Polizeilicher Übergriff:
Polizei: „Wegen Leuten wie Sie geht es mit Deutschland bergab!“

Wie tickt die Regensburger Polizei? Dazu ein offener Brief eines unserer Aktiven an den Polizeipräsidenten des Präsidiums Oberpfalz. Wir dokumentieren den Brief, denn wir sind der Meinung, dass das Recht auf Stadt auch das Recht auf eine menschenwürdige, repressionsfreie Behandlung beinhaltet. Zudem wirft der Brief die Frage auf, wie es um die Gesinnung der Regensburger Polizei bestellt ist.

Nachstellung der Aufgabe

Nachstellung der Position des jungen Mannes, bevor er von dem Polizisten geschlagen wurde

Sehr geehrter Herr Polizeipräsident Gerold Mahlmeister,

auf der Homepage des Polizeipräsidiums Oberpfalz ist das „Leitbild der Bayer. Polizei – Handlungs- und Orientierungsrahmen für die Zukunft“ aufgeführt. Darin heißt es:

“Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.”

Unter der Überschrift „Polizeipräsidium Oberpfalz – wir über uns“ steht auf der gleichen Seite zu lesen:

“Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten im Bereich des Polizeipräsidiums Oberpfalz (…) sorgen mit großem Engagement dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger in unserem Dienstbereich sicher leben können.”

Leider kann ich weder bestätigen, dass durch Ihre Beamten die Würde des Menschen geachtet wird, noch dass ich mich durch die Tätigkeit Ihrer Beamten sicher fühle. Das Gegenteil ist der Fall.

Vorfall

Am 11.07.2017 kurz nach 17:00 Uhr wurde ich in der Admiral-Scheer-Straße in Regensburg zufällig Zeuge, wie Polizisten der zuständigen Polizeiinspektion einen jungen Mann festnahmen.

Der Mann lief in einem Bogen sehr schnell in die Straße hinein, der Polizeibeamte S. einige Meter hinter ihm. Wenige Meter von mir entfernt stoppte der Mann und setzte sich an einer Hausmauer auf den Boden, mit dem Rücken zur Wand. Gleichzeitig hob er die Hände. Es war für jeden deutlich erkennbar, dass sich der junge Mann widerstandslos ergeben hatte. Trotzdem versetzte der hinzugekommene Polizeibeamte S. dem am Boden Sitzenden einen aus meiner Sicht kräftigen Schlag mit dem Ellbogen.

Ein weiterer Beamter kam hinzu. Obwohl er nach wie vor die Hände erhoben hielt, wurde der junge Mann mit großer Ruppigkeit umgestoßen. Ein Knie wurde in seinen Nacken gerammt und sein Gesicht auf den Steinboden gepresst. Dann legten die Beamten ihm Handschellen an.

Als ich die eingesetzte Gewalt sah, die sich nur wenige Meter vor mir abspielte, nahm ich meine Videokamera heraus und machte einige Fotos. Gleichzeitig sprach ich beruhigend auf die Beamten ein. Ich sagte, der Mann habe sich doch ergeben, die eingesetzte Gewalt sei völlig unangebracht.

Daraufhin schrie mich der Beamte S. an, ich wüsste doch gar nicht, was der Mann angestellt habe. Ich wies nochmals darauf hin, dass sich der Mann ergeben habe und es keinen Grund für die gezeigte Gewalt gebe. Der Beamte S. entgegnete, wieder in beträchtlicher Lautstärke, ich solle sie ihre Arbeit machen lassen. Und er fügte ziemlich aufgebracht hinzu, es wäre alles in Ordnung, wenn sich nicht dauernd „Leute wie Sie“ einmischen würden.

Ich war während des ganzen Vorfalls etwa fünf bis sieben Meter von dem Geschehen entfernt. Zu keinem Zeitpunkt habe ich den Einsatz in irgendeiner Weise behindert.

Nun fand es der Beamte S. offensichtlich wichtiger, an mich heranzutreten, statt sich mit seinen Kollegen um den Festgenommenen zu kümmern. Während wir mitten auf dem Bürgersteig in einer Wohnstraße standen, brüllte mich S. an, dass „Menschen wie Sie“, also ich, an allem Schuld seien. Außerdem behauptete er, der Flüchtende habe sich kurz vorher umgedreht und versucht, ihn zu schlagen. Ich erwiderte, dass ich das so nicht gesehen habe und wollte wissen, was er mit „Menschen wie Sie“ meine.

Leider war der Beamte anscheinend nicht fähig oder willens, eine klare Antwort zu geben. Er wiederholte lediglich seine unspezifischen und herabwürdigenden Angriffe gegen meine Person. Sein Ton war äußerst drohend.

Der Beamte S. schien mir vollkommen außer Kontrolle. Ich hatte das deutliche Gefühl, dass ein falsches Wort genügt hätte, und er wäre auch gegen mich handgreiflich geworden. Als die Verbalinjurien auf meine Person immer aggressiver wurden, gab ich dem Beamten zu verstehen, dass ich nun mitschneiden werde und schaltete ostentativ meine Videokamera ein. Ich wollte dadurch eine gewisse Mäßigung im Ton erreichen. Der Beamte ließ sich aber kaum beeindrucken. Erst nach einiger Zeit ließ er von mir ab und der junge Mann wurde von den Beamten abgeführt.

Da ich mir aufgrund der mitangesehenen Gewalt Sorgen um den Festgenommenen machte, ging ich in großem Abstand, aber sichtbar für die Beamten, hinter der Gruppe her. Der Mann wurde über die Furtmayrstraße geleitet. Ich blieb auf der anderen Seite der vierspurigen Straße stehen und stellte mich an der Ecke eines Wohnhauses so auf, dass die Beamten mich sehen konnten.

Während die Beamten offensichtlich die Personalien des Mannes aufnahmen und ihn schließlich ins Polizeiauto verfrachteten, schauten sie immer wieder zu mir herüber. Schließlich ging S. über die Straße und trat abermals unmittelbar an mich heran. Diesmal richtet er permanent seinen ausgestreckten Zeigefinger auf mich, nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. Wieder sprach er mit sehr lauter, aggressiver Stimme.

Ihm war offensichtlich sehr darum getan zu betonen, dass der Mann vor seinem Ellbogenschlag versucht habe, ihn zu schlagen. Ich erwiderte geduldig und betont ruhig, dass ich das anders gesehen habe. Daraufhin wiederholte der Beamte seine Ausfälle gegen mich. Auch diesmal schaltete ich vor seinen Augen meine Videokamera ein, um mich gegen die Angriffe in irgendeiner Weise zu schützen. Doch der Beamte ließ sich wie bereits vorher kaum stören. Er forderte mich auch jetzt nicht auf, den Mitschnitt zu beenden.

Da ich bei meiner Beobachtung blieb, eskalierte die Situation. Nun fiel dem Beamten S. offensichtlich ein, dass er mir meine Kamera abnehmen könnte. Er behauptete, es könnten darauf Beweismittel für die vorausgegangene Straftat des jungen Mannes sein. Natürlich hatte ich davon keinerlei Aufnahmen und verweigerte die Herausgabe. Daraufhin wurde mir von S. die Kamera gewaltsam entrissen. Inzwischen waren die Polizisten F. und G. ebenfalls von der anderen Straßenseite gekommen und hielten mich fest. Auch mein Ausweis wurde mir gegen meinen ausdrücklichen Willen von S. aus der Hose gezogen. Schließlich führten mich die Beamten über die Straße zum Polizeiauto, das übrigens die ganze Zeit über den dortigen Radweg blockierte.

Auch beim Polizeiauto fuhr S. mit seinen diffusen Beleidigungen in Anwesenheit der übrigen Polizeibeamten gegen mich fort. Er verstieg sich schließlich sogar zu der Aussage: „Wegen Leuten wie Sie geht es mit Deutschland bergab!“. F. und G. standen unmittelbar daneben. Sie erhoben gegen die Anschuldigungen des S. zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Einwände oder versuchten ihn zu mäßigen.

Wenige Tage später wollte ich bei der Polizeidienststelle meine Kamera abholen, denn ich wusste ja, dass darauf keine tatrelevanten Aufnahmen waren. Zu meiner großen Überraschung wurde mir aber eröffnet, dass ein Ermittlungsverfahren gegen mich laufe, wegen „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“. Die Ermittlungen werden ausgerechnet von dem in den Fall involvierten F. geführt.

So geht es nicht!

Ich habe als freier Bürger jederzeit und an jedem Ort das Recht, meine Meinung kund zu tun. Polizisten wie Herr S., die zu glauben scheinen, das Handeln der Polizei dürfe nicht kritisiert werden, ja, die offensichtlich sogar der Ansicht sind, gerade diese Kritik führe zu einer Verschlechterung der Zustände, haben etwas Grundsätzliches über unsere Demokratie nicht verstanden. Sie sind meines Erachtens nicht befähigt, unsere Demokratie zu schützen.

Ich halte Herrn S. aber nicht nur ungeeignet, unsere demokratische Ordnung zu schützen, sondern es geht von ihm eine nicht unerhebliche Gefahr aus. Er hat anscheinend grundlos jemanden geschlagen. Auf harmlose Kritik an seinem Verhalten reagierte er äußerst aggressiv. Ich habe nicht das Gefühl, dass der Beamte sich unter Kontrolle hat.

Der Beamte S. scheint zudem verfestigte, diskriminierende Ansichten gegen Mitbürger zu haben und diese auch offen zu äußern. Immer wieder sprach er mir gegenüber von „Leuten wie Sie“, „Menschen wie Sie“. Obwohl er seine Vorwürfe nicht genau spezifizieren wollte oder konnte, ließen diese für mich nur eine Schlussfolgerung zu: Menschen wie ich schaden Deutschland.

Dass er ausgerechnet mein Handeln, mich couragiert für einen Mitbürger einzusetzen, als Akt betrachtet, der Deutschland gefährdet, lässt große Zweifel darüber aufkommen, ob der Beamte überhaupt über eine demokratische Grundeinstellung verfügt.

Prozess

Der Vorwurf „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ ist natürlich vollkommen lächerlich. Wenn jemand auf einer öffentlichen Straße, mitten in einem dichtbesiedelten Wohngebiet, knapp einen Meter vom nächsten Fenster entfernt, herumbrüllt, kann er nicht die Vertraulichkeit des Wortes einfordern.

Aber ich hoffe trotzdem, es kommt zu einem Gerichtsprozess. Herr S. wird dann Rede und Antwort stehen müssen darüber, warum er glaubt, wegen Personen wie mir gehe es in Deutschland bergab.

Und er wird peinlich darüber befragt werden, was mit so schädlichen Volkssubjekten wie mir seiner Ansicht nach geschehen soll.

Auch Herrn S. Kollegen werden darüber Auskunft geben müssen, wie sie die bedenklichen Aussagen von Herrn S. einschätzen.

So schön Ihr Leitbild formuliert ist, der Prozess wird der Praxistest sein, ob die darin aufgestellten Grundsätze mehr als schöne Worte sind. Ein letzter abschließender Satz daraus:

“Wir sind für den Bürger da. Seine Anliegen respektieren wir und behandeln alle gleich.”

Mit freundlichen Grüßen,

Kurt Raster

Kommentar

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