Kundgebung BfG und ueTheater zum Tag der Menschenrecht:
„ … seit ich den Urquell des Lebens erkannt und den Weg des Menschenrechts gehe“

Verhüllter Don Juan und Elly Maldaque auf einem Rollup in Lebensgröße

Elly Maldaque statt Kopf-ab-Don-Juan, Foto: Herbert Baumgärtner

Widerlicher Opportunismus und scheinheiliges Unterstützertum

Hallo, ich bin der Kurt vom Bund für Geistesfreiheit und von dem freien Theaterensemble ueTheater.

Ich weiß noch gut, wie mir der Name Elly Maldaque zum ersten Mal begegnete. Ich arbeitete damals im Studentenwerk Niederbayern / Oberpfalz an der Uni. Dort gab es ein Theaterhaus, das drittgrößte in Regensburg. Aber weil es im Grunde keinen Namen hatte, wurde es in der Öffentlichkeit als eigenständige Einrichtung kaum wahrgenommen. Ich war auf der Suche nach einem eindeutigen Namen dafür und überlegte, es nach einer Regensburger Künstler*innenpersönlichkeit zu benennen, die ein Opfer der Nazis geworden war.

In dem Buch von Wilhelm Kick „Sag es unseren Kindern“ über den Widerstand in Regensburg las ich zum ersten Mal den Namen Elly Maldaque. Ich war erstaunt, dass sogar einer der berühmtesten und meistgespielten deutschsprachigen Theaterautoren Ödön von Horváth ein Stück über Elly Maldaque geschrieben hatte. Und fast erschüttert war ich darüber, dass ich bisher nichts von der Frau gehört hatte, einer Lehrerin an der Volksschule Von-der-Tann, deren Tod 1930 die Bayerische Volkspartei, Vorgängerpartei der CSU, in Zusammenarbeit mit Nazispitzeln und der Politischen Polizei, der damalige Verfassungsschutz, zu verantworten hatte. Auch der katholischen Kirche war die Freidenkerin ein Dorn im Auge.

Ich unterbreitete den Vorschlag den studentischen Theatergruppen an der Uni, die das Theaterhaus bespielten. Und was soll ich sagen, alle Gruppenvertreter*innen waren begeistert. Es kam sogar der Vorschlag, in einem von den Theatergruppen gemeinsam erarbeiteten Theaterstück die Benennung nach der Lehrerin, über die Horváth geschrieben hatte, zu feiern.

Die Aktivist*innen des BfG und des ueTheaters, Foto: Herbert Baumgärtner

Die Aktivist*innen des BfG und des ueTheaters, Foto: Herbert Baumgärtner

Es kam jedoch anders. Ich fiel beim Studentenwerk in Ungnade und wurde aus dem Öffentlichen Dienst hinausgemobbt. Trotzdem blieb ich dem Studentenwerk mit meinem freien, studentischen Theaterensemble „ueTheater“ erhalten. Mit diesem reichte ich 2007 den Vorschlag ein, das Theaterhaus „Elly Maldaque Theater“ bzw. „Elly Maldaque Theater an der Uni“ zu nennen. Der Vorschlag wurde übrigens von zahlreichen namhaften Regensburger Persönlichkeiten unterstützt, von der ehemaligen Oberbürgermeisterin Christa Meier bis hin zum DGB-Vorsitzenden Willi Dürr, von Theaterautor und -regisseur Joseph Berlinger bis hin zur Kinoinstanz Dr. Medard Kammermeier, von allen Fraktionsvorsitzenden im damaligen Stadtrat – außer der CSU – bis hin zum Freundeskreis Israel, von Dieter Weber, damaliger Leiter des Evangelischen Bildungswerks bis zu Max Hutzler, Sprecher der katholischen Friedensbewegung, von den Sozialen Initiativen bis hin zum Sprecher*innenrat an der Uni.

Wer aber nicht unterschrieben hatte, waren die studentischen Theatergruppen. Keine einzige, die doch vorher so enthusiastisch dafür waren.

Ich habe diese Anfangsgeschichte etwas ausführlicher erzählt, weil sie symptomatisch ist für das Gedenken bzw. Nichtgedenken an Elly Maldaque. Es ist die Geschichte von widerlichem Opportunismus und scheinheiligem Unterstützertum. Die gleichen, die „selbstverständlich“ für die Erinnerung an Elly Maldaque sind, sind plötzlich strikt dagegen, wenn in der Hierarchie Obenstehende, also meist Menschen aus der CSU und kirchennahen Kreisen, etwas dagegen haben oder sie in verantwortlicher Position das Gedenken umsetzen könnten.

Die jetzige Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer (SPD) beispielsweise hat damals auch für ein „Elly Maldaque Theater an der Uni“ unterschrieben. Als das ueTheater wegen seines Engagements für Elly Maldaque aus der Uni geschmissen wurde, kam von ihr kein Wort. Sie positionierte sich im Stadtrat sogar offen gegen den Antrag, die nach dem Antisemiten, Bauernschlächter, Frauenfeind usw. benannte D.-Martin-Luther-Straße in Elly-Maldaque-Straße umzubenennen. Ja, sie und die SPD haben es in nicht einmal geschafft, die nach dem Nazi Hans Herrmann benannte Schule nach der Regensburger Lehrerin zu benennen. Und dies, obwohl in einer Online-Umfrage der Schule fast doppelt soviel für Elly Maldaque stimmten als für den zweitplazierten Namen. Die Namensgebung wurde ausgerechnet der Lehrer*innenschaft überlassen, die sich jahrelang gesträubt hatte, den Nazi-Namen zu ändern. Bravo SPD!

Vorbild für eine bessere Gesellschaft

Zum Glück hat Elly Maldaque mit diesen Opportunist*innen nichts gemein. Sie ist nie, im wahrsten Sinne des Wortes, zu Kreuze gekrochen, sondern hat ihre auf den Menschenrechten basierte Selbstbildung bis zuletzt bewahrt. Dieser Mut, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen, macht sie zu einem Vorbild für eine bessere Gesellschaft.

Verhüllungsanleitung des Don Juan mit einem weißen Laken

Anleitung für zukünftige Verhüllungen des Don Juan, Fotos: Herbert Baumgärtner

Und was macht Don Juan zum Vorbild? Er ist das Resultat einer Vergewaltigung, denn jeder auf körperlicher, politischer oder ökonomischer Macht beruhende Geschlechtsverkehr ist Gewalt. Das Kleinkind wurde seiner Mutter entrissen, offensichtlich hielt der Vergewaltiger Karl der V. die Mutter Barbara Blomberg nicht für würdig. Der kaum erwachsene Don Juan steht hinter uns, von mehreren Metern auf uns herabsehend, mit einem Fuß auf einem abgeschlagenen Kopf. Das ist die Message, die von diesem Schandmal ausgeht: Macht, Oben und Unten, Erniedrigung und die klare Aussage: Probleme werden am besten durch Kopfabschlagen gelöst. Am besten durch Krieg und Aufrüstung. Super!

Nein, wir fordern ein Denkmal, dass nicht für Mord und Totschlag steht, sondern für Menschenliebe und Menschenrechte. Elly Maldque soll hier, anstelle von Kopf-ab-Don-Juan, mitten unter uns stehen und uns anlächeln.

Ich möchte am Schluss Elly Maldaque selbst das Wort geben. Und wir wissen, bei Elly Maldaque waren es nicht nur Worte, sondern sie lebte danach. Aus ihrem Tagebuch:

„Nun fällt mir alles leicht und alles versteht sich von selbst und alle Kräfte stellen sich ein, seit ich den Urquell des Lebens erkannt habe und den Weg des Menschenrechts gehe. (…) Der Weisheit letzter Schluss ist die Milde und die unversiegbare Liebe.“

Kurt Raster


 Ansprache von Erwin Schmid, Vorsitzender BfG:

 Rede von Kurt Raster, Gründer ueTheater:

 

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