucht diese aber, um nachträglich illegale Zweckentfremdungen zu legalisieren. Nicht einmal Bußgeld wird verhängt. Das ist natürlich gesetzeswidrig, aber in der Bananenrepublik Regensburger ist bekanntlich alles erlaubt, was die Wenigen reicher und die Vielen ärmer macht. Zweiter Teil unserer Serie über städtische Rechtsbrüche qua Zweckentfremdungssatzung.

FeWo Juli 21

Monatlich werden vom städtischen Bauordnungsamt im Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen die genehmigten Bauvorhaben veröffentlicht. Illegale Zweckentfremdungen erkennen Insider*innen an dem Vermerk, dass die “Nutzungsänderung bereits vor Inkrafttreten der Zweckentfremdung erfolgte”. Hierbei handelt es sich ausschließlich um bislang nicht genehmigte, jahrelange illegale Nutzungsänderungen. Quelle: VO/21/18060/63, VO/21/18142/63

Vorbemerkung

Diesen Dezember wurden keine illegalen Ferienwohnungen per “Negativattest” von der Verwaltung legalisiert. Das verwundert etwas, da laut Zwischenbericht vom April 21 die Genehmigung von mindestens 100 illegalen Zweckentfremdungen noch aussteht. Vielleicht liegt es daran, dass die Regensburger Zeitung unter der Überschrift “Knallharte Gentrifizierung” ausführlich über unsere letzte Pressemitteilung dazu und unsere Anzeige sowie Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Regierung der Oberpfalz berichtete.

Dies gibt uns Gelegenheit, frühere Rechtsbrüche abzuarbeiten. Immerhin wurden ebenfalls laut “Zwischenbericht” bis dahin bereits 47 illegale Ferienwohnungen ohne Bußgeld und mit Kusshand legalisiert bzw. “genehmigungsfrei” gestellt. Inzwischen kamen weitere hinzu, z.B. drei Rechtsbrüche, die im Juli 2021 vom Bauordnungsamt veröffentlicht wurden.

Nebenbei: Inzwischen gibt es mehrere Studien, welche die Auswirkungen der Umwandlung von Wohnungen in Ferienwohnungen auf das allgemeine Mietniveau untersuchen. Diese sind erheblich. Für Berlin wurde festgestellt:

“Eine Erhebung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kommt zu dem Schluss, dass sich zumindest in Berlin durch eine zusätzliche Airbnb-Unterkunft die Angebotsmieten der umliegenden Wohnungen um durchschnittlich 13 Cent je Quadratmeter erhöhen. Dies sei vor allem auf Airbnb-Angebote zurückzuführen, die länger als 180 Tage untervermietet werden, hieß es.” (Newsportal Köln)

“Mit jedem neuen Inserat wird demnach eine 100 Quadratmeter große Wohnung in Berlin pro Jahr um 156 Euro teurer.” (Spiegel Wirtschaft)

Für Köln fand das Institut für Wirtschaftspolitik (iwp) heraus:

“In einer ökonometrischen Regressionsanalyse zeigt sich, dass 14,2 % der Mietpreissteigerungen bei Wohnungen bis 3 Zimmern in den betroffenen Stadtteilen innerhalb der Zeit von Mitte 2015 bis Ende 2018 auf die Kurzzeitvermietung zurückzuführen sind. Dies entspricht 4,6 Prozentpunkten des Gesamtmietanstiegs von 32,4 %. (…) Daraus ergibt sich für Neumieter eine zusätzliche Mietbelastung von rund 27 € im Monat bzw. 320 € im Jahr, die ursächlich auf Kurzzeitvermietungs-Angebote zurückzuführen ist.” (iwp)

Im Langen Gwend 10, 93057 Regensburg

Gwend10

Interneteintrag: “Diese Unterkunft begrüßt seit dem 24.11.2019 Mieter auf Pension.de”

Hier wurde die illegale Umwandlungen eines kompletten Einfamilienhauses samt weitläufigem Garten in eine “Ferienwohnung” nachträglich legalisiert. Das Haus liegt im äußersten Norden der Stadt.

Was uns verwirrt: Auf preiswert-uebernachten.de wird nur die Dachgeschosswohnung als Ferienwohnung angeboten, auf mein-monteurzimmer.de das ganze Haus. Was uns kombinieren lässt, dass ursprünglich nur die Wohnung im Dachgeschoss illegal zweckentfremdet wurde. Dies bestätigt auch ein Eintrag auf pension.de. Dort heißt es für das ganze Haus: “Diese Unterkunft begrüßt seit dem 24.11.2019 Mieter auf pension.de”, was allerdings nach (!) Inkrafttreten der Zweckentfremdungssatzung im Juli 2019 wäre.

Auf telefonische Nachfrage wurde uns die Datumsangabe von der Inhaberin bestätigt, sie führe das Haus erst seit zwei Jahren als Ferienwohnung. Aber, ergänzte sie, auch die Vorbesitzer, die anscheinend selbst dort wohnten, hätten dieses Geschäft betrieben.

Dies würde den offensichtlich versehentlich nicht aktualisierten Eintrag auf pension.de erklären, denn die Inhaberin wusste nichts davon, dass nur das Dachgeschoss zu mieten sei.

Wenn also die Regensburger Verwaltung wenigstens ihre eigenen, gesetzeswidrigen Bestimmungen ernst nehmen würde, dann dürfte lediglich die Dachgeschosswohnung nachträglich ein “Negativattest” ausgestellt bekommen, weil offensichtlich nur diese vor Inkrafttreten der Satzung illegal betrieben wurde.

Aber wir gehen selbstverständlich davon aus, dass dem Amt für Stadtentwicklung (Amt 66) unter Anton Sedlmeier nicht eh schon alles Wurscht ist, sondern völlig einwandfrei und gerichtsfest die illegale Zweckentfremdung des gesamten Einfamilienhauses vor Juli 2019 lückenlos und eindeutig belegt wurde.

Kreuzgasse 15, 93047 Regensburg

Kreuzgasse15

Die Ferienwohnung liegt im 1. Obergeschoss.

Diese Ferienwohnung liegt, wie so viele, inmitten der Tourismushochburg Altstadt, und zwar im 1. Obergeschoss. Dass es hier wieder einen Wohnraum weniger gibt ist aber nicht schlimm, wie die Stadtverwaltung weiß. In dem Beitrag “Wie Regensburg Ferienwohnungen schützt” des BR-Magazins “quer” vom 29.10.2020 verlautete sie nämlich:

“Die Ferienwohnungen liegen in Regensburg überwiegend in der Altstadt und sind für den Wohnungsmarkt wegen der hohen Mieten für die Bürger*innen weniger interessant.”

Auch hier verwirrt uns etwas: Obwohl diese Zweckentfremdung schon seit mindestens zweieinhalb Jahren illegal betrieben worden sein muss, um als Auszeichnung die Höheren Weihen eines Negativattests vom Amt für Stadtentwicklung (Amt 66) unter Anton Sedlmeier zu bekommen, lassen sich im Internet keinerlei Spuren dazu finden. So können wir diesmal leider nicht mit weiteren Hintergrundinformation dienen.

Am Flachsfeld 2, 93055 Regensburg

Flachsfeld2

Die linke Eingangstür führt zur Ferienwohnung.

Hinter dem linken Eingang verbirgt sich eine weitere, jahrelang illegal betriebene Ferienwohnung. Sie liegt im Neubaugebiet Burgweinting und damit relativ weit abgelegen von der Innenstadt. Trotzdem werden stolze 89 € für eine Übernachtung auf 40 Quadratmetern verlangt, wie booking.com informiert. Hochgerechnet auf einen Monat können hier weit über 2000 € verdient werden. Dass solche extremen Profitmöglichkeiten auch die Begehrlichkeiten und Mieten im Umkreis erhöhen, wie die Studien zeigen, ist nachvollziehbar.

Wir konnten der Betreiberin, die uns beim Fotografieren beobachtet hatte, einige Fragen stellen. Sie meinte, sie vermiete die Wohnung als Ferienwohnung erst seit der Genehmigung durch die Stadtverwaltung, also seit dem Datum des Bescheids vom 18.06.2021. Vorher habe ihre Familie hier gewohnt. Eine offensichtliche Lüge, da auf der Homepage die älteste Gästebewertung aus dem April 2019 stammt.

Gesetzeslage

Die Vorschriften für Nutzungsänderungen finden sich in der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Dort ist beispielsweise in Art. 55, Abs.1 festgeschrieben, dass Nutzungsänderungen immer einer behördlichen Genehmigung bedürfen:

“Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen bedürfen der Baugenehmigung”

Eine Unterlassung gilt als Rechtsbruch und wird in Art. 79, Abs. 1 mit einer empfindlichen Strafe belegt:

“Mit Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig (…) entgegen Art. 55 Abs. 1 (…) bauliche Anlagen errichtet, ändert oder benutzt”

Dass die Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen, also in Gewerbe, als genehmigungspflichtige Nutzungsänderung anzusehen ist, wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 04.09.2013 – 14 ZB 13.6 bestätigt:

“Bei der Ferienwohnungsnutzung handelt es sich gegenüber der allgemeinen Wohnnutzung vielmehr um eine eigenständige Nutzungsart, für die andere bauplanungsrechtliche oder bauordnungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen; sie stellt daher eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar (Art. 55 Abs. 1 BayBO).”

In der Bayerischen Bauordnung werden zudem die Bauaufsichtsbehörden, in Regensburg das Bauordnungsamt unter Armin Frohschammer, verpflichtet, über die Einhaltung der Vorschriften zu wachen. Hierbei wird ihnen ein großer Handlungsspielraum eingeräumt, der sogar den Eingriff in Grundrechte einschließt. So heißt es in Art. 54, Abs. 2:

“Die Bauaufsichtsbehörden haben bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden (…)
Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragten Personen sind berechtigt, in Ausübung ihres Amtes Grundstücke und Anlagen einschließlich der Wohnungen zu betreten; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes, Art. 106 Abs. 3 der Verfassung) wird insoweit eingeschränkt.”

Rechtsbruch durch Verwaltungstrick

Um die Bayerische Bauordnung auszuhebeln, wurde in der Regensburger Zweckentfremdungssatzung die Wohnraumeigenschaft in Paragraf 2, Abs. 3 folgendermaßen definiert:

“Wohnraum liegt nicht vor, wenn …
… der Raum bereits vor dem Inkrafttreten dieser Satzung und seitdem ohne Unterbrechung anderen als Wohnzwecken diente”

Während es in beispielsweise in der Nürnberger Satzung bezüglich der Wohnraumeigenschaft heißt:

“ohne Unterbrechung in baurechtlich genehmigter Weise anderen als Wohnzwecken diente” (Hervorhebung RaS)

wurde ein entsprechender Passus in Regensburg weggelassen. Mit diesem Trick werden in Regensburg illegale, bußgeldbewehrte Zweckentfremdungen unter Beihilfe der Verwaltung legalisiert, falls die Eigentümer die illegale Zweckentfremdung vor Verabschiedung der Satzung nachweisen können. Wie gesagt: Kein Witz!

Kommentar

Trotz inzwischen vier Korruptionsprozessen mit reihenweise Verurteilungen wegen Bestechung, Bestechlichkeit und Vorteilsnahme, hat sich in Regensburg nichts geändert. Nach wie vor gestalten die Korruptionsparteien SPD und CSU und die Korruptionsbeamt*innen aus der Verwaltung die Verhältnisse so, wie sie den Spender*innen aus dem Immobilienbereich kaum besser gefallen könnten. Und während für Eigentümer*innen fröhliche Amnestie herrscht, wird gegen Eigentumslose mit aller Härte vorgegangen. So sperrt das städtische Tochterunternehmen REWAG rund 1000 Menschen jährlich den Strom (1), wegen Bagatellbeträgen zerrt die städtischen Tochter RVV sogenannte “Sch***fahrer*innen” vor Gericht (2) und die Stadtbau lässt rigoros räumen. 2019 gehen von 106 “gerichtlich festgesetzte Räumungsterminen” (3) in Regensburg mindestens 18 auf das Konto des städtischen Tochterunternehmens. (4)

Chronologie der RaS-Hintergrundartikel zur Regensburger Zweckentfremdungs-erlaubnis-satzung

Zweckentfremdung: Satzungsentwurf ist eine Mogelpackung!
Zweckentfremdungssatzung ist für den A…
Anzeige der Zweckentfremdungssatzung der Stadt Regensburg – Update –
Mogelsatzung jetzt in Fettrot
53 weitere Ferienwohnungen genehmigt – Dank Satzung!
“Wir wollten ja nicht die Anzahl der Ferienwohnungen reduzieren”
Bußgelder? Keine Antwort ist auch eine Antwort!
Dokumentation städtischer Rechtsbrüche Nr. 1: FeWo Wahlenstraße 12
Zwangsräumung für Mieter – Rechtsfreiheit für Entmieter


(1) https://www.mittelbayerische.de/region/regensburg-stadt-nachrichten/strom-abgestellt-haeufig-arme-betroffen-21179-art1859903.html
(2) https://www.regensburg-digital.de/520-euro-schwarzfahren-vor-schoeffengericht/02072019/
(3) Statistisches Jahrbuch 2020, Seite 275: http://www.statistik.regensburg.de/menue/publikationen.php
(4) Geschäftsbericht Stadtbau 2019, Seite 19:
“Die Zahl der durchgeführten Zwangsräumungen ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Von 65 (Vj. 38) beantragten Zwangsräumungen wurden 18 (Vj. 8) durchgeführt. Die Zahl der Räumungsklagen wegen Mietrückständen ist von 34 im Vorjahr auf 43 im Berichtsjahr gestiegen.”
https://www.stadtbau-regensburg.de/fileadmin/user_upload/Downloads/20200701_Geschaeftsbericht/Stadtbau_Geschaeftsbericht_2019_d2_web.pdf

 

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