Dokumentation städtischer Rechtsbrüche Nr. 5:
FeWo Blumenstr. 6, Nibelungenstr. 21, 21a

Diesmal gibt es wahrscheinlich sogar doppelten bis dreifachen Rechtsbruch zu vermelden: Nicht nur wurde offenbar wieder eine illegale Ferienwohnungen durch die 2019 verabschiedete sogenannte “Zweckentfremdungssatzung” nachträglich „legalisiert“, es wurde trotz Satzung auch ein Neubau als Ferienwohnung genehmigt und dies mitten in einem Wohngebiet, obwohl Ferienwohnungen eine Gewerbenutzung darstellen. In der Bananenrepublik Regensburg wundert einen wirklich gar nichts mehr.

Ausschnitt Ferienwohnungen aus Vorlage der Stadtverwaltung Regensburg über neu genehmigte Bauvorhaben

Monatlich werden vom städtischen Bauordnungsamt im Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr und Wohnungsfragen die genehmigten Bauvorhaben veröffentlicht. Auszug aus der Vorlage September 2022: VO/22/19369/63

Vorbemerkung

Von den Stadträt*innen werden in aller Regel die vom Bauordnungsamt vorgelegten Baugenehmigungen kommentarlos abgenickt. Ganz selten gibt es dazu Nachfragen. Dass es den Fragenden dabei lediglich um das Vortäuschen von etwas Bürger*innenvertretung geht, zeigt diesmal exemplarisch der Stadtrat der Grünen Hans Teufl. Zwei Mails hat Recht auf Stadt ihm geschickt, keine hat er beantwortet. Aber wir sind ja auch selbst schuld, denn wir legtem ihm nahe:

„Falls Sie unsere Analyse für richtig halten, aber sich einfach nichts zu sagen trauen oder die offensichtlich rechtswidrige Praxis in Regensburg sogar gut finden, dann wäre es wahrscheinlich vernünftig, wenn Sie nichts antworten.“

Weil‘s so lustig ist, und weil natürlich alle wissen sollen, warum Herr Teufl so beredt nichts antwortete, dokumentieren wir den Gesamtwortlaut unserer Mails.

Email von Recht auf Stadt vom 02.10.22

Sehr geehrter Herr Teufl,

es freut uns, dass Sie im Stadtrat die Ferienwohnung Blumenstraße 6, angesprochen haben. Sie monierten die fehlende Begründung. Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer fragte nach: “Okay, dieser Zusatzsatz ist nicht dabei? Okay”. Soweit dem Audiomitschnitt zu entnehmen ist, bejahten Sie dies. Der “Zusatzsatz”, den Frau Maltz-Schwarzfischer ansprach, lautet:

“Es handelt sich um Verfahren, bei denen die Nutzungsänderung bereits vor Inkrafttreten der Zweckentfremdung erfolgte. Amt 66 hat ein Negativattest erstellt.”

Andreas Skala von der Abteilung Bauordnung antwortete Ihnen:

“Bei den Ferienwohnungen ist es so, dass die Nutzung schon längere Zeit unterschiedlicher Art war. Es ist einmal vermietet worden an Professoren an der Universität, also sozusagen längere, anderweitige Nutzungen und der Bauherr hat jetzt einen Antrag gestellt auf, überhaupt auf dass die Nutzung genehmigt wird. Das ist genehmigt worden. Der Antrag auf Zweckentfremdung läuft allerdings noch. Also als Ferienwohnung darf’s bisher noch nicht genutzt werden.”

Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer fügte an:

“Das ist ja das, was wir schon sehr oft hier diskutiert haben. Das sind zwei unterschiedliche Verfahren.”

Herrn Skalas Anmerkung wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Was ist mit “längere, anderweitige Nutzungen” gemeint? Im Grunde kann dies nur bedeuten, dass eine längere, möglicherweise jahrelange Umnutzung von Wohnraum in Gewerbe vorliegt, auch aktuell. Wie Herr Skala ebenfalls ausführt, lag bislang anscheinend keine Genehmigung des Bauordnungsamts für diese Nutzungsänderung vor. Es handelt sich ergo um eine möglicherweise jahrelange, illegale Zweckentfremdung, um einen sogenannten “Schwarz”bau.

Es wäre schön, wenn Sie bei der nächsten Ausschusssitzung kommenden Mittwoch nachfragen könnten,

1) ob vom Bauordnungsamt ein entsprechendes Bußgeld für die illegale Zweckentfremdung verhängt wurde?

2) warum das Bauordnungsamt nicht sofort nach Bekanntwerden die illegale Zweckentfremdung unterband, wie es in anderen Kommunen üblich ist, sondern sogar eine Genehmigung aussprach?

3) warum Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer von “unterschiedlichen Verfahren” spricht, obwohl aus dem “Zusatzsatz” hervorgeht, dass das Bauordnungsamt die Genehmigung anscheinend bislang vom Amt 66, also vom für die Zweckentfremdungssatzung zuständigen “Amt für Stadtentwicklung” abhängig machte. Auch Herrn Skalas Ausführungen haben nichts mit bauordlichen Prüfungen bei gewerblicher Verwendung (beispielsweise Brandschutz) zu tun, sondern beziehen sich inhaltlich allein auf die Regensburger Zweckenfremdungssatzung, die in der Auslegung durch die Verwaltung langjährigen illegalen Zweckentfremdungen Bestandsschutz gewährt.

4) wie und ob die Stadträt*innen erfahren, ob die Ferienwohnung Blumenstraße 6 letztendlich genehmigt oder verboten wurde? Im Grunde hat die Bekanntgabe der “genehmigten” Bauvorhaben für die Stadträt*innen und Bürger*innen keine Aussagekraft, wenn nachträglich Umnutzungen doch noch untersagt werden. Es drängt sich der Eindruck auf, dass mit der Darstellung, die Zweckentfremdung werde noch geprüft, die Entscheidung über eine weitere, genehmigte Ferienwohnung vor der Öffentlichkeit bewusst im Unklaren gelassen werden soll.

5) schließlich wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie auch wegen der Begründung für die Nutzungsänderung der Appartments A1 und A2 in Ferienwohnungen des Neubaus in der Nibelungenstr. 21 und 21a (Nr. 90) nachfragen könnten. Wurde dafür beispielsweise Ersatzwohnraum geschaffen, wie es die Zweckentfremdungssatzung vorschreibt?

Über eine Information über Ihre diesbezüglichen Bemühungen wären wir Ihnen sehr verbunden. Wie Sie wissen ist Regensburg ein Wohnraummangelgebiet. Dass eine Verwaltung möglicherweise die illegale Vernichtung von Wohnraum nachträglich legalisiert, ist nicht hinnehmbar.

Mit freundlichen Grüßen,
Recht auf Stadt

Email von Recht auf Stadt vom 06.10.22

Hallo Herr Teufl,

leider sind Sie unserem Bürger*innenwunsch nicht nachgekommen und haben laut Audioaufzeichnung der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Wohnungsfragen bezüglich der Ferienwohnungen nicht nachgefragt.

Könnten Sie uns bitte Auskunft darüber geben, warum Sie das unterließen? Falls Sie unsere Analyse, dass in Regensburg jahrelange illegale Zweckentfremdungen in offensichtlich rechtswidriger Weise geduldet und nachträglich legalisiert werden, für falsch halten, wären wir über ein Begründung dankbar.

Falls Sie unsere Analyse für richtig halten, aber sich einfach nichts zu sagen trauen oder die offensichtlich rechtswidrige Praxis in Regensburg sogar gut finden, dann wäre es wahrscheinlich vernünftig, wenn Sie nichts antworten.

Mit besten Grüßen,
Recht auf Stadt

Blumenstraße 6, 93055 Regensburg

Ferienwohnung Blumenstraße 6 in Regensburg

Ehemalige und zukünftige Ferienwohnung Blumenstraße 6, 93055 Regensburg

Schön im Grünen liegt die neu legalisierte Ferienwohnung Blumenstr. 6. Pardon, ob die offizielle Erlaubnis vom Amt 66, also vom Amt für Stadtentwicklung, kommt, ist ja angeblich noch offen. Aber immerhin gibt es vom Bauordnungsamt unter Leitung von Armin Frohschammer trotz belegter, illegaler Nutzungsänderung keine Einwände. Das heißt: kein Bußgeld und keine automatische Untersagung der Nutzungsänderung, wie es in anderen, rechtsliebenden Kommunen die Norm ist. Und auch das Amt 66 wird sich sicher nicht Lumpen lassen und sein Plazet erteilen. Diesmal halt mit etwas Verzögerung, damit es nicht gar so offensichtlich ist, dass in Regensburg mit der Zweckentfremdungssatzung illegale Ferienwohnungen „legalisiert“ werden.

Nibelungenstraße 21, 21a, 93051 Regensburg

Ferienwohnung Nibelungenstr. 21, 21a

Statt Familien lieber Ferienwohnungen: Nibelungenstraße 21, 21a, 93051 Regensburg

Dieses Haus stand bei Bauerstellung groß in der Presse. Es sei das erste „Mehrfamilien-Sonnenhaus“ in Regensburg. Die Wärme wird über Solarkollektoren in einem 9400 Liter fassenden Wärmespeicher gesammelt. Der damalige „Umwelt“bürgermeister Jürgen Huber war voll des Lobes. Das Sonnenhaus sei ein guter privater Beitrag für den Klimaschutz, meinte er.

Aus dem „Mehrfamilien-Sonnenhaus“ wurde aber inzwischen zu einem großen Teil ein „Ferienwohnungs-Sonnenhaus“, denn das Bauordnungsamt genehmigte für zwei der fünf Appartments die Umnutzung in gewerbliche Kurzzeitvermietung. Das bemerkenswerte dabei: Die Ferienwohnungen wurden für ein Wohngebiet genehmigt, in dem gewerbliche Nutzung laut Baunutzungsverordnung nur ausnahmsweise zugelassen ist.

Ein Nachbar, der gesetzlich über die Umnutzung informiert werden muss, stellte uns freundlicherweise den Bescheid des Bauordnungsamtes zur Verfügung. Darin findet sich kein Wort der Begründung für die Ausnahme. Offensichtlich wird vom Regensburger Bauordnungsamt grundsätzlich alles, was Eigentümer*innen nützt, als selbstverständlich angenommen. Dass Regensburg ein Wohnraummangelgebiet ist, in dem die Mieten ins Wahnsinnige steigen, scheißegal. Rechtskonform dürfte die selbstverständliche Genehmigung der Ferienwohnung in einem Wohngebiet jedenfalls nicht sein, scheißegal.

Screenshot aus dem Flächennutzungsplan der Stadtverwaltung Regensburg

Aus dem Flächennutzungsplan der Stadtverwaltung Regensburg. W steht für Wohngebiet, MI für Mischgebiet aus Gewerbe und Wohnen, SO für Sondergebiet.

Gesetzeslage

Die Vorschriften für Nutzungsänderungen finden sich in der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Dort ist beispielsweise in Art. 55, Abs.1 festgeschrieben, dass Nutzungsänderungen immer einer behördlichen Genehmigung bedürfen:

“Die Errichtung, Änderung und Nutzungsänderung von Anlagen bedürfen der Baugenehmigung”

Eine Unterlassung gilt als Rechtsbruch und wird in Art. 79, Abs. 1 mit einer empfindlichen Strafe belegt:

“Mit Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig (…) entgegen Art. 55 Abs. 1 (…) bauliche Anlagen errichtet, ändert oder benutzt”

Dass die Umwandlung von Wohnraum in Ferienwohnungen, also in Gewerbe, als genehmigungspflichtige Nutzungsänderung anzusehen ist, wurde vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 04.09.2013 – 14 ZB 13.6 bestätigt:

“Bei der Ferienwohnungsnutzung handelt es sich gegenüber der allgemeinen Wohnnutzung vielmehr um eine eigenständige Nutzungsart, für die andere bauplanungsrechtliche oder bauordnungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen; sie stellt daher eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar (Art. 55 Abs. 1 BayBO).”

In der Bayerischen Bauordnung werden zudem die Bauaufsichtsbehörden, in Regensburg das Bauordnungsamt unter Armin Frohschammer, verpflichtet, über die Einhaltung der Vorschriften zu wachen. Hierbei wird ihnen ein großer Handlungsspielraum eingeräumt, der sogar den Eingriff in Grundrechte einschließt. So heißt es in Art. 54, Abs. 2:

“Die Bauaufsichtsbehörden haben bei der Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung und Beseitigung sowie bei der Nutzung und Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden (…)
Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragten Personen sind berechtigt, in Ausübung ihres Amtes Grundstücke und Anlagen einschließlich der Wohnungen zu betreten; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 des Grundgesetzes, Art. 106 Abs. 3 der Verfassung) wird insoweit eingeschränkt.”

Rechtsbruch durch Verwaltungstrick

Um die Bayerische Bauordnung auszuhebeln, wurde in der Regensburger Zweckentfremdungssatzung die Wohnraumeigenschaft in Paragraf 2, Abs. 3 folgendermaßen definiert:

“Wohnraum liegt nicht vor, wenn …
… der Raum bereits vor dem Inkrafttreten dieser Satzung und seitdem ohne Unterbrechung anderen als Wohnzwecken diente”

Während es in beispielsweise in der Nürnberger Satzung bezüglich der Wohnraumeigenschaft heißt:

“ohne Unterbrechung in baurechtlich genehmigter Weise anderen als Wohnzwecken diente” (Hervorhebung RaS)

wurde ein entsprechernder Passus in Regensburg weggelassen. Mit diesem Trick werden in Regensburg illegale, bußgeldbewehrte Zweckentfremdungen unter Beihilfe der Verwaltung legalisiert, falls die Eigentümer die illegale Zweckentfremdung vor Verabschiedung der Satzung nachweisen können. Wie gesagt: Kein Witz!

Kommentar

Trotz inzwischen vier Korruptionsprozessen mit reihenweise Verurteilungen wegen Bestechung, Bestechlichkeit und Vorteilsnahme, hat sich in Regensburg nichts geändert. Nach wie vor gestalten die Korruptionsparteien SPD und CSU und die Korruptionsbeamt*innen aus der Verwaltung die Verhältnisse so, wie sie den Spender*innen aus dem Immobilienbereich kaum besser gefallen könnten. Und während für Eigentümer*innen fröhliche Amnestie herrscht, wird gegen Eigentumslose mit aller Härte vorgegangen. So sperrt das städtische Tochterunternehmen REWAG rund 1000 Menschen jährlich den Strom (1), wegen Bagatellbeträgen zerrt die städtischen Tochter RVV sogenannte “Sch***fahrer*innen” vor Gericht (2) und die Stadtbau lässt rigoros räumen. 2019 gehen von 106 “gerichtlich festgesetzte Räumungsterminen” (3) in Regensburg mindestens 18 auf das Konto des städtischen Tochterunternehmens. (4)

Chronologie der RaS-Hintergrundartikel zur Regensburger Zweckentfremdungs-erlaubnis-satzung

Zweckentfremdung: Satzungsentwurf ist eine Mogelpackung!
Zweckentfremdungssatzung ist für den A…
Anzeige der Zweckentfremdungssatzung der Stadt Regensburg – Update –
Mogelsatzung jetzt in Fettrot
53 weitere Ferienwohnungen genehmigt – Dank Satzung!
“Wir wollten ja nicht die Anzahl der Ferienwohnungen reduzieren”
Bußgelder? Keine Antwort ist auch eine Antwort!
Dokumentation städtischer Rechtsbrüche Nr. 1: FeWo Wahlenstraße 12
Zwangsräumung für Mieter – Rechtsfreiheit für Entmieter


(1) https://www.mittelbayerische.de/region/regensburg-stadt-nachrichten/strom-abgestellt-haeufig-arme-betroffen-21179-art1859903.html
(2) https://www.regensburg-digital.de/520-euro-schwarzfahren-vor-schoeffengericht/02072019/
(3) Statistisches Jahrbuch 2020, Seite 275: http://www.statistik.regensburg.de/menue/publikationen.php
(4) Geschäftsbericht Stadtbau 2019, Seite 19:
“Die Zahl der durchgeführten Zwangsräumungen ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Von 65 (Vj. 38) beantragten Zwangsräumungen wurden 18 (Vj. 8) durchgeführt. Die Zahl der Räumungsklagen wegen Mietrückständen ist von 34 im Vorjahr auf 43 im Berichtsjahr gestiegen.”
https://www.stadtbau-regensburg.de/fileadmin/user_upload/Downloads/20200701_Geschaeftsbericht/Stadtbau_Geschaeftsbericht_2019_d2_web.pdf

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