Erster Weihnachtsprotest gegen TuT:
Solidarität statt Kommerz und Rechts!

Insgesamt 15 Gruppen verbündeten sich und starteten am 25.11.2023 den ersten Weihnachtsprotest gegen die Kommerz- und Rechtsveranstaltung “Romantischer Weihnachtsmarkt auf Schloss Thurn und Taxis”. Allen Bündnispartnern ist gemeinsam, ein deutliches Zeichen gegen die “rechtspopulistische Möchtegern-Fürstin Gloria von Thurn und Taxis” und ihrem Veranstalter “PEGIDA-Peter Kittel” setzen zu wollen. Ordnungsamt und Polizei verhinderten eine Kundgebung am Emmeramsplatz, mit der abenteuerlichen Begründung, der Platz diene der “Entfluchtung” des “Romantischen Weihnachtsmarkt” und könne „nicht anderweitig belegt werden“, siehe Gegendarstellung eines MZ-Berichts. Die anderweitige Belegung als komplett vollgestellter Parkplatz scheint Ordnungsamt und Polizei jedoch nicht zu stören. Der Weihnachtsprotest wurde daher notgedrungen beim Schwammerl abgehalten. Trotz der Schikane war die Stimmung hervorragend, die Reden solidarisch, fundiert und kämpferisch. Im folgenden dokumentieren wir einen Teil der Reden. Hier kann ein Mitschnitt aller Reden bestaunt werden.

Solidaritaet statt Kommerz und Rechts 1

Fridays for Future (FFF) I

Liebe Genossis, liebe Mitstreitende, lieber Herr Phillip Hell von der Mittelbayrischen!

Wir stehen hier heute, leider nicht auf dem Emmeramsplatz, sondern am Schlosspark, u. A. um nicht gegen, sondern *für* die Vergesellschaftung des Schlosses St. Emmeram, samt Schlosspark, zu protestieren. Warum eigentlich? Warum stört es uns eigentlich so sehr, dass die Familie Thurn und Taxis ihr schönes Privatschloss mit Privatpark hat, welches sie alles für einen netten Obolus an Pegida-Peter Kittel vermieten können?

Was viele nicht wissen: Das Schloss St. Emmeram ist das Ergebnis einer Enteignung und Verstaatlichung eines Klosters durch den damaligen Diktator äh König von Bayern. Das hat der Thurn und Taxis Clan wegen ihrer guten Beziehung und ihrer Machtposition in den damaligen Clan-Strukturen bekommen, genauso wie die großen Mengen Wald, welche bis heute den Thurn und Taxis Clan zum größten Privatwald-Besitzer machen. Gut gelaufen für sie, Glückwunsch.

Nur besteht jetzt ein klitzekleines Problem: Das hübsche Schloss hat knapp 500 Räume und ist damit das größte bewohnte Schloss Europas. Alles in perfekter Lage, fußläufig zu den Öffis und der wunderschönen Altstadt. Das dachte sich auch der Thurn und Taxis Clan. Warum also nicht ein Luxushotel draus machen! Ist doch super, wenn das Riesen Schloss wieder genutzt wird. Zwar ist daraus nix geworden. Aber das bringt uns jetzt zum Kern der ganzen Geschichte:

Warum wollten Thurn und Taxis das Schloss zum Luxushotel machen? Und warum ist der Glühwein beim Thurn und Taxis Weihnachtsmarkt eigentlich so verdammt teuer????

Solidaritaet statt Kommerz und Rechts 2

Auch Frau TuT gab sich die “Ehre”, Foto: Herbert Baumgärtner

Die typischen Antworten sind dann entweder „Die sind einfach gierig!“ oder „Die müssen halt auch Geld verdienen“. Die erste Stimmt vielleicht, aber individualisiert das Problem. Die zweite stimmt, aber da drängt sich doch die Anschlussfrage auf: Warum müssen die überhaupt Geld verdienen? Ohne jetzt Pegida-Peter und Grusel-Gloria in Schutz zu nehmen. Aber es stimmt ja leider: Sie können Ihre Bedürfnisse und materiellen Wünsche ja nur erfüllen, wenn sie das Geld dafür haben. Und ich kann den Wunsch, mit einem schönen Kleid in einem Schloss zu sitzen ja auch wirklich nachvollziehen, wer nicht?

Also: Für fast jedes Bedürfnis, was man so erfüllen möchte, braucht man Geld. Essen, Wohnung, Kleidung, Medizin – die wirklich grundlegendsten Sachen. Die allermeisten Menschen haben schon Probleme das Geld für diese Bedürfnisse zusammenzukratzen. Bei manchen geht’s weiter: Die warme Dusche, ein schöner Mantel, mal nen Glühwein. Da hörts für viele auch schon auf. Außer man hat richtig Glück und wird in die richtige Familie geboren oder heiratet sich ein: Dann kann man auch im Schloss sitzen oder mit dem Golf-Kart durch die Altstadt fahren, anstatt sich zur Frühschicht zur Maloche schleppen zu müssen.

Ich hab jetzt mal eine ganz radikale Idee: Wie wärs, wenn wir erstmal schauen, dass alle Menschen die grundlegendsten Bedürfnisse decken können? Das rentiert sich sogar langfristig für alle! Denn dann können wir alle gemeinsam daran arbeiten, dass wir noch weitere Bedürfnisse decken können. Wie wärs also damit, wenn wir, anstatt, dass wir dafür Geld ausgeben müssen, einfach mal schauen, was wir alles so für Bedürfnisse haben, und dann anschließend so viel produzieren und verteilen, dass diese Bedürfnisse gedeckt sind? Da wird dann auch relativ schnell deutlich, dass es eine ganz schön beschissene Idee ist, wenn hunderte schöne Zimmer in bester Lage leer stehen. Oder ein Schlosspark nur alle paar Monate mal genutzt wird. Und das würde ja auch unsere gute Freundin Frau Thurn und Taxis freuen, schließlich hat sie sich noch im vergangenen Sommer beschwert, dass sie sonst immer alleine im Schloss ist. Also, Frau Thurn und Taxis: Verzagen Sie nicht! Wir werden uns darum kümmern, dass bald das ganze Haus wieder bewohnt ist, dass endlich gute Musik bei den dann immerwährenden Schlossfestspielen läuft und dass endlich der Glühwein beim gemütlichen Wintermarkt besser als je zuvor schmeckt: Weil er dann genau nix mehr kostet.

Also – Genossis – Weg mit dem ganzen Mist, den es nur braucht, damit wenige viel und viele nix haben. Beseitigen wir die Hürden, die uns daran hindern, dass wir in einer Welt leben, in der alle das bekommen, was sie brauchen, und das geben, was sie können. Und das, lieber Herr Hell, ist es, was ich persönlich meine, wenn ich „Vergesellschaftung“ fordere. Dankeschön.

Solidaritaet statt Kommerz und Rechts 3

Gut besucht: Erster “Romantischer” Weihnachtsprotest gegen Thurn & Taxis

Gloria von Thurn und Taxis – Welcome to Hell!

Prolog

Regensburg, du verschlafene Perle an der Donau. Zentrum überteuerter Mieten und Kulturangebote im Hamsterrad. Quell von Korruptionsskandalen und aufsteigenden Biosupermarktketten. Oh, du schöne neue Baumfreiheit! Ort naiver Spielereien: Ob ein narzisstisch, bajuwarisch anmutendes Museum oder eine Kongress-Beton-Wüste vor den Toren des Bahnhofs – die Phantasie des schlechten Geschmacks hat hier bisweilen Hausrecht. Regensburg, du von Staus und Baustellen ummantelte Oase. In und mit dir wird gestorben und gelebt. Ach Regensburg, regiert und gestaltet vom fiskalpolitischen Sachzwang sowie den zwanghaften Streben nach der Umsetzung der erstbesten Bachelor-Arbeit namenloser BWL-AbsolventInnen – ÖFFNE DEINE AUGEN!

Mitten unter uns hofiert Sie. Die “Fürstin” Gloria von Thurn und Taxis. Vor der Aufklärung geboren und stehengeblieben. Viel Wald und noch mehr Geld – sowie folgende Anekdoten: Gehe von uns!

Episode I

Der Katholik Prälat zog im Januar 2018 von Augsburg nach Regensburg – als Hausgeistlicher von St. Emmeram. Prälat Wilhelm Imkamp postulierte: „Die Klimaerwärmung hat ihren Grund, dass die Pforten der Hölle so weit geöffnet sind.“ Offensichtlich weht ein klimaleugnerischer Geist durch das alte Schloss. Dabei ist der Klimawandel eine der drängendsten Zukunftsfragen der Menschheit.

Episode II

Für eine Politikerin der AFD bekundet Gloria in ihrer Kolumne Sympathie: „Ich kenne jedenfalls Beatrix von Storch, eine geborene Prinzessin von Oldenburg, und sie ist seriös, ehrlich und engagiert.“ Unter dem Motto „Gemeinsam hetzt es sich leichter“ gestaltet sich ein fürstliches Kaffeekränzchen mit der namhaften Rechts-Außen-Scharfmacherin der völkischen und rassistischen Partei „AFD“ umso angenehmer.

Episode III

Seminare für Rechtspopulisten und alle, die es werden wollen, suchten 2018 in dem fürstlichen Schloss eine neue Heimat. Dem Spiegel-Korrespondenten in den USA verriet der Initiator Bannon (US-amerikanischer Rassist und Antisemit, welcher mitunter Donald Trump zum Amt des US-Präsidenten verhalf), dass er mit der AfD und mit Fürstin Gloria von Thurn und Taxis in Kontakt stehe. „Er hat Großes vor. Er wird die rechten Europäer dazu bewegen, den Staat in ihren Ländern zu zertrümmern“, heißt es in der Spiegel-Vorabmeldung des Magazins. Diese Kiste war Gloria dann aber doch zu heiß. Sie ließ es bei guten Gesprächen, einem gemeinsamen Abendessen mit dem Kardinal Müller und Bannon sowie einer weiterhin existierenden engen Verbindung mit besagtem Faschisten.

Episode IV

Das Bündnis „Demo für alle“, das von Hedwig von Beverfoerde koordiniert wird, kritisiert die schulische Frühsexualisierung von Kindern und die sogenannte Homoehe. Hedwig von Beverfoerde fabulierte auf der Demo: „Wir zeigen Flagge für das Grundrecht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder. Wir wollen, dass die ‚Sexualpädagogik der Vielfalt‘ und ihre schamverletzenden Methoden wieder aus den Schulen und Kitas verschwinden.“

An der Kundgebung nahm neben der Fronttransparent-tragenden Gloria von Thurn und Taxis der AfD-Landtagskandidat Benjamin Nolte teil. Dieser kritisierte, dass bereits Fünfjährige im Kindergarten und der Grundschule mit Themen wie Analsex und Darkrooms konfrontiert würden.

Nachwort

Wir vermuten, dass du, liebe Gloria, durch all deine Missetaten und menschenverachtende Propaganda eines Tages in der Hölle schmoren wirst (#Vermutung). Dies ist ein Privileg, welches nur überzeugte KatholikInnen, wie du eine zu sein scheinst, genießen dürfen. Wir allerdings werden dafür sorgen, dass die Versuche von dir und deinesgleichen, die Vorhölle auf Erden zu platzieren, auf massiven Widerstand stoßen werden. Für uns bist du nur ein vergängliches Symbol. Du stehst für all die Irrwege und Menschenverachtung, die rechte Kräfte derzeit in diesen Landen zu verwirklichen versuchen. Wir, die für Freiheit, Geist und Kreativität, für Solidarität und progressives Miteinander geboren wurden, sind der Sand in deinem morbiden Getriebe.

Tanzen wir den Widerstand. Tanzen wir den Reaktionären dieser Welt auf der Nase rum. Nehmen wir uns die Stadt und das Schloss zurück und bauen gemeinsam Stück für Stück eine solidarische und lebenswerte Zukunft auf, in welcher der Mensch sein Gegenüber nicht länger als Kompensationsmoment seiner biographisch implementierten Verzweiflung missbrauchen muss, um sich besser zu fühlen.

Kommen wir aus diesem Grunde ALLE jedes Jahr wieder zusammen. Donnern wir unsere Botschaften, Reden und Bässe durch die Gassen dieser Stadt. Viel Konsum für Nichts – viel Tanz um Alles! Wir haben eine Welt zu gewinnen! #AdelVergiftet

AG Bürger*innenasyl (BüSyl)

Kein Mensch ist illegal

Das Bürger*innenasyl Regensburg ist seit 2019 aktiv für Geflüchtete, die unmittelbar von Abschiebung bedroht sind. Neben Beratung bieten wir ein „Solidaritätszimmer“, in dem Geflüchtete untergebracht und versorgt werden können, bis sie nicht mehr von der Deportation ins Ausland bedroht sind. Getreu unserem Grundsatz „Kein Mensch ist illegal!“ konnten wir auf diese Weise in den vergangenen Jahren schon einige Geflüchtete vor der Deportation aus Deutschland bewahren. Wir wollen weiterhin dafür sorgen, dass überall da, wo Gesetze Geflüchtete für „illegal“ erklären, Menschenwürde und Menschenrechte siegen!

In den vergangenen Jahren und gerade in diesen Tagen müssen wir feststellen: Nationalismus, Militarismus, Rassismus und Krieg sind zurückgekehrt nach Europa und Deutschland. Ein wichtiger Grund dafür ist: Deutschland ist eine besitzbürgerliche “Demokratie”, in der die Interessen der Mehrheit (= Mittelschicht) die Politik bestimmen. D.h. Menschen, die kein oder zuwenig Interesse an Besitz und Konsum haben, oder Menschen, die nicht produktiv sind (z.B. Kinder, Alte, Behinderte, Flüchtlinge), werden im politischen Prozess nur dann berücksichtigt, wenn ihre existentiellen Grundbedürfnisse sich in profitable Geschäfte umwandeln lassen.

Die “Interessen der Mehrheit” der deutschen Bevölkerung aber sind seit langem geprägt durch Konsum- und Unterhaltungslust, durch schieren Egoismus, Geiz und einen wirklich unfassbaren Stolz auf “deutsche Abstammung und Herkunft”. Eine Demokratie dieser Ausprägung ist wirklich das letzte, was eine globale, menschliche Gesellschaft gebrauchen kann. Eine richtige, eine fortschrittliche und supranationale Demokratie lässt sich nur mit fortschrittlichen, aufgeklärten und global denkenden Menschen gestalten. Bis dahin ist es noch ein sehr weiter Weg, und die deutsche “Elite” in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sorgt derzeit dafür, dass der Weg immer länger wird.

Auch wenn wir in der Minderheit sind, wir sind nicht allein: Solidarity City Regensburg begreift sich als Teil des politischen Konzepts „Sanctuary City“, das der Sozialphilosoph Daniel Loick so beschreibt: „Sanctuary Cities sind Zufluchtsorte, in denen die soziale Infrastruktur nicht mehr an den Rechtsstatus, sondern an die sozialen Bedürfnisse der Menschen geknüpft ist. Konkret, etwa medizinische Grundversorgung oder Internet: Beides sollte man als Gemeingüter begreifen, die allen zur Verfügung stehen, unabhängig davon, wer sie sind und woher sie kommen. Kostenloses, stadtweites WLAN könnte eine Stadt einfach und kostengünstig umsetzen und würde damit ein zentrales Grundbedürfnis vieler Geflüchteter, die sich in der Stadt aufhalten, aufgreifen. Gleiches gilt für die Gesundheitsversorgung, erhältlich ohne Pass oder Versicherungskarte. Für solche lokalen Lösungen müssen dann auch auf der nationalen Ebene die Voraussetzungen geschaffen werden.

Ich sehe unsere Aufgabe darin, alle staatlichen Ausschlussmechanismen und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, ob in Form von Frontex oder Deportation, alle Formen der Dehumanisierung und Degradierung wie in den Lagern, überall zurückzudrängen, wo auch immer wir können.“ Im Namen von Bürger*innenasyl Regensburg bedanke ich mich bei allen Teilnehmern am heutigen „Romantischen Weihnachtsprotest“. Vielen Dank!

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Kreative Ideen wurden präsentiert, was mit dem Vermögen von TuT tausendmal Sinnvolleres angestellt werden könnte, Foto: Herbert Baumgärtner Foto: Herbert Baumgärtner

Fridays for Future (FFF) II

Klimakrise ist jetzt!

Die Klimakatastrophe hat sich über Jahrzehnte angebahnt. Jetzt ist sie da, unübersehbar. Menschen weltweit leiden unter den Folgen der vielfältigen Krisen, während Unternehmen wie Uniper, VW und Shell daran profitieren und Rekordgewinne einfahren.

Anstatt Klimakrise und soziale Ungerechtigkeit auf einen Streich zu bekämpfen und sich endlich von den fossilen Energien unabhängig zu machen, beschließt die Bundesregierung, Fracking-Gas zu importieren: Die Ampelregierung baut neue Flüssiggasterminals im Rekordtempo, um fossiles Gas zu importieren, aber um eine Windkraftanlage zu genehmigen, braucht es kistenweise Papierkram und elf Jahre Bearbeitungszeit? Ich glaub es hackt! Das Gas, für das die Terminals bestimmt ist, kommt aus Diktaturen oder es wird im globalen Süden durch Fracking gewonnen. Diese extrem umweltschädliche Methode zerstört ganze Ökosysteme, giftige Chemikalien gelangen ins Grundwasser und machen es ungenießbar, Menschen verlieren ihre komplette Existenz. Umweltschützer*innen aus indigenen Gemeinschaften, die sich dieser Zerstörung in den Weg stellen, werden verfolgt und ermordet. Ihr Land wird zur Profitmaximierung der fossilen Konzerne vergiftet und verwertet. Ist das gerechtfertigt, anderen Menschen ihr Wasser zu vergiften? Nur weil einige Konzernchefs aus dem globalen Norden damit unfassbar viel reicher werden? Fossile Energie ist immer neokolonial. LNG ist keine Ausnahme! Sauberes Gas ist eine dreckige Lüge!

Wir rasen auf eine 2,4-Grad-Welt zu. Dabei bedeutet bereits 1,5 Grad Erwärmung: Hitzewellen mit hunderttausenden Toten, Überflutungen, Ernteausfälle, Nahrungsmittelknappheit, Verteuerung. 1,5 Grad ist bereits ein richtig schäbiger Kompromiss. Schlimm genug, dass wir es soweit kommen lassen. Noch drastischer darf es nicht werden.

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Was nie fehlen darf: ein lustiges Wurfspiel gegen alles, was rechts ist, Foto: Herbert Baumgärtner

Und an diesem Punkt müssen wir über Privilegien reden. Denn welche Privilegien wir haben, das ändert unseren Blick auf 1,5 Grad. Privileg oder Macht bedeutet, Möglichkeiten zu haben. Ich bin weiß, deshalb hab ich die Möglichkeit, Racial Profiling durch die Cops zu entgehen. (Was nicht heißt, dass ich nie Probleme mit denen bekomme, aber jedenfalls nicht entlang von rassistischen Machtstrukturen). Ich habe einen europäischen Pass, deshalb hab ich die Möglichkeit, nahezu überallhin zu reisen oder auszuwandern.
Den meisten Menschen weltweit ist das unmöglich, dank einem den Erdball umspannenden Machtsystem aus Grenzen. Selbst wenn es auch hier in Europa bald richtig ungemütlich wird, wenn uns Hitzewellen und Überschwemmungen in ungeahntem Ausmaß betreffen, dann können wir uns dank unserer Privilegien (z.B. Geld) immer noch Klimaanlagen leisten, Wasseraufbereitung bezahlen, oder einfach umziehen in angenehmere Gegenden.

Weltweit am stärksten betrifft die Klimakatastrophe Menschen, die ohnehin benachteiligt sind: Frauen und Queers, oder Menschen, die von der Gesellschaft behindert werden, Geflüchtete, arme Menschen, Menschen in Gefängnissen, von Rassismus Betroffene, und andere Gruppen, die in den aktuellen Machtstrukturen ausgegrenzt, unterdrückt und benachteiligt werden. Vor allem alle Menschen, die ausgebeutet werden in neokolonialen Strukturen. Menschen, die NICHT einfach ihre sieben Sachen packen und in ein Flugzeug nach Europa steigen können, weil sie kein Visum bekommen. Weil sie dieses Privileg eines deutschen Passes eben NICHT haben. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele:

  • Wie die Ausbeutung und Zerstörung der Frackingindustrie indigene Communities besonders betrifft, habe ich schon erwähnt.
  • Bei Naturkatastrophen, die durch die Klimakrise wesentlich häufiger werden, sind benachteiligte Menschen besonders gefährdet.
  • Wenn das Trinkwasser knapp wird, bedeutet das für diejenigen, die für Kinderpflege, Kochen und Haushalt zuständig gemacht werden, mehr Aufwand und Probleme – oft sind das Frauen* und Mädchen.
  • Frühwarnsysteme bei Überflutung funktionieren oft über SMS und stehen somit nur denen zur Verfügung, die lesen können – also denen, die zur Schule gehen konnten, was statistisch gesehen häufiger männlich sozialisierte Menschen sind.
  • Auf der Flucht sind marginalisierte Menschen, zum Beispiel queere oder behinderte Menschen, häufig besonders von Gewalt betroffen.
  • Aber auch im globalen Norden gibt es zahlreiche Beispiele: Wer nach einem Hurricane wie Catrina sein Haus verliert und keine Versicherung hat – also z.B. arme Menschen – steht vor dem finanziellen Ruin. Reiche haben natürlich nicht nur eine Versicherung, die ihnen den Schaden bezahlt, sondern auch ein paar weitere Häuser in anderen Stadtteilen oder einem anderen Land.

Die Klimakatastrophe betrifft uns am Ende alle. Sitzen wir also alle im selben Boot? Naja, manche haben halt ne Privatjacht, ne? Andere hingegen werden von Frontex vom Schlauchboot gestoßen.

Wir hier im reichen Europa verschließen unsere Tore vor denen, die ihr Zuhause und alles zurücklassen mussten, weil sie vor Krieg, Hunger und Verfolgung fliehen. Europa lässt wissentlich und willentlich Menschen im Mittelmeer ertrinken. Bereits jetzt fordert das weltweite System aus Grenzen zehntausende Menschenleben jedes Jahr. Wenn infolge der Klimakatastrophe ganze Landstriche unbewohnbar werden, steigt die Zahl derer, die ihr Zuhause verlieren und fliehen müssen.

Wenn wir eine gerechtere Welt wollen, müssen wir sie erstreiten, sie wird nicht vom Himmel fallen. Dafür müssen bestehende Machtstrukturen verändert werden. Um unsere Lebensgrundlage zu retten, können wir nicht dieselben Werkzeuge verwenden, die uns in diese verzwickte Lage gebracht haben. Ein „weiter so“ unter etwas grüneren Vorzeichen wird uns nicht retten. Wir brauchen eine radikale Kehrtwende – nicht nur Energiewende, Wärmewende, Mobilitätswende – sondern eine grundlegende Demokratisierung. Die Ausbeutung des globalen Südens durch Konzerne und Staaten des Nordens muss ein Ende haben. Lasst uns die vielfältigen Mechanismen der Unterdrückung wie Rassismus, Ableismus, Ageismus, Klassismus und Patriarchat überwinden und zu einer gerechteren Gesellschaft aufbrechen! Es geht um alles. Um unser Überleben, um Gerechtigkeit, das gute Leben für alle.

Deshalb sagen wir: System Change not Climate Change!

Wir streiken für eine bessere Welt. Eine Welt, in der für alle genug zu essen da ist, in der kein einziger Mensch mehr aus deren Heimat vertrieben wird, nur weil fossile Energiekonzerne das wollen. Eine Welt, in der nicht von Geburt an feststeht, welche Chancen du hast oder nicht hast. Eine Welt, in der kein Kind mehr in Armut aufwachsen muss, während andere mit fossilen Verbrechen immer reicher werden. Eine Welt, in der kein Wohnhaus mehr für einen Braunkohletagebau abgerissen wird. Eine Welt, in der Menschen frei reisen können, egal, wo sie geboren wurden. Eine Welt, in der das Leben respektiert wird.

Eine andere Welt ist möglich!


Videomitschnitt der Reden des Weihnachtsprotests

Kommentare

  1. dfhsj

    D.A.N.K.E. für euren ehrenamtlichen Einsatz zum Wohle von uns Allen.

    TROTZ KÄLTE, wollten wir gar nicht mehr heimgehen….anregender und nachdenklicher Gedankenaustausch, statt Vernebelung der Gedanken durch Konsumrausch. Wie 10 Meter weiter bei Fürstin in Ihrem unverschämt teuren Weihnachtsmarkt fokussiert.

    !EIN GELUNGENER KONTRAST!
    Friedliche Stimmung, mit Liebe gekochtes Essen und Trinken, für ALLE kostenlos. Ein Miteinander, wie sich das jeder Einzelne von uns wünscht.
    WOW!

    …auf dem Nachhauseweg haben “Gloriabesucher” diesen solidarischen Weihnachtsmarkt als “warmherzig und Sínn stiftend” bezeichnet, eben das, was sie bei der Fürstin vermissten…

  2. Petra Panzer

    Eure Gegenveranstaltung muss sehr anregend gewesen sein! Danke, dass ihr sowas macht!
    Wo/wie komme ich denn vorher an solche Termine? Würde da gerne teilnehmen, bin aber relativ neu in Regensburg und außer diesem Netzwerk habe ich keine Kontakte.
    Danke für eine Antwort!
    Petra

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