Dokumentation städtischer Rechtsbrüche Nr. 1:
FeWo Wahlenstraße 12

Zwar gibt es in Regensburg seit Juli 2019 eine sogenannte “Zweckentfremdungssatzung”, mit der die Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen, d.h. Gewerbe, verhindert werden kann. Die Regensburger Verwaltung missbraucht diese aber, um nachträglich illegale Zweckentfremdungen zu legalisieren. Nicht einmal Bußgeld wird verhängt. Das ist natürlich gesetzeswidrig, aber in der Bananenrepublik Regensburg ist bekanntlich alles erlaubt, was die Wenigen reicher und die Vielen ärmer macht. Erster Teil unserer Serie über städtische Rechtsbrüche qua Zweckentfremdungssatzung.

Wahlenstrasse 12 Ferienwohnung

Monatlich werden vom städtischen Bauordnungsamt im Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen die genehmigten Bauvorhaben veröffentlicht. Illegale Zweckentfremdungen erkennen Insider*innen an dem Vermerk, dass die “Nutzungsänderung bereits vor Inkrafttreten der Zweckentfremdung erfolgte”. Hierbei handelt es sich ausschließlich um bislang nicht genehmigte, jahrelange illegale Nutzungsänderungen. Quelle: VO/21/18414/63

Wahlenstr. 12, 93047 Regensburg

Wahlenstrasse 12 Totale von links

Hier wurde eine illegale Ferienwohnung “legalisiert”

Welche*r Regensburger*in möchte nicht hier wohnen, im Herzen der Stadt, fast unmittelbar neben einem Wahrzeichen des Weltkulturerbes, dem Goldenen Turm. Doch zumindest eine Wohnung stand hier schon einige Zeit vor dem schicksalhaften Juli 2019, dem Monat des Inkrafttretens der Zweckentfremdungssatzung, Regensburger*innen nicht mehr als Wohnraum zur Verfügung, sondern nur noch Feriengästen.

Wahlenstrasse 12 Froschperspektive plus Goldener Turm

Ideale Tourismuslage neben Goldenem Turm

Dies bezeugt nicht nur das sogenannte “Negativattest” des Amtes 66, des Amtes für Stadtentwicklung unter Anton Sedlmeier, das nur vergeben wird, wenn die dauerhafte illegale Nutzung belegt werden kann. Kein Witz! Der Eigentümer, der im gleichen Haus wohnt, bestätigte dies auch freimütig Recht auf Stadt gegenüber. Auch Bußgeld musste er für den Zeitraum der illegalen Nutzung keines zahlen.

Wahlenstrasse 12 Klingel Zahlencode

Zahlencode ersetzt bei FeWo Schlüssel

Wieviele Quadratmeter die Wohnung habe und wie hoch der Preis für eine Übernachtung sei, wollte der Eigentümer allerdings nicht mehr angeben. Auf den einschlägigen Plattformen ist die Ferienwohnung Wahlenstraße 12 nicht zu finden.

Recht auf Stadt schätzt aber, dass aufgrund der idealen touristischen Lage die Erlöse aus der Ferienwohnungsvermietung ein Vielfaches über der dort möglichen Miete liegen.

Ferienwohnungen sind übrigens häufig an einem Nummernfeld beim Klingelschild zu erkennen. So müssen die Eigentümer*innen nicht extra vor Ort sein und lästige Schlüssel ausgeben. Alles kann bequem online erledigt werden.

Gesetzeslage

Die Vorschriften für Nutzungsänderungen finden sich in der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Dort ist beispielsweise in Art. 55, Abs.1 festgeschrieben, dass Nutzungsänderungen immer einer behördlichen Genehmigung bedürfen:

“Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen bedürfen der Baugenehmigung”

Eine Unterlassung gilt als Rechtsbruch und wird in Art. 79, Abs. 1 mit einer empfindlichen Strafe belegt:

“Mit Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig (…) entgegen Art. 55, Abs. 1 (…) bauliche Anlagen errichtet, ändert oder benutzt”

Dass die Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen, also in Gewerbe, als genehmigungspflichtige Nutzungsänderung anzusehen ist, wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 04.09.2013 – 14 ZB 13.6 bestätigt:

“Bei der Ferienwohnungsnutzung handelt es sich gegenüber der allgemeinen Wohnnutzung vielmehr um eine eigenständige Nutzungsart, für die andere bauplanungsrechtliche oder bauordnungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen; sie stellt daher eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar (Art. 55, Abs. 1 BayBO).”

In der Bayerischen Bauordnung werden die Bauaufsichtsbehörden, in Regensburg das Bauordnungsamt unter Armin Frohschammer, verpflichtet, über die Einhaltung der Vorschriften zu wachen. Hierbei wird ihnen ein großer Handlungsspielraum eingeräumt, der sogar den Eingriff in Grundrechte einschließt. So heißt es in Art. 54, Abs. 2 der BayBO:

“Die Bauaufsichtsbehörden haben bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden (…)
Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragten Personen sind berechtigt, in Ausübung ihres Amtes Grundstücke und Anlagen einschließlich der Wohnungen zu betreten; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes, Art. 106 Abs. 3 der Verfassung) wird insoweit eingeschränkt.”

Rechtsbruch durch Verwaltungstrick

Um die Bayerische Bauordnung auszuhebeln, wurde in der Regensburger Zweckentfremdungssatzung die Wohnraumeigenschaft in Paragraf 2, Abs. 3 folgendermaßen definiert:

“Wohnraum liegt nicht vor, wenn …
… der Raum bereits vor dem Inkrafttreten dieser Satzung und seitdem ohne Unterbrechung anderen als Wohnzwecken diente”

Während es beispielsweise in der Nürnberger Satzung bezüglich der Wohnraumeigenschaft heißt

“ohne Unterbrechung in baurechtlich genehmigter Weise anderen als Wohnzwecken diente” (Hervorhebung RaS)

wurde ein entsprechender Passus in Regensburg weggelassen. Mit diesem Trick werden in Regensburg illegale, bußgeldbewehrte Zweckentfremdungen unter aktiver Beihilfe der Verwaltung legalisiert, falls die Eigentümer*innen den Rechtsbruch der illegalen Zweckentfremdung für die Zeit vor Verabschiedung der Satzung nachweisen können. Wie gesagt: Kein Witz!

Kommentar

Trotz inzwischen vier Korruptionsprozessen mit reihenweise Verurteilungen wegen Bestechung, Bestechlichkeit und Vorteilsnahme, hat sich in Regensburg nichts geändert. Nach wie vor gestalten die Korruptionsparteien SPD und CSU und die Korruptionsbeamt*innen aus der Verwaltung die Verhältnisse so, wie sie den Spender*innen aus dem Immobilienbereich kaum besser gefallen könnten. Und während für Eigentümer*innen fröhliche Amnestie herrscht, wird gegen Eigentumslose mit aller Härte vorgegangen. So sperrt das städtische Tochterunternehmen REWAG rund 1000 Menschen jährlich den Strom (1), wegen Bagatellbeträgen zerrt die städtischen Tochter RVV sogenannte “Sch***fahrer*innen” vor Gericht (2) und die Stadtbau lässt rigoros räumen. 2019 gehen von 106 “gerichtlich festgesetzte Räumungsterminen” (3) in Regensburg mindestens 18 auf das Konto des städtischen Tochterunternehmens. (4)

Chronologie der RaS-Hintergrundartikel zur Regensburger Zweckentfremdungs-erlaubnis-satzung

Zweckentfremdung: Satzungsentwurf ist eine Mogelpackung!
Zweckentfremdungssatzung ist für den A…
Anzeige der Zweckentfremdungssatzung der Stadt Regensburg – Update –
Mogelsatzung jetzt in Fettrot
53 weitere Ferienwohnungen genehmigt – Dank Satzung!
“Wir wollten ja nicht die Anzahl der Ferienwohnungen reduzieren”
Bußgelder? Keine Antwort ist auch eine Antwort!


(1) https://www.mittelbayerische.de/region/regensburg-stadt-nachrichten/strom-abgestellt-haeufig-arme-betroffen-21179-art1859903.html
(2) https://www.regensburg-digital.de/520-euro-schwarzfahren-vor-schoeffengericht/02072019/
(3) Statistisches Jahrbuch 2020, Seite 275: http://www.statistik.regensburg.de/menue/publikationen.php
(4) Geschäftsbericht Stadtbau 2019, Seite 19:
“Die Zahl der durchgeführten Zwangsräumungen ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Von 65 (Vj. 38) beantragten Zwangsräumungen wurden 18 (Vj. 8) durchgeführt. Die Zahl der Räumungsklagen wegen Mietrückständen ist von 34 im Vorjahr auf 43 im Berichtsjahr gestiegen.”
https://www.stadtbau-regensburg.de/fileadmin/user_upload/Downloads/20200701_Geschaeftsbericht/Stadtbau_Geschaeftsbericht_2019_d2_web.pdf

 

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