Kommunalwahl 15. März 2020 in Regensburg:
Ich werde nicht wählen!

Kommentar des Recht-auf-Stadt-Aktivisten Kurt Raster

Kepler Areal gesprengtDas gesprengte Kepler-Areal ist ein schönes Sinnbild für die Regensburger Stadtpolitik. Weil die Bürger*innen auf die unverschämte Verarschungsbefragung nicht hereinfielen und im Bürger*innenentscheid den gigantomanischen Verwaltungsplänen klare Kante zeigten, wurde abgerissen. Eine für den Platz perfekte Bebauung, nach den Maßstäben moderner und menschlicher Stadtarchitektur – aber die interessiert im Regensburger Planungsamt niemanden – wurde einfach platt gemacht. Jetzt wird solange eine offene Wunde klaffen, bis die Bürger*innen auch noch den größten Blödsinn akzeptieren. Hat ja am Donaumarkt wunderbar funktioniert! Dort steht nun, mitten in der Altstadt, ein beschissener CSU-Propaganda-Klotz. Sogar der jahrzehntelang nicht sanierte Luther-Turm war ein Traumschloss gegen diesen Ausbund von Hässlichkeit.

Politik gegen die Bürger*innen ist das Wesen Regensburger Stadtpolitik.

Und wie sie wieder lügen! Die SPD mit ihrer Ersatz-OB verspricht ÖPNV „zum guten Preis“. Recht auf Stadt gegenüber erklärte sich die Dame aber für RVV-Tarife gar nicht zuständig. Nulltarif für Schüler*innen auch nach der 10ten Klasse zwecks sozialer Gerechtigkeit und natürlich zwecks Klimaschutz? Abgelehnt! Aber im Wahlkampf verspricht die Dame ein „klimaneutrales Regensburg“!

Die Grünen plakatieren ein herziges Eulenkückenmotiv und titeln tränendrüsentreibend „Leben lassen!“ Der grüne Spass-Bürgermeister aber hatte keinerlei Einwände, den Bestecher Thomas Dietlmeier vom Immobilien Zentrum in einem geplanten Landschaftsschutzgebiet bauen zu lassen.

Immerhin, die CSU ist ehrlich. Sie verspricht eine „zeitgemäße Videoüberwachung bekannter Brennpunkte“. Wer aber jetzt meint, die Hinterzimmer der Regensburger Politik und Stadtverwaltung als Brennpunkte der Korruption würden überwacht, hat sich geschnitten. Es wird nur Geflüchtete, Drogenkranke und Obdachlose treffen.

CSU WahlversprechenUnüberbietbar im Lügensprech aber ist der Suspendierte. Im Amt hatte er die kommunale Altenpflege mit dem Einstampfen des Michlstifts fast halbiert. Im Parteiprogramm heißt es dazu, mit der Auflösung des Michlstifts habe er die städtische Altenpflege „zukunftsfest“ gemacht. Ja, freilich! Die Zukunft der Altenpflege ist immer fester in der Hand gewinnorientierter Pflegeheimkonzerne. Oma mehrt nun fleißig den Profit von Finanzinvestoren! Danke, Suspendierter!

Und die kleinen und kleinsten? Brav stimmten sie bei fast allen Eingaben von Recht auf Stadt mit den Großen.

Nein, ich wähle nicht!

Nicht wählen hilft der AfD? Was für ein Quatsch! Der Widerstand gegen Rechts kam immer von der Zivilbevölkerung. „Demokratische“ Politiker*innen müssen gegen Rechts nicht zum Jagen getragen, sie müssen geschleift werden! Liebend gerne würden sie mit der AfD ins Bett gehen, wenn da nicht die noch halbwegs zivilisierte Öffentlichkeit wäre.

Nein, ich wähle solche Politiker*innen nicht!

Und wie sie wieder günstigen Wohnraum versprechen! Zweimal hat der Stadtrat gegen das Votum der Mieterorganisationen einen asozialen Mietspiegel verabschiedet. Eine Zweckentfremdungssatzung wurde letzten Sommer verabschiedet. Doch ungeniert werden von der Verwaltung weiterhin Ferienwohnungen genehmigt. Und hat schon jemand gehört, dass gegen irgendeinen der zahlreichen, skandalösen Leerstände in Regensburg vorgegangen würde? Nö. Denn schließlich ist eine Stadt nicht zum Leben da, sondern um Rendite zu generieren.

Vermutlich meinen Politik und Verwaltung es nicht einmal bös. Sie haben halt nichts anderes gelernt. Wachstum, Wachstum, Wachstum – Gewinne, Gewinne, Gewinne, so lautet ihr Mantra. Doch die alten Ideen haben ausgedient. Neue Ideen gibt es, aber die politische Kultur in Regensburg ist dermaßen auf den Hund gekommen, dass keinerlei Hoffnung besteht, irgendein*e neue*r Bürgermeistergretel*hansl würde was ändern oder auch nur ändern wollen.

Wahlplakat GrüneZwar drucken sie großkotzig auf ihre Wahlplakate „Regensburg gehört allen“ und ähnliches und benutzen damit Forderungen der Recht-auf-Stadt-Bewegung. Aber glaubt auch nur ein Mensch, der das liest, dass der Satz im Entferntesten ernst gemeint sein könnte?

Die Häuser denen, die sie bewohnen, statt Betongoldburgen? Kostenloser ÖPNV für alle, weil alle das Recht auf Mobilität haben? Stadt der kurzen Wege statt Supermärkte am Stadtrand, damit auch Autofreie bequem einkaufen können? Bedürfnisbefriedigung statt Gewinnmaximierung, denn niemand soll in unserer Stadt auf Kosten anderer leben? Kultur statt Kulturwirtschaft, das heißt kostenfreie Veranstaltungsräume für alle? Gemeinsam getragene Daseinsvorsorge statt Privatisierung, denn eine Stadt sollte eine Solidar- und keine Konkurrenzgesellschaft sein? Transparenz statt nichtöffentlicher Sitzungen, denn nur wo Transparenz herrscht, können alle qualifiziert mitentscheiden? Oder, auch eine Recht-auf-Stadt-Forderung, öffentlicher Widerstand gegen jede Abschiebungen, weil auch hier lebende Geflüchtete Regensburger sind, denen Regensburg gehört? All das wären Konsequenzen aus der Behauptung „Regensburg gehört allen“.

Nein, niemand glaubt, die Regensburger Politik würde jenen Satz tatsächlich umsetzen. Er ist eine hole Phrase, ein schönklingender Gimmik, ein nichtssagendes Nichts. Nur dazu da, Wähler*innen zu täuschen.

Darum wähle ich nicht. Ich will eine verlogene, dumme, zukunftsverweigernde und bürger*innenfeindliche Politik nicht legitimieren.


PS: Ich schlage vor, die eigene Stimme zu behalten und zu benutzen im Aufbau einer wirklichen Stadt für alle. Bilden wir Nachbarschaftsräte! Eignen wir uns Leerstände an! Holen wir uns Straßen und Plätze zurück! Und vor allem: Seien wir solidarisch!

PPS: Wer aber unbedingt seine Stimme verschenken möchte, sollte sie der Partei „Die PARTEI“ geben. Diese zeigt auf ihre Weise, was Wählen in Regensburg für ein Schmarrn ist.

Kommentar

  1. Jürgen

    Leider zu spät, der Kommentar.

    Doch, ich habe gewählt.
    Und zwar das, was ich immer wähle, wenn ich mich maßlos ärgere:

    UNGÜLTIG

    (ganz leicht, schöne dicke Striche – vielleicht mit dem Edding – über die Liste-n. Und bei der passenden Partei am besten noch die Haken dazu.)

    Was das hilft? (auch für die Zukunft…!)
    Deine Stimme zählt.

    Und zwar proportional zur Gesamtstimmenzahl, jede ungültige Stimme ist im gesamten eine weniger für die anderen.

    Natürlich nur ein “Fliegenschiss in der Geschichte”.
    Wozu auch die Geschichte der Wahlen und Ergebnisse zählt.

    Denke, daß eine ungültige Stimme somit eher sichtbar ist als die nicht abgegebene.
    Denn die zeigt (nicht nur für Wahlbeteiligung und Auswertung) höchstens Desinteresse.

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