"Zwischenbilanz" der Zweckentfremdungs-erlaubnis-satzung:
53 weitere Ferienwohnungen genehmigt – Dank Satzung!

Unsere Hypothese: Die Vorlage “Wohnraumzweckentfremdungssatzung – eine erste Zwischenbilanz” ist ein Paradebeispiel dafür, wie die Stadtverwaltung die Stadt:rätinnen mit Tricksen und Täuschen und Halbwahrheiten und Weglassen von allem Wichtigen an der Nase herumführt. Und die Stadträt:innen tun nichts lieber, als sich an der Nase herumführen zu lassen. Von einer Überwachung der Verwaltung, zu welcher die Gemeindeordnung die Stadträt:innen verpflichtet (GO Art. 30, Abs. 3), kann in Regensburg keine Rede sein. Um die Herren und Damen zum Jagen zu schleifen, erteilen wird diesen zukünftig in unregelmäßigen Abständen Nachhilfe beim Lesen von Verwaltungsvorlagen. Zwar wissen wir, dass diese, ebenso wie unsere Lesehilfe “Satzungsentwurf ist eine Mogelpackung!”, ignoriert werden wird, aber immerhin fördert dies die in Konkretes umzusetzende Erkenntnis: Von Stadtrat und Verwaltung wird die Stadt nicht als Lebensraum gesehen, sondern als neoliberales Projekt, dass sich für eine bestimmte Klientel bestmöglich rentieren soll.

FeWo Zahlenschloss

Damit sich Vermieter:innen nicht die Mühe der Schlüsselübergabe machen müssen, bekommen Buchende von Ferienwohnungen oft nur einen Zahlencode zugeschickt, Neupfarrplatz 6a, neben Alex

1. Nachhilfeeinheit: Textanalyse

Wir wiederholen zuerst, was wir vor vielen Jahren einmal in der Schule über die Aufsatzform “Textanalyse” gelernt haben. In der 2. Nachhilfeeinheit wird anhand der Vorlage “Wohnraumzweckentfremdungssatzung – eine erste Zwischenbilanz” das Gelernte durchexerziert. In der 3. Nachhilfeeinheit schließlich werden wir die sich aus unserer Analyse ergebenden Konsequenzen erörtern.

Vorab: Wer lieber gucken will, statt lesen, dem empfehlen wir dieses kurze, gut gemachte Video: Textanalyse & -interpretation schreiben – Schülerhilfe Lernvideo Deutsch

Was ist das Ziel einer Textanalyse? Die Aussageabsicht der Autor:innen soll herausgearbeitet werden. Um dies zu bewerkstelligen, gibt es ein bewährtes Vorgehen:

1. Mehrmaliges Lesen

Sie sollten den Text so oft lesen, bis Sie glauben, verstanden zu haben, worum es geht. Wenn Sie den Inhalt trotzdem nicht kapieren, liegt es vermutlich nicht an Ihnen, sondern am Text. Beim Lesen sollten Sie unbedingt anstreichen, was Ihnen auffällt oder unverständlich ist. Machen Sie sich am Rand Notizen!

2. Deutungshypothese

Nun sollten Sie eine Vermutung darüber aufstellen, was die Kernaussage des Textes sein könnte. Diese Vermutung muss zwar plausibel, aber keineswegs richtig oder belegt sein. Sie dient lediglich als Arbeitsgrundlage, um anhand dieser die Aussageabsicht der Autor:innen herauszuarbeiten.

3.1. Einleitung: W-Fragen

In der Schule mussten Sie jetzt mit dem Schreiben beginnen. Das können wir uns bei der Textanalyse einer Stadtrats-Vorlage sparen, da Sie ihre Einwände sowieso mündlich vortragen müssen. Trotzdem ist es unbedingt erforderlich, die wichtigsten W-Fragen zu klären und eventuell in Notizenform festzuhalten: Wer hat den Text geschrieben? Wann? Wo wurde er veröffentlicht? Um welche Textart handelt es sich? Was ist der Inhalt? Was ist das Thema? Diese Fragen sind auch bei einer Stadtratsvorlage keineswegs banal, wie sich zeigen wird.

3.2. Inhaltsangabe

Auch eine Inhaltsangabe, die Sie wieder in Notizenform erledigen sollten, ist keineswegs banal. Sie gibt Aufschluss darüber, ob im Text auch wirklich enthalten ist, was er vorgibt, zu enthalten. Gibt es hier einen Widerspruch, ist dies ein wichtiger Anhaltspunkt für die Aussageabsicht der Autor:innen.

3.3. Textanalyse und Textdeutung

Jetzt geht es endlich ans Eingemachte. Unter Berücksichtigung der Deutungshypothese wird der Text entweder aspektorientiert oder linear untersucht, wobei auch auf sprachliche Mittel oder andere Besonderheiten des Textes eingegangen werden sollte. Bei einem Sachtext besonders wichtig ist die Klärung des Hintergrunds. Alle angegebenen Quellen müssen kontrolliert und geprüft werden. Auch ist bei einem Sachtext zu untersuchen, welche Dinge im Text nicht genannt werden, obwohl sie für das Verständnis erforderlich wären.

3.4 Schluss: Stellungnahme, Wertung, Fragen

Nun sind Sie am Ziel. Sie haben eine ziemlich genaue Vorstellung von der Aussageabsicht der Autor:innen und können deren tatsächliche Aussagen oder Nichtaussagen kritisch bewerten. Sie sind bestens gewappnet für die kommende Sitzung.

2. Nachhilfeeinheit: Praktisches Beispiel

1. Mehrmaliges Lesen

Jetzt geht es zur Ausführung. Nachdem Sie den Text “Wohnraumzweckentfremdungssatzung – eine erste Zwischenbilanz” mehrmals gelesen haben und hoffentlich vieles angestrichen und sich Randnotizen gemacht haben, schreiten wir zur Deutungshypothese.

2. Deutungshypothese

Die Hypothese über die Aussageabsicht der Verwaltung liegt natürlich ganz bei Ihnen. Sie können im Sinne des Textes deuten oder den Advocatus Diaboli spielen. Bei einem Sachtext sollten wir aber immer davon ausgehen, dass er wirklich das bezweckt, was er vorgibt zu bezwecken. Andernfalls wäre es kein Sachtext.

Also lautet unsere Deutungshypothese:

Die Verwaltung will uns objektiv und umfassend über die Ergebnisse der Zweckentfremdungssatzung seit Verabschiedung informieren.

3.1. Einleitung

Nun die Beantwortung der wichtigsten W-Fragen.

  • Wer?

“Berichterstatter/in” ist laut Vorspann der Vorlage Planungs- und Baureferentin Christine Schimpfermann, “Federführend” das Amt für Stadtentwicklung. Dies wird, wie Sie wissen, von Anton Sedlmeier geleitet.

        • Wenn Sie sich an dieser Stelle kein dickes Ausrufezeichen an den Rand gekritzelt haben, dann müssen Sie sich noch einmal mit dem Wesen der Textanalyse befassen. Es geht darum, die Aussageabsicht herauszuarbeiten. Das Planungs- und Baureferat sowie das untergeordnete Amt für Stadtentwicklung ist in der Vergangenheit wiederholt damit aufgefallen, den Stadtrat nur ungenügend zu informieren, in der Regel zum Vorteil von Bauträgern, siehe gescheitertes Quartierszentrum im Nibelungenareal, siehe gefährdetes Biotop durch das sogenannte „Quartier West“ des Immobilien Zentrums. Recht auf Stadt erstatte Fachaufsichtsbeschwerde gegen Anton Sedlmeier, weil dieser den Stadtrat insbesondere bezüglich der Sozialwohnungsentwicklung fehlinformierte. Die Seriosität der Autor:innen ist also zumindest fragwürdig.

  • Wann?

Die “Zwischenbilanz” wurde am 14.04.2021 vorgestellt. Das ist ein Jahr und 10 Monate nach der Verabschiedung der zugrunde liegenden Satzung, die laut Text auf 05.07.2019 datiert.

        • Hier sollten Sie ein Fragezeichen platziert haben. Warum gerade jetzt?

  • Wo?

Die Antwort erscheint zunächst banal: im Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen. Wichtiger aber ist die Frage, wo nicht? Nämlich nicht in der folgenden Sitzung des Gesamtstadtrates.

        • Dies ist ungewöhnlich, denn schließlich wurde die Satzung vom Gesamtstadtrat verabschiedet. Eine Zwischenbilanz müsste doch sehr interessant und wichtig für diesen sein. Wenn Sie es nicht schon getan haben, Fragezeichen setzen und natürlich bei der Sitzung nachfragen!

  • Textart?

Ein Text der Verwaltung muss grundsätzlich als Sachtext angesehen werden. Er soll nur der objektiven Information der Stadträt:innen dienen.

        • Anmerkung an Sie selbst: Als Stadträt:in dürfen Sie sich nach GO Art. 48, Abs. 1 nicht der Stimme enthalten. Deshalb müssen Sie sehr genau prüfen, ob es sich wirklich um einen Sachtext handelt, d.h., ob Sie wirklich so umfassend informiert werden, dass Sie guten Gewissens auf dessen Basis Ihre Stimme abgeben können.

  • Thema?

Laut Überschrift geht es um die Regensburger “Wohnraumzweckentfremdungssatzung”. Daher ist Thema “Wohnungsmangel und Behebung desselben”.

        • Stimmt das? Ist Thema der Vorlage wirklich der Wohnungsmangel und wie diesem abgeholfen werden kann? Bitte an den Rand schreiben und dick unterstreichen: Thema?

3.2. Inhaltsangabe

Diese könnte folgendermaßen aussehen: Zunächst gehen die Autor:innen darauf ein, was bei einer Verabschiedung einer “Wohnraumzweckentfremdungssatzung” berücksichtigt werden muss. Dann wird auf “Übergangsregelungen oder Rückgriffe” Bezug genommen. Auf mehreren Seiten werden die entsprechenden Abschnitte aus den Satzungen einer Vielzahl anderer Städten zitiert. Darauf folgt die Darlegung der diesbezüglichen Regelung in Regensburg und die Zitierung einer weiteren, kürzlich erlassenen Satzung. Schließlich, nach etwa 4,5 Seiten (ohne Deckblatt im Pdf-Ausdruck), werden auf rund 2,5 Seiten die Ergebnisse der Regensburger Satzung dargelegt.

        • Was erwarten Sie von einer Zwischenbilanz? Eine Aufstellung der Ergebnisse. Was aber bekommen Sie? Der weit überwiegende Teil der Satzung beschäftigt sich mit der Formulierung eines bestimmten Abschnittes der Satzung. Dieser hat es allerdings in sich, denn er regelt die “Rückwirkung”, also wie mit Zweckentfremdungen umgegangen werden soll, die vor Verabschiedung der Satzung nicht gemeldet und somit illegal waren. Durch die Regensburger Satzung bekommen diese illegalen Ferienwohnungen und Leerstände Bestandsrecht, was aufgrund der Aufklärungsarbeit von Recht auf Stadt inzwischen zu erheblicher Kritik und bayernweitem Aufsehen führte.

3.3. Textanalyse und Textdeutung

Wir werden im Folgenden die Vorlage “Wohnraumzweckentfremdungssatzung – eine erste Zwischenbilanz” (VO/21/17752/66) linear, das heißt abschnittsweise analysieren. Wir beginnen mit dem Titel der Vorlage:

“Wohnraumzweckentfremdungssatzung – eine erste Zwischenbilanz”

Erfahrene Textanalytiker:innen, die Sie hoffentlich bald sein werden, haben sich bereits hier zwei Wörter dick angestrichen. Zum einen “Wohnraumzweckentfremdungssatzung”. Andere Städte nennen ihre Satzung durchaus anders. Der Titel der Nürnberger Satzung, die im weiteren noch eine besondere Rolle als Antipode spielen wird, lautet nämlich “Zweckentfremdungsverbotssatzung”, womit diese schon im Namen eine klare Aussage transportiert, während der Regensburger Satzungstitel sogar die Interpretation offen lässt, sie diene dazu, wie Wohnraum legal zweckentfremdet werden kann. Ob dies so ist, wird die weitere Analyse zeigen.

Das zweite Wort ist “Zwischenbilanz”. Da die Laufzeit einer entsprechenden Satzung fünf Jahre beträgt und bislang nicht einmal zwei Jahre vergangen sind, wie Sie in den W-Fragen festgestellt haben, irritiert diese Aussage.

Die Erklärung dürfte sein, dass die Regensburger Satzung, wie oben schon erwähnt, vielfach kritisiert wurde. Auch im Ausschuss scheint es immer wieder Nachfragen darüber gegeben zu haben, warum trotz Satzung immer noch Ferienwohnungen genehmigt werden. Um weiterer Fragerei vorzubeugen, ging die Verwaltung offensichtlich dazu über, bei der Bekanntgabe der genehmigten Bauvorhaben einen erklärenden Passus einzufügen, siehe Bericht von Recht auf Stadt “Mogelsatzung jetzt in Fettrot”.

Schon die Analyse des Titels gibt uns einen wertvollen Hinweis zur Aussageabsicht der Autor:innen: Womöglich handelt es sich hier nicht um eine objektive Zwischenbilanz, sondern um eine Verteidigungsschrift. Die Textart wäre dann nicht “Sachtext”, sondern eine Art von Text, die andere nicht in erster Linie informieren, sondern überzeugen möchte, d.h., es wäre im Grunde ein politischer Text. Unsere Deutungshypothese bekommt einen ersten Kratzer.

Sachverhalt:
In den vergangenen Jahren war immer wieder die Überprüfung erfolgt, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer Wohnraumzweckentfremdungssatzung gegeben waren. Mit einer solchen Satzung wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Grundgesetz, Art. 106 Abs. 3 Bayerische Verfassung) eingeschränkt, weswegen ein besonders strenger Maßstab bei der Überprüfung der Notwendigkeit anzulegen ist.”

In der Einleitung, die hier mit “Sachverhalt” überschrieben wird, soll in das Thema eingeführt werden. Doch von Wohnraummangel ist mit keinem Wort die Rede. Statt auf die Notwendigkeit, Wohnraum zu schaffen, wird auf die Notwendigkeit, die Unverletzlichkeit der Wohnung zu schützen, verwiesen. Von einem Sachtext ist zwar zu erwarten, dass das Für und Wider abgewogen werden, aber einseitig nur das Wider aufzuführen ist sicher keine zu empfehlende Vorgehensweise. Zumal das Recht auf Wohnen, das aus dem Recht auf Würde (GG Art. 1) und Unversehrtheit (GG Art. 2) abgeleitet wird, sicher dem Range nach höher steht.

Nun prüfen wir den Hintergrund, das heißt, wir lesen die angeführten Gesetzesartikel. Wir stellen fest, dass Art. 13 des Grundgesetzes ausdrücklich Eingriffe und Beschränkungen auf Grund eines Gesetzes “zur Behebung der Raumnot” erlaubt. Art. 106 der Bayerischen Verfassung führt in Abs. 1 aus: “Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung.” Erst in Abs. 3 ist von der Unverletzlichkeit der Wohnung die Rede.

Daraus geht die Absicht der Gesetzgebenden klar hervor: “ein besonders strenger Maßstab” muss an die Anstrengung, Wohnraum zur Verfügung zu stellen, angelegt werden. Das Recht auf Unverletzlichkeit desselben ist ebenfalls ein Grundgesetz und Verfassungsrecht, aber nachrangig. Warum die Verwaltung die Gewichtung umdreht, beantwortet sie nicht.

Die Analyse des ersten Absatzes hat unserer Deutungshypothese bereits schweren Schaden zugefügt. Im Grunde könnte hier von bewusster Täuschung gesprochen werden, denn die Gesetzestexte stützen die Darlegung der Verwaltung nur sehr bedingt, wie auch für Laien unschwer zu erkennen ist.

“Da die zentrale Voraussetzung das Vorhandensein einer Wohnraummangellage ist, der man nicht auf andere Weise mit zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit abhelfen kann, kam es erst im Juni 2019 zum Beschluss des Stadtrats, eine Wohnraumzweckentfremdungssatzung für Regensburg zu erlassen. Die Problemstellungen und Überlegungen, die letztlich zur beschlossenen Satzung führten, können im Einzelnen dem Stadtratsbeschluss VO/19/15258/66 vom 27.06.2019 entnommen werden.”

Hintergrund: Schon 2013 wurde festgestellt, dass Regensburg ein Gebiet ist, “in dem die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist”, siehe VO/13/8641/66. Warum trotzdem erst 2019 eine “Wohnraumzweckentfremdungssatzung” erlassen wurde, wird im Text nicht erklärt, obwohl dies durchaus erklärungsbedürftig wäre. Denn ebenfalls schon 2013 wurde vom Planungs- und Baureferat eine “Zweckentfremdungssatzung” abgelehnt, siehe VO/13/9372/66, und danach fast jährlich immer wieder, 2014, 2015, 2016, 2017.

Erst 2019 kam das Planungs- und Baureferat zu der Erkenntnis: “Die Zahl der Ferienwohnungen wird ohne Zweckentfremdungssatzung weiterhin zunehmen. Jede Wohnung, die nicht zweckentfremdet werden darf, dafür aber dauerhaftem Wohnen weiterhin zur Verfügung steht, leistet deshalb einen Beitrag, den Wohnraummangel zu mildern, so dass einer Zweckentfremdungssatzung eine starke präventive Funktion zukommt.”

Statt aber den offensichtlichen Fehler einzugestehen, da andere, “zumutbare” Mittel nicht zum gewünschten Erfolg führten – was absehbar war, da beispielsweise die Zahl der Sozialwohnungen abzüglich der aus der Bindung fallenden tendenziell sinkt –, wird die jahrelangen Blockade anscheinend als Beleg des ersten Absatzes angeführt, die Verwaltung habe einen “besonders strengen Maßstab” für die Satzung angelegt.

Abgesehen davon ist es nicht ersichtlich, was diese Ausführungen überhaupt in einer “Zwischenbilanz” zu suchen haben, wo es um die Effektivität einer Satzung gegen den Wohnungsmangel gehen soll. Wieder wird der Verdacht genährt, dass es sich nicht um einen Sachtext, sondern um eine Verteidigungsschrift handelt.

“Dabei wurden auch mögliche Übergangsregelungen oder Rückgriffe beim Satzungsentwurf thematisiert. Das Rechtsamt hatte hierzu im Vorfeld die verschiedenen Regelungen anderer Städte in Bezug auf eine Rückwirkung der Satzung zusammengestellt und dazu Stellung genommen. Im Satzungsbeschluss selbst wurde auch noch einmal auf verschiedene Varianten – insbesondere aber auf die Nürnberger Formulierung – Bezug genommen und dabei erläutert, warum eine andere Regelung empfohlen wurde (Trennung der Rechtskreise).”

Im dritten und letzten Absatz unter der Überschrift “Sachverhalt” wollen wir zunächst auf die sprachlichen Mittel eingehen.

Dieser Abschnitt erscheint recht anspruchsvoll, da vieles angeschnitten wird, das ohne entsprechendes Vorwissen kaum zu verstehen ist. Es kommen Ausdrücke vor, deren Bedeutung nicht erklärt wird: “Rückgriffe” und “Rückwirkung” sowie “Trennung der Rechtskreise”. Rückgriffe auf was? Welche Rechtskreise?

Wir müssen also wieder den Hintergrund recherchieren und stellen fest: Mit “Rückgriffe” bzw. “Rückwirkung” sind nicht bereits vor der Verabschiedung der Satzung genehmigte Ferienwohnungen gemeint. Diese können ohne Einschränkungen durch das Zweckentfremdungsrecht weiterbetrieben werden. Sondern es handelt sich dabei ausschließlich um “Sch***bauten” (da das Wort rassistisch verwendet werden könnte, schreiben wir es nicht aus), das heißt, um Nutzungsänderungen, die nicht baurechtlich genehmigt und daher illegal sind. In einem solchen Falle wird in der Regel von der Bauaufsicht die Nutzungsänderung untersagt und es gibt zusätzlich ein saftiges Bußgeld.

Nun erst wird verständlich, um was es hier eigentlich geht: Um Amnestie und Legalisierung eines illegalen Zustands. Die Regensburger Satzung ist somit keine Verbots- sondern eine Zweckentfremdungserlaubnissatzung.

Den Grund für die Zweckentfremdungserlaubnis gab das Amt für Stadtentwicklung im angeführten Satzungsbeschluss freimütig zu: der Bestand an Ferienwohnungen bliebe dem touristischen Markt damit weiterhin erhalten”.

Wir sehen, “Rückgriffe” und “Rückwirkung” sind euphemistische Umschreibungen, da die zugrundeliegende, illegale Problematik im Dunkeln gelassen wird.

Und wie steht es um den Begriff “Trennung der Rechtskreise”? Wir entdecken, wieder nach einschlägiger Recherche: Hier kann nicht einmal mehr von Euphemismus gesprochen werden, sondern es handelt sich um eine Fehldarstellung.

Denn wären die Rechtskreise Baurecht und Zweckentfremdungsrecht, um die es hier geht, tatsächlich getrennt, dann würde das Zweckentfremdungsrecht nur Ferienwohnungen genehmigen, die auch baurechtlich genehmigt sind.

Doch das Zweckentfremdungsrecht mischt sich über seine Rechtsgrenze hinweg in das Baurecht ein und erteilt Sch***bauten nachträglich Baurecht, das heißt, das Recht auf Nutzungsänderung. Dies wird vom Bauordnungsamt anerkannt, denn die “Nagativatteste” des Amtes für Stadtentwicklung gelten als Baugenehmigung, wie aus der monatlichen Aufstellung der “Genehmigten Bauvorhaben” des Bauordnungsamts hervorgeht. Dort wird vom Bauordnungsamt die Genehmigung von Ferienwohnungen mit der Begründung angegeben: “Nutzungsänderung von Wohnungen in Ferienwohnungen – Es handelt sich um Verfahren, bei denen die Nutzungsänderung bereits vor Inkrafttreten der Zweckentfremdungssatzung erfolgte. Amt 66 hat ein Negativattest erstellt. Amt 66 ist das Amt für Stadtentwicklung, das mit der Umsetzung des Zweckentfredmungsgesetzes betraut wurde.

Wir stellen fest: Die Vorlage informiert in keinster Weise so umfassend und klar, dass ein:e durchschnittliche:r Stadträt:in den Sachverhalt ohne zusätzliche, erhebliche Recherche verstehen könnte. Unprofessionelle Schlamperei und Faulheit seitens der Verwaltung ist dafür offensichtlich nicht der Grund, sondern es wurde erhebliche Mühe aufgewandt, den wahren Sachverhalt zu verschleiern, der im Grunde kriminellen Charakter hat: Mit einer vom Stadtrat verabschiedeten Satzung werden illegale Sch***bauten legalisiert.

Sie sehen, wie spannend Textanalyse sein kann. Ein harmlos erscheinender Absatz entpuppt sich als Rechtfertigung eines knallharten, geradezu mafiösen Coups der Regensburger Stadtverwaltung, aus Immobilienunrecht Immobilienrecht zu zaubern.

Im Grunde könnten wir hier die Textanalyse abbrechen, denn wir wissen bereits alles, was wir wissen müssen, um eine Entscheidung zu treffen: Alle verantwortlichen Köpfe im Planungs- und Baureferat müssen sofort ausgewechselt werden! Aber wir sind leider in Regensburg, der “Korruptionshauptstadt”. Da ist normal, was in anderen Städten zu einem Aufstand führen würde.

Darum müssen wir den Kelch bis zum Schluss austrinken. Aber wir können uns nun etwas kürzer fassen. Den nächsten Teil zitieren wir nur ausschnittsweise.

“Die Regelungen in verschiedenen Städten:

Stadt Freiburg i. Br.
Satzung der Stadt Freiburg i. Br. über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in der Stadt Freiburg i. Br. vom 28. Januar 2014 in der Fassung der Satzung vom 17. März 2015:
Wohnraum liegt nicht vor, wenn der Raum bereits vor dem Inkrafttreten dieser Satzung und seitdem ohne Unterbrechung in zulässiger Weise anderen als Wohnzwecken diente (§ 3 Abs. 3 Nr. 2)

Stadt Köln
Satzung zum Schutz und Erhalt von Wohnraum in Köln (Wohnraumschutzsatzung) vom 4. Juli 2014:
Nicht geschützter Wohnraum liegt vor, wenn dieser vor Inkrafttreten dieser Satzung und seitdem ohne Unterbrechung anderen als Wohnzwecken diente (§ 3 Abs. 3 Nr. 2)
(…)”

Im längsten Abschnitt der Vorlage wird jeweils diejenige Passage aus Satzungen von insgesamt 10 Städten zitiert, mit der in Regensburg die Amnestie von Sch***bauten begründet wird. Die Hälfte der Städte, wie z.B. Köln, verwendet sinngemäß dieselbe Formulierung wie Regensburg. Die anderen Städte enthalten einen Zusatz, der Sch***bauten” explizit ausschließt. In der Freiburger Satzung heißt es beispielsweise “in zulässiger Weise”.

Allerdings ist fraglich, ob dieser Zusatz überhaupt nötig ist. Immerhin sind ungenehmigte Umnutzungen in Ferienwohnungen baurechtlich verboten. Vermutlich erscheint die entsprechende Formulierung oft deshalb nicht, weil es anderen Stadtverwaltungen selbstverständlich erscheint, dass per Zweckentfremdungssatzung keine illegalen Ferienwohnungen legalisiert werden dürfen. Denn wie würde der entsprechende Satzungstext lauten, der Sch***bauten nachträglich erlaubt? Dies sei an der Kölner Satzung demonstriert: ‘Nicht geschützter Wohnraum liegt vor, wenn dieser vor Inkrafttreten dieser Satzung und seitdem ohne Unterbrechung auch in gesetzeswidriger Weise anderen als Wohnzwecken diente.

Dies ist offensichtlicher, juristischer Nonsens. Doch genau so wird in Regensburg die Satzung angewandt, wie aus der Einleitung hervorgeht.

Das heißt, nicht die genaue Formulierung ist entscheidend, sondern die Auslegung. Und über die Auslegung kann nur die Praxis aufklären.

Doch wie steht es mit der Praxis? Hier müssen wir erstaunt feststellen, dass wir aus anderen Städten außer den Satzungsauszügen keine einzige Zahl präsentiert bekommen. Weder über den Umfang der erfolgreich zurückgeführten Zweckentfremdungen, noch über die Anzahl der Negativatteste, noch über Bußgelder oder Genehmigungen.

Wir können also weder evaluieren, wie erfolgreich in Regensburg im Vergleich zu anderen Städten die Zweckentfremdung bekämpft wird, noch ob andere Städte im Bezug auf die Sch***bauten, also illegale Ferienwohnungen, die keinen entsprechenden Zusatz in der Satzung einfügten, eine ähnliche Auslegung verfolgen wie Regensburg. Kurz: Der längste Abschnitt des Textes enthält im Grunde keinerlei verwertbare Information.

Unsere weiter oben aufgestellte These wird bestätigt, dass es sich nicht um einen Sachtext, sondern um eine Rechtfertigung handelt. Mit dem Hinweis auf andere städtische Satzungen, die ebenfalls keinen Zusatz wie “zulässig” haben, will die Verwaltung offensichtlich den Eindruck erwecken, dass Regensburg mit seiner Rechtsauslegung nicht allein steht. Aber ob dies stimmt, bleibt in der Vorlage völlig offen.

Die Regelung in Regensburg:
Satzung der Stadt Regensburg über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Wohnraumzweckentfremdungssatzung ZeS) vom 05.07.2019: Wohnraum liegt nicht vor, wenn der Raum bereits vor Inkrafttreten der Satzung und seitdem ohne Unterbrechung anderen als Wohnzwecken diente (§ 2 Abs.3 Nr. 2 ZeS)”

Wie wir sehen, geht es auch in der dritten Hauptüberschrift des Textes immer noch nicht um eine Zwischenbilanz, sondern weiterhin um die strittige Formulierung bzw. die Regensburger Auslegung, die rückwirkend Sch***bauten legalisiert.

“Damit verfolgt Regensburg im Gegensatz zu Stuttgart und Nürnberg nicht die Altbestände (an gewerblichen Nutzungen/Kurzzeitvermietungen). Stuttgart und Nürnberg ermöglichen dagegen mit der von ihnen getroffenen Wohnraumdefinition einen „Rückgriff“, d. h. alle Ferienwohnungen, die nicht als solche bauordnungsrechtlich genehmigt sind, unterliegen der Satzung und den Eigentümern kann die Einstellung der Kurzzeitvermietungen und die reguläre Vermietung angeordnet werden. Berlin und Bonn haben in ihren Satzungen Regelungen getroffen, die nach dem Inkrafttreten noch eine Legitimierung von Altbeständen innerhalb bestimmter Zeiträume ermöglichen, im Umkehrschluss nach Ablauf der Fristen jedoch auch einen Rückgriff.”

Wieder kommt ein Euphemismus zu Anwendung. Sch***bauten bzw. illegale Nutzungsänderungen von Wohnraum in gewerbliche Ferienwohnungen werden beschönigend “Altbestände” genannt. Auch die Darstellung, Stuttgart und Nürnberg ermögliche einen “Rückgriff” ist gefärbt, wie aus dem Satz selbst hervorgeht. Diese Städte ermöglichen nämlich keineswegs einen “Rückgriff”, sondern setzen sich schlicht nicht über das geltende Baurecht hinweg. Sie legalisieren nicht nachträglich, also im Rückgriff (hier wird das Wort korrekt angewandt) Sch***bauten.

“Die Rechtssicherheit der Nürnberger Formulierung war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht klar und es steht noch immer die Klärung durch entsprechende Rechtsprechung aus.”

Merkwürdigerweise wird dafür kein Quelle angeführt, obwohl es sich offensichtlich um eine leicht belegbare gerichtliche Auseinandersetzung handelt. Wieder müssen wir selbst recherchieren, da uns die Vorlage diese Information vorenthält.

Nach telefonischer Nachfrage bei der Stadt Nürnberg wissen wir, es handelt sich wohl um ein Normenkontrollverfahren mit dem Aktenzeichen 12 N 19.1179, das gegen die Nürnberger Zweckentfremdungsverbotssatzung eingeleitet wurde. Ein Vermieter zweier illegaler Ferienwohnungen hatte unter anderem dagegen geklagt, dass die Satzung keine Übergangsregelung für nicht gemeldete Nutzungsänderungen enthalte.

Allerdings wurde darüber vom Verwaltungsgerichtshof München am 16.12.2020 bereits ein Beschluss gefasst, der eindeutiger und klarer nicht sein könnte. Der Beschluss kann (und sollte!) hier nachgelesen werden.

Die Richter:innen des VGH schreiben: Dass der Antragsteller eine Baugenehmigung für die Nutzung der Wohnungen als Ferienwohnungen beantragt hat oder in absehbarer Zeit beantragen wird, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Mithin fehlt – jedenfalls derzeit – für einen Normenkontrollantrag im Hinblick auf die Zweckentfremdungssatzung das Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Antragsteller kann seine Rechtsstellung dadurch, dass die Zweckentfremdungssatzung für unwirksam erklärt würde, aktuell nicht verbessern (…). Die Nutzung der streitgegenständlichen Wohnungen als Ferienwohnungen bliebe nach wie vor – baurechtlich – illegal. An der Klärung abstrakter Rechtsfragen besteht jedoch kein schutzwürdiges Interesse. Dies gilt namentlich dann, wenn der Antragsteller sich durch sein bauordnungswidriges Handeln (jahrelang) selbst ins Unrecht gesetzt hat. (…) Die Normenkontrollanträge sind daher sowohl im Haupt- als auch in den Hilfsanträgen zu verwerfen. (…) Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (Hervorhebungen von RaS)

Kurz gesagt: Wer kein Recht hat, beispielsweise das Recht auf illegalen Ferienwohnungsbetrieb, kann dies auch nicht einklagen.

Es ist schwer vorstellbar, dass die Autor:innen der Vorlage, also vermutlich Herr Sedlmeier und als Verantwortliche Frau Schimpfermann, den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht gelesen haben. Dass sie trotzdem den Eindruck erwecken, die rechtliche Seite sei offen, kann wieder nur als bewusste Täuschung ausgelegt werden.

Der Grund für die Täuschung ist offensichtlich, denn der Sachverhalt ist mehr als heikel: Nicht der Nürnberger Satzung mangelt es an Rechtssicherheit, sondern ganz offensichtlich ist die Regensburger Satzung und deren Anwendung jenseits jeder Rechtsstaatlichkeit. Es erscheint nicht abwegig, hier strafrechtlich an Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) oder Beihilfe (§ 27 StGB) zu denken.

Nebenei: Laut der Stadt Nürnberg klagt der Antragsteller zur Zeit gegen die Unzulässigkeit der Revision. Dass aber die “Klärung durch entsprechende Rechtsprechung” noch ausstehe, wie die Verwaltung es darstellt, kann redlicherweise nicht ernsthaft behauptet werden.

“(…) Die in der Regensburger Satzung getroffene Formulierung entspricht überdies der Arbeitshilfe des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 15.07.2013,”

Wieder überprüfen wir den Hintergrund. Tatsächlich heißt es in der angeführten Arbeitshilfe, die übrigens laut Staatsministerium “in den nächsten Wochen” durch eine überarbeitete Version ersetzt werden soll, unter 4.1: “Wohnraum liegt nicht vor, wenn der Raum bereits vor Inkrafttreten des Verbots anderen als Wohnzwecken diente.

Aber kann daraus geschlossen werden, wie wir weiter oben schon ausführten, dass illegale Nutzungsänderungen quasi per Satzungsinkrafttreten automatisch genehmigt sind? Natürlich nicht. Unter Punkt 13 “Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten” heißt es in der Arbeitshilfe: Ordnungswidrig handelt, wer ohne die erforderliche Genehmigung Wohnraum anderen als Wohnzwecken im Sinne des Art. 2 Satz 2 zuführt.

Also nix mit Amnestie. Es braucht immer eine Genehmigung. Übrigens, laut aktualisiertem Zweckentfremdungsgesetz kann mittlerweile ein Bußgeld von 500 000 Euro verhängt werden. In der Arbeitshilfe stehen noch 50 000 Euro.

“und auch bei der Regierung der Oberpfalz, als übergeordneter Rechtsaufsichtsbehörde, hat die in der Satzung getroffene Regelung Zustimmung gefunden. Die Regierung verweist in diesem Zusammenhang auch auf das Verbot der Rückwirkung von Rechtsnormen.”

Wieder unterlassen es die Autor:innen, die Quelle anzugeben, diesmal für ihre Behauptung, die Satzung finde die Zustimmung der Regierung. Darum sei diese nachgeholt. Recht auf Stadt erstatte bei der Regierung der Oberpfalz Anzeige wegen der offensichtlich rechtswidrigen Auslegung des Bayerischen Zweckentfremdungsgesetzes durch die Regensburger Verwaltung. In der Antwort (die hier nachgelesen werden kann) schreibt der bei der Regierung für “Kommunale Angelegenheiten” zuständige Ralf Klinger: “Dass die Stadt die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums hier überschritten haben könnte, lässt sich insbesondere auch vor dem Hintergrund des Verbots der Rückwirkung von Rechtsnormen nicht erkennen.”

Nun ist es aber keine neue Rechtsnorm, dass Nutzungsänderungen genehmigt werden müssen. Allerdings ist es sehr wohl eine neue Rechtsnorm, wenn illegale Nutzungsänderungen rückwirkend und pauschal erlaubt werden. Und das durch eine Satzung, die gerade dies verhindern soll.

Dass eine derart rechtsferne Rechtsauslegung von einer Behörde kommt, unter deren Rechtsaufsicht sich einer der spektakulärsten kommunalen Korruptionsskandale der Nachkriegsgeschichte ereignete, muss nicht sonderlich überraschen.

“In Abwägung der verschiedenen Interessen und Gegebenheiten, insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der Ferienwohnungszahlen in Regensburg, ist mit der Satzung ein klarer Schnitt gemacht worden. Damit wurde der Mehrheit der bis dahin vorliegenden Zweckentfremdungssatzungen gefolgt.”

Das Wort “Mehrheit” gibt uns schließlich den Schlüssel für die Deutung des gesamten bisherigen Textes. Statt einer “Zwischenbilanz” wurde ausschließlich versucht zu belegen, dass die Legalisierung von illegalen Ferienwohnungen kein Regensburger Alleinstellungsmerkmal sei.

Doch die Belege können nicht substantiell überzeugen, da die Formulierung nichts über deren Auslegung aussagt. Und auch formal ist die Aussage nicht richtig. Von der Verwaltung werden im Text insgesamt 5 Satzungen ohne einen Zusatz aufgezählt, 6 dagegen mit, beispielsweise “in zulässiger Weise” oder “in baurechtlich genehmigter Weise”.

” (…) Die Verwaltung verfolgt die Entwicklungen in Nürnberg und Erlangen und bleibt auf Städtetagsebene im Austausch, auch wenn dieser Rückgriff im Jahr 2019, als es um den Erlass der Regensburger Satzung ging, nicht die Intention war. Mit der damals getroffenen Regelung bleibt der Bestand an Ferienwohnungen dem touristischen Markt weiterhin erhalten, aber ein weiteres ungebremstes Wachstum an Ferienwohnungen wird verhindert. Vorrangiges Ziel der Regensburger Satzung ist es, präventiv zu wirken und Wohnraum ab ihrem Inkrafttreten zu sichern (siehe auch Nr. 4.1 im Satzungsbeschluss VO/19/15258/66).”

Es ist nicht ganz klar, was mit “dieser Rückgriff im Jahr 2019” gemeint ist. Offensichtlich wird diesmal das Wort “Rückgriff” völlig anders verwendet als zuvor. Anscheinend soll zum Ausdruck kommen, dass die Verwaltung sich ursprünglich nicht an diesen beiden Städten orientieren wollte, aber durch öffentliche Kritik, wie zu vermuten ist – hier ist vor allem der Beitrag der Sendung “quer” des Bayerischen Rundfunks vom 29.10.2020 mit dem Titel “Wie Regensburg Ferienwohnungen schützt” zu nennen –, sich mehr oder weniger dazu gezwungen sieht.

Daran schließt sich die Darlegung der Absichten der Regensburger Verwaltung an, die allerdings einen völlig falschen Eindruck vom wahren Sachverhalt vermittelt. Denn korrekt müsste es statt “Bestand an Ferienwohnungen” vielmehr heißen “Bestand an illegalen Ferienwohnungen”. Legale, bei Satzungsverabschiedung baurechtlich genehmigte Ferienwohnungen verlieren auch in Nürnberg nicht die Genehmigung. Auch in Nürnberg bleibt “der Bestand an Ferienwohnungen dem touristischen Markt weiterhin erhalten”, aber nur die legalen.

Nun kann es nicht mehr geleugnet werden: Der vorliegende Text ist keine “Zwischenbilanz” und damit ein Sachtext, sondern eine Verteidigungsschrift. Schon jetzt wissen wir aufgrund unserer Analyse, dass die Bilanzzahlen, die laut der folgenden Überschrift nun endlich präsentiert werden sollen, katastrophal ausfallen. Andernfalls ist der überlange Verteidigungsvorspann nicht zu erklären.

Aufgaben, Fallzahlen, Abläufe
Mit der am 5. Juli 2019 erlassenen Satzung der Stadt Regensburg über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (Wohnraumzweckentfremdungssatzung ZeS) ergab sich ein völlig neues Aufgabenfeld. Erst mit dem Beschluss konnten die zur Aufgabenerfüllung notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden (erforderliche Beschlüsse im Personalausschuss, Einplanung entsprechender Haushaltsmittel, Beantragung der Stellen, Besetzung mit Personal, Büroraumplanung und -ausstattung). Insbesondere die Stellenbesetzung hat sich durch die Corona-Pandemie zusätzlich in die Länge gezogen. Erst Ende Juli 2020 waren die drei ausgeschriebenen Stellen besetzt und mit der Erfüllung der kompletten Bandbreite an Aufgaben (Eigenrecherche, weiterführende Ermittlungen, Vor-Ort-Kontrollen u. ä.) konnte begonnen werden.”

Wieder kommt der Text nicht zum Wesentlichen, sondern vergleichsweise Nachrangiges wird den eigentlichen Zahlen vorangestellt. Wieder lässt das nur den analytischen Schluss zu, dass gegenüber einer vernichtenden Bilanz vorgebaut werden soll.

Doch auch hier müssen wir wieder unsere textanalytischen Werkzeuge anwenden und den Hintergrund abklopfen. Nürnberg verabschiedete laut Text am 27.05.2019 seine “Zweckentfremdungsverbotssatzung”. Regensburg nur ungefähr einen Monat später. Nach etwas über einem Jahr am 14.08.2020 veröffentlichte die Stadt Nürnberg eine Pressemitteilung mit dem Titel “Erste Erfolge im Kampf gegen Wohnraum-Zweckentfremdung”. Darin heißt es: “Oberbürgermeister Marcus König und Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas ziehen eine erste positive Bilanz zu der im letzten Jahr vom Stadtrat beschlossenen Satzung. Denn bei bislang circa 600 vom Stab Wohnen im Wirtschaftsreferat geprüften Fällen konnte bei knapp 100 Wohnungen eine Zweckentfremdung beendet werden.”

Während Regensburg über ein Jahr dafür brauchte, mit Müh und Not die Stellen zu besetzen, um mit der Arbeit vollumfänglich beginnen zu können, hatte Nürnberg schon 100 Zweckentfremdungen beendet und damit 100 neue Wohnungen für die Bürger:innen geschaffen. Warum dieses Faktum in der “Zwischenbilanz” nicht erwähnt wird, obwohl die Verwaltung laut Text die Entwicklungen in Nürnberg verfolgt, ist offensichtlich. Ohne Vergleich ist es schwer zu beurteilen, ob gut oder schlecht gearbeitet wurde.

Nun endlich werden die Zahlen vorgetragen:

Fälle gesamt:

221

 

davon abgeschlossen

98

 

davon offen

123

 

Kontrollen:

88

 

eingeleitete Bußgeldverfahren:

0

 

verhängte Zwangsgelder:

-keine-

 

zurückgeführte Wohnungen:

4 Einheiten

(Fläche insgesamt ca. 175 m2)

Negativatteste:

47

 

Genehmigungen:

6

(5 Ferienwohnungen, 1 Büro)

Wie wir schon ahnten, könnten die Zahlen kaum schlimmer sein. Im Gegensatz zu Nürnberg hat Regensburg nur 4 “Einheiten” zurückgeführt. Doch bevor wir an die inhaltliche Analyse gehen, wollen wir eine kleine Besonderheit in der Formatierung erwähnen. Neben “Fälle insgesamt” ist auch “Kontrollen” fett gedruckt. Dies überrascht, da natürlich dem Thema entsprechend “zurückgeführte Wohnungen” herausgehoben werden müsste. Dies kann wieder nur als Beleg dafür gedeutet werden, dass die Autor:innen über das offensichtliche Versagen mit angeblich vorhandenem Fleiß hinwegtäuschen wollen.

Wir sehen, dass 6 genehmigten Zweckentfremdungen, also Umwandlung von Wohnraum zu gewerblicher Nutzung, lediglich 4 “Einheiten” mit insgesamt ca. 175 m2 zurückgeführter Wohnraums gegenüberstehen. Über die Quadratmeter der genehmigten Zweckentfremdungen erfahren wir nichts. Die Bilanz der Regensburger Zweckentfremdungssatzug nach einem Jahr und 10 Monaten lautet also minus 2.

Dieses Ergebnis, vor allem im Vergleich zu Nürnberg, kann nur als desaströs bezeichnet werden. Doch ist das schon die ganze Wahrheit? Leider nicht, denn wir wissen durch unserer vorangegangenen Analyse, bei den 47 aufgeführten Negativattesten handelt es sich um illegale Zweckentfremdungen, die nachträglich per Satzung legalisiert wurden. Also lautet die Bilanz:

Seit Verabschiedung der Satzung wurden insgesamt 53 Zweckentfremdungen genehmigt und nur 4 “Einheiten” zurückgeführt. Bilanz: minus 49!

Und das nicht trotz, sondern wegen der Satzung!

Es fällt schwer, angesichts der Pervertierung des Mittels Zweckentfremdungssatzung durch die Regensburger Verwaltung in sein Gegenteil die gebotene analytische Sachlichkeit aufrecht zu erhalten. Trotzdem, wir müssen untersuchen, wie diese Zahlen von den Autor:innen erklärt werden.

“Bei den sechs erteilten Zweckentfremdungsgenehmigungen (die alle auch bauordnungsrechtlich genehmigt wurden) handelte es sich um Genehmigungen gegen Ersatzwohnraum. In einem Fall war der Ersatzwohnraum kleiner als der zweckentfremdete Wohnraum, weswegen zusätzlich eine Ausgleichszahlung in Höhe von ca. 15.000 Euro für die fehlenden knapp 8 Quadratmeter zu leisten war.”

Dieser Abschnitt ist interessant, denn es stellt sich die Frage nach der Gleichbehandlung. Während Eigentümer:innen, die bereits einen längeren Zeitraum vor der Satzungsverabschiedung Ferienwohnungen illegal betrieben, mit einer nachträglichen Genehmigung – offensichtlich ohne weitere Verpflichtungen – belohnt werden, müssen neue Zweckentfremder:innen erhebliche Leistungen erbringen. Es ist fraglich, ob diese Ungleichbehandlung vor Gericht Bestand hätte.

“Bei den Negativattesten handelt es sich nur in einzelnen Fällen um Praxisräume oder Büros, in der Hauptsache (bei insgesamt 44 Einheiten) wurde die Genehmigungsfreiheit für Ferienwohnungsnutzungen oder sogenannte Monteurswohnungen festgestellt. Bauordnungsrechtlich sind (Stand 28.02.2021) 22 dieser Kurzzeitvermietungen genehmigt.”

Dieser Absatz ist unverständlich. Einerseits wurde “Genehmigungsfreiheit”, ein Begriff aus dem Baurecht, für 44 der 47 Negativatteste festgestellt, andererseits sind wohl doch nur 22 baurechtlich genehmigt. Es könnte gemeint sein, dass die “Genehmigungsfreiheit” per Zweckentfremdungserlaubinssatzung festgestellt wurde, aber der Begriff oder diese Möglichkeit kommt in der Satzung nicht vor. Also doch baurechtliche “Genehmigungsfreiheit”? Diese ist jedoch für Ferienwohnungen nicht vorgesehen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof veröffentlichte am 04.09.2013 unter dem Aktenzeichen 14 ZB 13.6 folgenden Beschluss: “Bei der Ferienwohnungsnutzung handelt es sich gegenüber der allgemeinen Wohnnutzung vielmehr um eine eigenständige Nutzungsart, für die andere bauplanungsrechtliche oder bauordnungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen; sie stellt daher eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar (Art. 55 Abs. 1 BayBO).”

Und es bleibt immer noch die Frage, was mit den 22 illegalen, also nicht baurechtlich genehmigte Ferienwohnungen passiert? Sind diese zwar nach Zweckentfremdungsrecht irgendwie genehmigt, aber müssen die Sch***bauten wegen grobem Verstoß gegen das Baurecht ihre Kurzzeitvermietung, einstellen, sprich, wieder regulär an Regensburger:innen vermieten?

Um etwas Licht ins Behördendunkel zu bringen, hat Recht auf Stadt über die Internetplattform FragDenStaat eine Anfrage beim Bauordnungsamt eingereicht. Wir fragen beispielsweise danach, ob gegen die durch die Negativatteste bekannt gewordenen, illegalen Nutzungsänderungen Bußgeld erhoben wurde. Die Anfrage kann hier nachgelesen werden. Bislang gibt es noch keine Antwort.

“In allen Fällen, in denen Wohnraum per Bauantrag in eine Nichtwohnnutzung verändert werden soll, sendet das Bauordnungsamt dem Amt für Stadtentwicklung eine Anfrage zur zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigungsfähigkeit. Im Gegenzug werden alle Zweckentfremdungsbescheide in Abdruck dem Bauordnungsamt übermittelt.

Obwohl es sich um zwei voneinander unabhängige Rechtsbereiche handelt, können diese doch jeweils aufeinander einwirken. So kann es zum Beispiel sein, dass von der erteilten Baugenehmigung kein Gebrauch gemacht werden kann, weil die Zweckentfremdung nicht genehmigungsfähig ist.”

Während der erste Absatz informativ die Praxis schildert, scheint der zweite Absatz nur eine theoretische Möglichkeit aufzuzeigen, die nie zur Anwendung kam. Denn laut der tabellarischen Zusammenstellung wurde offensichtlich nie eine baurechtlich genehmigte Nutzungsänderung per Zweckentfremdungsrecht abgelehnt. Die Aussageabsicht der Autor:innen scheint zu sein, wie oben bei der Hervorhebung der Kontrollen, Tätigkeiten im Sinne der Verhinderung von Zweckentfremdungen vorzutäuschen, die faktisch nicht vorhanden sind.

“In der Satzung sind mehrere Gründe aufgelistet, aufgrund derer ein Negativattest auf Anforderung auszustellen ist. Bislang wurden jedoch nahezu ausschließlich Negativatteste ausgestellt, weil die Nutzung zu anderen als Wohnzwecken „bereits vor Inkrafttreten der Satzung und seitdem ohne Unterbrechung“ stattfand. Dabei genügt nicht die Erklärung der/des Verfügungsberechtigten, sondern es sind konkrete Nachweise zu führen und Belege beizubringen, wie Bestätigungen der Steuerberater, Buchungs- und Zahlungsbelege, Vertragsunterlagen etc., die dann eingehend geprüft werden. Zudem werden auch immer wieder Querabgleiche geführt, z. B. in Onlinerecherchen festgestellt, seit wann die Ferienwohnung auf einschlägigen Portalen angeboten wurde oder ob sich Personen dauerhaft mit Wohnsitz an dieser Adresse angemeldet haben.”

Diesem Abschnitt kann eine gewisse Komik, wenn auch eine unfreiwillige, nicht abgesprochen werden. Eine Behörde verlangt hier tatsächlich von Antragstellenden, dass sie eine ununterbrochene, gesetzeswidrige Nutzung lückenlos per Rechnungen und Belegen nachweisen, um eine Erlaubnis zu bekommen!

Eine Frage der zuständigen Beamtenkraft könnte z.B. lauten: “Aber in diesem Zeitraum haben Sie offensichtlich einmal ganz regulär vermietet, weil da war jemand unter dieser Adresse dauerhaft gemeldet. Also kann von einer ununterbrochenen illegalen Zweckentfremdung nicht die Rede sein. Sie waren dummerweise zwischendurch mal ehrlich.”

Worauf die:der ob der regulären Vermietung Ertappte vielleicht antwortet: “Nein, das stimmt nicht, das war nur Fake. Ein Verwandter mit Zweitwohnsitz, damit es nicht so auffällt. Sehen Sie, hier habe ich für diesen Zeitraum einen Screenshot aus Airbnb. Der Beweis, dass ich auch in dieser Zeit, unter völliger Missachtung von Genehmigungspflichten, Wohnraum absolut illegal als Ferienwohnungen zweckentfremdet und vermietet habe. Hier, mein Kontoauszug aus der Zeit. Sowas verdient keiner mit regulärer Vermietung.” Beamtenkraft: “Aha! Ja, dann ist ja alles in Ordnung. Sie bekommen ihr Nagativattest! Weil Sie nachweislich vor Inkrafttreten der Satzung und seitdem ohne Unterbrechung standhaft das Gesetz gebrochen haben, dürfen sie jetzt ganz legal zweckentfremden. Glückwunsch!”

Es sei angemerkt, dass es sich hier nicht im Satire handelt, sondern sich der Sachverhalt genauso verhält.

Nun folgt ein Abschnitt über Zweckentfremdung aufgrund von Leerstand. Dabei wurde offensichtlich auch ausgiebig auf den Leerstandsmelder von Recht auf Stadt zurückgegriffen. Recht auf Stadt hatte überdies, wieder über die Onlineplattform FragDenStaat, allein rund 70 Leerstände direkt gemeldet. Laut Bilanz wurde nur die Zweckentfremdung eines einzigen (!) Leerstands beendet. Angeblich gilt laut Vorlage für Leerstand zwar kein Bestandsrecht, wie für illegale Ferienwohnungen, allerdings ändert das am Ergebnis offensichtlich nicht das Geringste. Wo kein Wille ist, ist auch kein Weg. Diesen Abschnitt überspringen wir, weil er substantiell leider nichts Neues bringt, und kommen damit langsam zum Schluss.

“(…) Über die in der obenstehenden Tabelle angeführten Fälle hinaus wurde bereits 2020 mit dem Abgleich der Erhebung zu den Ferienwohnungen begonnen. Die Arbeiten wurden Anfang 2021 abgeschlossen. Bei der Erhebung zu den Regensburger Ferienwohnungen waren im Frühjahr 2020 insgesamt 344 Angebote erfasst worden. Bereinigt (um z. B. Hotelbetriebe und Angebote von Zimmern) verblieben 228 Wohneinheiten, die als Ferienwohnung angeboten wurden. Davon waren
– bereits aktenkundig und teils verbeschieden: 54 Fälle.
– unbehandelt, aber sogenannte Altfälle, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als genehmigungsfrei anzusehen sind, weil die Kurzzeitvermietungen nachweislich vor Inkrafttreten der Satzung aufgenommen wurden: 104 Fälle
– aktuell nicht mehr online und insofern aktuell nicht verfolgbar: 53 Fälle
– vermutete Zweckentfremdungen, die noch geprüft werden müssen: 17 Fälle.”

Kurz vor dem Ende wird eine weitere Übersicht präsentiert, die das ganze Ausmaß des Schadens aufzeigt, den die Regensburger “Wohraumzweckentfremdungssatzung” für das eigentliche Ziel, Wohnraummangel zu bekämpfen, anrichtet. Von 228 von der Verwaltung erfassten Wohneinheiten dürfen sich ganze 104 “Altfälle”, d.h. illegale Ferienwohnungsanbietende über eine Legalisierung ihres gesetzeswidrigen Sch***betriebs freuen. Und das Dank der Regensburger Zweckentfremdungserlaubnissatzung! Also heißt die Gesamtbilanz der Regensburger Satzung unterm Strich: 53 + 104 macht 157 neue Zweckentfremdungen! Von wegen “Schnitt”. Und die vermuteten 17 Zweckentfremdungen werden zum Großteil sicher auch genehmigt. Wetten!

“Zusammenfassend ist die Verwaltung der Meinung, dass mit dem Erlass einer Wohnraumzweckentfremdungssatzung in Regensburg ein guter Kompromiss zwischen den Anforderungen einer einerseits weltoffenen, gastfreundlichen Stadt und andererseits eines weiterhin angespannten Wohnungsmarktes gefunden worden ist.”

Es ist fraglich, welchen Kompromiss die Verwaltung meint, denn, wie unsere Analyse zeigt, kann von Kompromiss keine Rede sein. 157 faktisch genehmigten Zweckentfremdungen stehen ganze 4 “Einheiten” zurückgeführter Wohnraum gegenüber. Offensichtlich wurde von der Verwaltung alles unternommen, um den “Bestand an Ferienwohnungen dem touristischen Markt weiterhin” zu erhalten, während so gut wie nichts für die Beseitigung des Wohnraummangels abfiel.

Die Darstellung, dass sich Regensburg dadurch als “weltoffenen” und “gastfreundlich” erweise, kann nur noch als zynisch bewertet werden. Denn tatsächlich geht es hier um knallharte Gentrifizierung. Bürger*innen können sich das Leben in ihrer Stadt kaum noch leisten, während eine kleine Eigentümer:innenschicht mit freundlicher Unterstützung der Verwaltung in unverschämtester Weise profitiert. Und diesen Zustand will die Verwaltung offensichtlich mit allen Mitteln beibehalten, und sei es unter Missbrauch des bayerischen Zweckenfremungsgesetztes.

Oder ist die Verwaltung einfach nur dämlich und weiß nicht, was sie tut? Diesen Eindruck kann durchaus gewinnen, wer die Antwort der Verwaltung gegenüber der quer-Redaktion im bereits angeführten Beitrag “Wie Regensburg Ferienwohnungen schützt” liest: “Die Ferienwohnungen liegen in Regensburg überwiegend in der Altstadt und sind für den Wohnungsmarkt wegen der hohen Mieten für die Bürger*innen weniger interessant.”

Als Resümee müssen wir leider festhalten, von unserer anfänglichen Deutungshypothese ist nicht das Geringste übrig geblieben. Die Aussageabsicht der Autor:innen ist mitnichten Information über die Ergebnisse einer städtischen Maßnahme, sondern so ziemlich das Gegenteil. Es soll über die miserablen Ergebnisse hinweggetäuscht werden, die rein analytisch nur den einen Schluss zulassen, dass die Verwaltung alles tut, um den eigentlichen Sinn des Zweckentfremdungsgesetzes, Wohnraummangel zu beheben, zu torpedieren.

3. Nachhilfeeinheit: Was tun?

So, sehr geehrte Stadträt:innen, in Zukunft können Sie alle Vorlagen der Verwaltung analysieren und entsprechende Fragen in den Ausschüssen stellen. Wir haben nur eine Vorlage etwas gründlicher untersucht, zu vermuten ist aber, dass alle Berichte der Stadtverwaltung, sei es im Umweltbereich, Sozialbereich oder dem Bereich der Daseinsvorsorge, ähnlich unbrauchbar und manipulierend sind. Aber mit dem Werkzeug der Textanalyse sind Sie in Zukunft der Verwaltung nicht mehr so hilflos ausgeliefert, wie es offensichtlich bis jetzt der Fall war.

Aufgrund der Analyse der Vorlage “Wohnraumzweckentfremdungssatzung – eine erste Zwischenbilanz” ist natürlich klar, was als nächstes für Sie zu tun ist. Alle an der Vorlage beteiligten Verwaltungspersonen, d.h. im Grunde das ganze Planungs- und Baureferat, müssen umgehend von ihren Aufgaben entbunden werden. Sie können entweder auf Staatskosten in den Ruhestand geschickt werden, damit sie die Stadtgemeinschaft nicht mehr weiter schädigen können, oder sie werden in die Tourismusabteilung komplimentiert. Denn Tourismus zu fördern scheint sowieso deren eigentliches Berufsziel zu sein. So würde allen geholfen.

Wenn Sie aber nichts tun und alles so weiter laufen lassen wie bisher, ist natürlich auch klar, was für die Bürger:innen zu tun ist. Der Stadtrat muss ersetzt werden durch tatsächliche Vertreter:innen der Bürger:innenschaft. Stadtteile können beispielsweise Delegierte mit imperativem Mandat in den Stadtrat schicken. Aber auch ein durch Los ausgewählter Stadtrat würde die Sache vermutlich bessern hinbekommen, als Sie.

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