Infostand 04.03.2020:
Festnahmen finden in jedem Raum des Abschiebelagers statt

infostandsommer2017Auch heute erfahren wir von den Geflüchteten vieles, was normalerweise nicht nach außen dringt.

So erhalten manche Geflüchtete inzwischen sehr schnell ihre Ausreiseaufforderung und darauffolgend die Kürzung ihres Bargeldbetrages auf 6 € / Monat, sowie die Reduzierung der Sachleistungen. Einer Geflüchteten wurden ihre Leistungen schon nach einem Monat gekürzt.

Abgeschoben wird im Abschiebelager scheinbar aus allen Behörden und Zimmern. Es wird uns von mehrfachen Abschiebungen auf der Ausländerbehörde berichtet, was uns nicht überrascht. Wiederholt hatten die Geflüchteten Briefe mit Terminen bei der Behörde, die dann die Polizei angerufen hat, um die Betroffenen zur Abschiebung festnehmen zu lassen.

Die Frau, die nach ihrer Abschiebung wieder in die BRD eingereist ist und von der wir mehrfach berichtet haben, ist inzwischen wieder in die JVA Regensburg verlegt worden. Wir hoffen weiterhin auf ihre Freilassung. Nachdem sie von ihrer Abschiebung nach Frankreich zurückgekehrt war, ist sie zur Ausländerbehörde gegangen, um dort von dem Aussetzen auf der Straße in Frankreich zu berichten. Wieder zurück in der Zeißstraße wurde sie von der Security aus ihrem Zimmer geholt, weil sie in das Büro entweder der Ombudsfrau oder daneben kommen sollte. Die Ombudsfrau selbst war nicht anwesend, jedoch eine andere Frau. Als die Geflüchtete ankam, hat die Ausländerbehörde angerufen und angeblich gesagt, dass sie für ein Interview gebraucht werde. Deshalb wurde ihr mitgeteilt, sie solle in diesem Büro warten, jemand vom BAMF käme dann zu ihr. Stattdessen ist aber die Polizei gekommen und hat sie festgenommen und in die JVA Regensburg gebracht – alles weitere ist bekannt. Für die Geflüchteten im Ankerzentrum gibt es keinen Raum, in den sie bedenkenlos gehen können. Die Maschinerie des Abschiebelagers funktioniert so reibungslos wie von den politisch Verantwortlichen geplant.

Weiter berichten uns Geflüchtete, dass Abschiebungen nach Italien wegen des Coronavirus momentan nicht durchgeführt werden. Dies ist auch amtlich bestätigt worden – seit Ende Februar und voraussichtlich bis Ende März sind Abschiebungen auf Grundlage der Dublin III-Verordnung nach Italien ausgesetzt. Die italienischen Behörden hätten sich aufgrund der Verbreitung des Coronavirus dazu entschieden, dass in Italien keine Zielflughäfen angeflogen werden könnten.

Und dann erfahren wir Dinge, welche uns aufs Neue nahezu fassungslos werden lassen und abermals eine beispiellose Form der Absurdität und Widersprüchlichkeit im Vorgehen deutscher Asyl- und Ausländerbehörden offenlegen.

Es geht um einen Menschen, der uns frustriert seine ausweglose Situation zu erklären versucht und seine Geschichte erzählt. Er schildert uns wie es soweit kommen konnte, dass er nunmehr seit fast einem halben Jahr in den miserablen Umständen des Abschiebelagers ausharren muss, obwohl er kein Asyl in Deutschland begehrt und am liebsten so schnell wie möglich ausreisen würde. Eigentlich, so erzählt er uns, versucht er gerade alles dafür zu tun, schnellst möglich nach Norwegen auszureisen, wo er vor neun Jahren Asyl erhielt, daraufhin studierte, lebte und wo er eigentlich kurz vor dem Erhalt der dortigen Staatsbürgerschaft gestanden hat. Gefangen in Deutschland ist er, seitdem bei einem Besuch eines Bekannten in Frankfurt im Sommer letzten Jahres sein Pass und andere wichtige Reisedokumente abhandenkamen. Mittellos wurde er von den Behörden nach Regensburg gebracht und findet dort seither keine Möglichkeit nach Norwegen zurückzukehren. Weder die norwegische Botschaft in Berlin und noch weniger die Ausländerbehörde in Regensburg, welche alle Informationen über seine Daueraufenthaltserlaubnis in Norwegen vorliegen hat, ermöglichen ihm die Ausstellung der nötigen Papiere, ohne die eine Rückreise momentan unmöglich ist.

Welch unglaublich beschämende Konstrukte diese Staatsgrenzen doch sind!

– No Border, No Nation

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