Offener Brief an OB Maltz-Schwarzfischer:
Bußgelder? Keine Antwort ist auch eine Antwort!

Eigentuemer illegaler Ferienwohnung

Herr Hummel gibt dem BR-Magazin “quer” gegenüber offen zu, illegal Ferienwohnungen zu vermieten. Was hat er auch zu befürchten? Screenshot aus quer-Beitrag: Wie Regensburg Ferienwohnungen schützt

 

An
Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer
Altes Rathaus
Rathausplatz 1
93047 Regensburg

 

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer,

auf unsere Pressemitteilung 53 weitere Ferienwohnungen genehmigt – Dank Satzung! antworteten Sie mit einem längeren Schreiben unter dem Betreff PM Satzung gegen Zweckentfremdung wird zu Erlaubnis für Zweckentfremdung missbraucht per Nachweis Illegalität. Wenig später wurde eine weitere Mitteilung von Recht auf Stadt verschickt, die Analyse einer Ausschusssitzung, “Wir wollten ja nicht die Anzahl der Ferienwohnungen reduzieren”, die die Punkte Ihres Briefes weitgehend beantwortete bzw. korrigierte. Trotzdem möchten wir Ihnen gesondert einige Zeilen widmen, da Sie sich immerhin die Mühe machten, etwas aufzusetzen bzw. aufsetzen zu lassen, denn viele Ihrer Mitarbeitenden machen sich nicht einmal diese. Dazu weiter unten.

Sie beginnen Ihren Brief vom 11.06.2021 mit den Worten

“… mit einiger Verwunderung habe ich Ihr Schreiben zur Kenntnis genommen. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Und Kritik, vor allem berechtigte, kann und soll geäußert werden. Unterstellungen, Beleidigungen und sonstige persönliche Angriffe auf meine Mitarbeiter*innen oder die Mitglieder des Stadtrats sind jedoch inakzeptabel.”

Vor allem möchten wir Ihnen deshalb antworten, weil unseres Erachtens nicht wir unterstellen oder beleidigen, sondern leider Ihr Schreiben eine einzige Unterstellung und Beleidigung darstellt. Allerdings gehen wir davon aus, dass Ihnen dies nicht bewusst ist.

Beleidigung

Sie schreiben:

“Zum einen handelt es sich beim Zweckentfremdungsrecht und insbesondere bei den damit in Zusammenhang stehenden Urteilen und rechtlichen Würdigungen um eine schwierige Materie, die für Laien oft nicht leicht zu verstehen ist.”

Mit Verlaub, wir sind keine Idioten. Die eineinhalb Seiten Gesetzestext und zweieinhalb Seiten Satzung sind nun wirklich nicht so schwer zu verstehen, als dass sie ein “Laie” mit etwas Recherche nicht begreifen könnte. Und wir möchten nicht ohne Eitelkeit, allerdings sehr trauriger, daran erinnern, dass alle Aussagen unserer Analyse Zweckentfremdung: Satzungsentwurf ist eine Mogelpackung! durch die “Zwischenbilanz” Ihrer Verwaltung auf das eindrücklichste bestätigt wurden.

Zudem, ebenfalls mit Verlaub, Sie selbst sind Laiin. Sie sind keine Juristin, sondern gelernte Archäologin. Außerdem gaben Sie Ihr Nichtwissen in der von uns analysierten Sitzung freimütig zu: “Inwiefern das illegal ist, also sozusagen dann auch geahndet oder bestraft werden könnte, jetzt mal abgesehen von der Zweckentfremdungssatzung, kann ich überhaupt nicht beurteilen”.

Und den Beweis dafür, dies nicht beurteilen zu können, lieferten Sie gleich mit: “Und vor der Zweckentfremdungssatzung war das auch keine Zweckentfremdung, weil es diese Satzung noch nicht gab. So.” Dies ist natürlich grob falsch. Die Umwandlung von Wohnraum in Gewerbe ist immer eine Zweckentfremdung und bedarf einer Genehmigung, ganz unabhängig von einer Zweckentfremdungssatzung.

Sie werden verstehen, dass es für aufgeklärte Menschen eine Zumutung und Beleidigung darstellt, hören zu müssen, wer kritisiere sei zu doof für die “schwierige Materie”. Ganz besonders, wenn diese Beleidigung von einer Person kommt, die selbst nachweislich nicht firm in der Materie ist.

Herabwürdigung

Und leider müssen wir noch einen weiteren Ausrutscher Ihrerseits ankreiden:

“Das Ziel war, zu erklären und zu informieren, nicht zu verteidigen, denn verteidigen müssen wir den Beschluss dieser Satzung nicht – weder im Grundsatz noch hinsichtlich der getroffenen Regelung, bestehende Ferienwohnungen (auch bauordnungsrechtlich ungenehmigte) zu tolerieren.”

Offensichtlich müssen wir Sie daran erinnern, dass die Verwaltungseinheit Regensburg immer noch eine Demokratie ist. In einer Demokratie ist der Souverän die Bevölkerung. Und natürlich muss eine Satzung, die das Gegenteil von dem bewirkt, was sie eigentlich sollte, dem Souverän gegenüber gerechtfertigt werden.

Darüber hinaus ist es geradezu eine Unverschämtheit, einerseits offen eine rechtswidrige Praxis zuzugeben, andererseits sich Kritik daran zu verbieten und diese sogar als Unterstellungen oder als persönliche Angriffe auf Mitarbeiter*innen zu diffamieren. An Arroganz und Herabwürdigung der Bevölkerung als eigentliche Inhaberin der Staatsgewalt ist das kaum zu überbieten.

Unterstellung

Alle unsere Ausführungen wurden von uns ausführlich begründet. Ihre Behauptung, wir würden “Unterstellungen” verbreiten, also Tatsachenbehauptungen ohne Beleg, ist selbst eine Unterstellung. Wir bitten daher, dass Sie dies richtig stellen und sich bei uns entschuldigen. Auch müssen wir eine weitere Sache korrigieren, die Sie sich selbst unterstellen:

“Ziel war es, den Wohnraum zu sichern, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung bestand.”

Nein! Primäres Ziel war es, den Bestand an Ferienwohnungen zu erhalten, insbesondere auch der illegalen, wie Sie in der Sitzung am 18.05.2021 unmissverständlich darlegten: “Was wir nicht wollten, ist bereits bestehende Ferienwohnungen, die damals schon als Ferienwohnungen genutzt worden sind, auch wenn wir vielleicht nix davon wussten, in den normalen Wohnungsmarkt zuzuführen. Das war nicht Ziel dieser Zweckentfremdungssatzung.”

Und jetzt etwas Nachhilfe für Sie als juristische Laiin. Wohnraum, der ungenehmigt zweckentfremdet wird, ist offiziell immer noch Wohnraum. Wenn also wirklich Wohnraum das Ziel gewesen wäre, hätten seit Verabschiedung der Satzung mindestens 250 illegale Ferienwohnungen, so der Stand zu besagtem Zeitpunkt laut Stadtentwickler Anton Sedlmeier in der MZ vom 17.06.2021, als Wohnraum gesichert werden müssen.

  • Einschub: Leider müssen wir immer wieder feststellen, dass zwischen dem von Ihnen behaupteten und tatsächlich Umgesetzten oft ein gravierender Unterschied besteht. Das Ensemble ueTheater hat dies in seinem Kabarett “Unsere Besten” thematisiert, dessen Mitschnitt vor kurzem auf YouTube veröffentlicht wurde. “Ihre” Szene beginnt bei Minute 17:03: https://www.youtube.com/watch?v=gQW3n_xYa6Y

Anmaßung

“Ich kann Ihnen versichern, die Stadt Regensburg nimmt die Thematik der Wohnraumknappheit sehr ernst und hat eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, die zu einer ausgeglichenen Situation auf dem Wohnungsmarkt führen sollen.”

Sie und Ihr Apparat sind nicht die “Stadt Regensburg”, sondern nur die Stadtverwaltung. Wahrscheinlich liegt hier der Hase im Pfeffer. Die Verwaltung versteht sich offensichtlich nicht als Dienstleisterin der Regensburger Bevölkerung, sondern als selbstherrliche Alleinentscheidende. Sie scheinen zu glauben, dass Versicherungen Ihrerseits schon ausreichen. Doch in einem demokratischen Gemeinwesen zählen nicht Versicherungen, sondern Ergebnisse. Und diese Ergebnisse könnten objektiv besehen kaum katastrophaler ausfallen: Dank aktiver Mithilfe der Verwaltung zählt Regensburg inzwischen zu den zehn teuersten Städten Deutschlands! 1)

Missachtung

Wie “ernst” die Verwaltung die Thematik der Wohnraumknappheit nimmt, kann Recht auf Stadt gerade in der Praxis studieren. Die letzten Monate stellten wir diesbezüglich mehrere Anfragen an die Verwaltung die sämtlich unbeantwortet blieben. Im einzelnen:

Keine Antwort von Abteilung Stadterneuerung und Wohnungswesen

Der Leerstandsmelder von Recht auf Stadt wurde in der “Zwischenbilanz” erwähnt. Angeblich seien einige von uns geführte Leerstände nicht mehr aktuell. Darauf schrieben wir im Mai an den Zuständigen Herrn Poschenrieder, uns bitte diese Meldungen zu nennen, um unseren Leerstandsmelder berichtigen zu können. Wir regten an:

“Es wäre schön, wenn die Nutzung des Leerstandsmelders keine Einbahnstraße wäre, denn uns sollte das gleiche Interesse verbinden: Möglichst jeden Leerstand beenden, damit Regensburg so attraktiv und bewohnbar wie möglich wird.”

Bis heute bekamen wir keine Antwort.

Keine Auskunft vom Bauordnungsamt

Ebenfalls im Mai stellten wir auf der Grundlage der Regensburger Informationsfreiheitssatzung eine Anfrage an das Bauordnungsamt. Insbesondere interessierte uns, ob die Verwaltung gegen Zweckentfremdungen vorgeht, z.B. Bußgeld verhängt. Unter anderem fragten wir:

“9. Laut VO/21/17752/66 wurden bislang 47 Negativatteste ausgestellt, d.h. diese 47 Objekte waren vor dem Antrag auf Negativtestung nicht gemeldet und baurechtlich nicht genehmigt. Ist das richtig?

10. Wurde gegen eines dieser 47 Objekte nach Bekanntwerden der nicht genehmigten Nutzungsänderung baurechtliche Schritte eingeleitet, d.h. die Nutzungsänderung untersagt und Bußgeld verhängt?”

Nachdem wir innerhalb der vorgeschriebenen Einmonatsfrist keine Antwort erhielten, wurde uns auf unsere Nachfrage schließlich von Herrn Frohschammer, dem Leiter des Bauordnungsamts, lapidar mitgeteilt, dass unser Anfrage Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises beträfen und damit nicht in den Anwendungsbereich der Informationsfreiheitssatzung fallen würde.

Keine Antwort von Abteilung Statistik

Die Frage nach den Bußgeldern stellten wir auch an die Abteilung Statistik, nachdem diese als Reaktion auf eine Pressemitteilung wegen unseres konkreten Auskunftsersuchens nachfragte:

“5. Gegen wieviele ungenehmigte Ferienwohnungen / Monteurswohnungen wurde seit 2010 vorgegangen? Bitte nach Jahren aufschlüsseln.

6. Wieviel Bußgeld wurde erhoben? Bitte wieder jeweils in Jahre aufschlüsseln.

7. Wieviele Anträge auf Nutzungsänderungen in Ferienwohnungen / Monteurswohnungen wurden seit 2010 untersagt, wieviele genehmigt? Bitte nach Jahren aufschlüsseln.”

Bis heute erhielten wir keine Antwort von der Abteilung Statistik.

Keine Antwort von Pressestelle

Schließlich stellten wir unsere Frage nach Bußgeldern Anfang Juli auch an Ihre Pressestelle:

“Wir denken, dass die Themenbereiche von hohem öffentlichen Interesse sind und von einer Verwaltung, die Wert darauf legt, dass ihr Handeln nachvollziehbar ist, in einem demokratischen Rechtsstaat beantwortet werden sollte.”

Keine Antwort.

Keine Antwort ist auch eine Antwort

Wir gehen davon aus, dass von der Verwaltung der Stadt Regensburg über den gesamten von uns abgefragten Zeitraum ab 2010 gegen keine einzige Zweckentfremdung von Wohnraum in Ferienwohnungen baurechtlich vorgegangen wurde, weder in Form einer Nutzungsuntersagung, noch mit Bußgeld. Die Umwandlung von Wohnraum in Gewerbe genießt in Regensburg offensichtlich völlige Rechtsfreiheit.

Und Sie decken diesen rechtswidrigen Zustand.

Mit freundlichen Grüßen,

(Unterschrift)


1) Laut Postbank Wohnatlas 2021: “Zu den teuersten zehn Städten gehören die Big Seven mit Ausnahme von Köln sowie Freiburg im Breisgau, Rosenheim, Regensburg und Heidelberg – alle mit Quadratmeterpreisen jenseits der 4.000-Euro-Marke.” https://www.baulinks.de/webplugin/2021/0405.php4

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