Rede des ueTheaters am 1. Leerstandsaktionstag:
“Wenn Leerstand nicht genutzt wird, muss er enteignet werden!”

LeKu Puerkelgut

Protest vor der Landshuter Str. 107, “Gaststätte Pürkelgut”, 93053 Regensburg. Unserer Ansicht nach wäre das Gebäude immer noch zu renovieren und könnte wieder einem sinnvollen Zweck dienen.

Hallo liebe Leute,

wir befinden uns hier vor der Gaststätte Pürkelgut, die seit über 30 Jahren leer steht. 30 Jahre! Warum? Liegt es daran, dass hier niemand wohnen will? Nein. Links davon steht ein Wohnblock mit rund 200 bewohnten Apartments. Liegt es daran, dass hier kein Gewerbe möglich ist? Nein. Gleich rechts davon steht ein Hotel der B&B-Kette. Liegt es daran, dass es keine Interessent*innen gab, aus der Gaststädte etwas zu machen? Wieder nein.

Vor vier Jahren starteten Obdachlose zusammen mit Aktivist*innen von Recht auf Stadt die Initiative, die Gaststätte wieder herzurichten. Säckeweise wurde Abfall gesammelt und wegtransportiert. Im ersten Stock gibt es ca. 20 kleine Pensionszimmer. Die wären ideal als Einzelzimmer für Obdachlose. In Regensburg gibt es nur Sammelunterkünfte­, keine Einzelzimmer. In Sammelunterkünfte dürfen beispielsweise keine Tiere mitgebracht werden.

Im Erdgeschoss gibt es eine Küche nebst Frühstücksraum und Gesellschaftsraum sowie Außenterrasse. Hier wäre wunderbar Platz für einen Nachbarschaftstreff und Kleinkunst. Unsere Theatergruppe ueTheater, die diese Kundgebung hier veranstaltet, hätte sich gefreut, dort regelmäßig aufzutreten.

Im Dachgeschoss könnten Bandräume oder Ateliers untergebracht werden, oder Theaterprobenräume. Im Keller ist eine Kegelbahn eingebaut. Ideale Voraussetzungen also für ein SoKul, ein Soziales Kulturzentrum.

Doch die Initiative wurde vom Investor aus Pfarrkirchen, der RMI Immobilien, jäh gestoppt. Polizeiliche Räumung wegen Hausfriedensbruch! Wie bitte? Hausfriedensbruch? Der Frieden von Menschen kann gestört werden, aber doch nicht der eines leeren Hauses! Der Investor argumentierte: In wenigen Monaten werde die Gaststätte abgerissen und ein Hotel gebaut. Das war Frühjahr 2017. Wie mensch sieht, steht die Gaststätte immer noch völlig nutzlos in der Gegend herum. Nichts wurde abgerissen, nichts wurde gebaut.

Warum will der Investor keine Nutzung zulassen, obwohl er selbst offensichtlich nichts damit anzufangen weiß? Spekulativer Leerstand. Ursprünglich gehörte das Gelände der Thurn und Taxis GmbH. Diese verkaufte das Areal schon Anfang der 90iger Jahre. Zwischenzeitlich wechselte es mindestens einmal den Eigentümer. Offensichtlich wartet RMI Immobilien ab, wie sich das Gebiet entwickelt, um größtmöglichen Profit zu erzielen.

“Eigentum verpflichtet! Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen”. So steht es im Grundgesetz. Wird hier nach dem Grundgesetz gehandelt? Nein! Boden ist ein knappes Gut. Er ist endlich, er kann nicht vermehrt werden. Wer Boden hat, aber die Allgemeinheit ausschließt, verstößt gegen das Grundgesetz.

Leider geht es in diesem Staat nicht nach dem Grundgesetz, sondern nach dem Recht des Stärkeren, nach Profit und Geld, nach den völlig irrationalen Regeln der kapitalistischen Wirtschaftsform. Nur in diesem irrationalen und menschenfeindlichen System macht es Sinn, Häuser und Boden leer stehen zu lassen. Denn in einer Boomtown wie Regensburg kann nach wenigen Jahren die Fläche mit sattem Gewinn weiter verkauft werden, ohne Mühe, ohne Arbeit, ohne die geringste Investition.

So darf es nicht weitergehen. Wohnen ist ein Menschenrecht. Wir dürfen Leerstand und Gewinnmacherei nicht länger akzeptieren. Es ist unser Gemeinwesen, unsere Kommune. Wenn Leerstand nicht genutzt wird, muss er enteignet werden! Wir haben jedes Recht der Welt dazu. Danke.

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