Demoanreise mit Hindernissen:
Ein Augenzeugenbericht über den Umgang der Polizei mit der Versammlungs- und Meinungsfreiheit.

Vorgeschichte: Am 31. Mai 2017 sorgte ein Polizeieinsatz in Nürnberg für bundesweite Schlagzeilen. Polizeibeamte versuchten unter Einsatz massiver Gewalt einen 20-jährigen Afghanen aus einer Berufsschule heraus abzuschieben. Dies konnten die Mitschüler*innen glücklicherweise verhindern. Einer der solidarischen Schüler wurde während der Tumulte jedoch verhaftet. Am Freitag, den 27. Oktober, gab es in Nürnberg eine große Solidaritätskundgebung für den in Untersuchungshaft sitzenden Berufsschüler. Daran beteiligten sich auch Gruppen und Personen aus Regensburg. Hier ein Bericht über Vorkommnisse während der Anreise, der Recht auf Stadt übermittelt wurde.

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Auf dem Weg zum Zug in Regensburg wurden Personen aus unserer Gruppe von zwei Bundespolizisten betont freundlich auf ihre Weiterreise angesprochen. In Anbetracht dessen, dass jeder Mensch sich frei bewegen kann wohin er will, war das schon eine Frechheit. Aufgrund des „kumpelhaften“ Getues der Beamten ist dann doch die Info durchgekommen, dass die fröhliche und bunte Gruppe nach Nürnberg zur dortigen Demo fahren wolle. So weit so gut erst mal. Die Beamten beobachteten noch bis zur Abfahrt des Zuges aus einiger Entfernung unsere Gruppe.

In Nürnberg angekommen, standen schon am Bahngleis die ersten Beamten in Kampfmontur und suchten sich die Regensburger Gruppe heraus. Im Verbindungstunnel zum Bahnhofsgebäude wurden dann fast alle von uns von martialisch ausgestatteten USKlern eingekreist und zum Stehenbleiben aufgefordert. Der verantwortliche Einsatzleiter hatte die ganze Zeit über ein süffisantes Lächeln aufgesetzt, das wohl mitteilen sollte: Hier herrsche Ich! Entsprechend trat er auf. Auf die Frage aus der Gruppe, warum das jetzt sein müsse, antwortete er: “Ich müsste nicht – aber ich kann!“

Als erstes wurden alle eingekreisten Menschen von den ca. 12 Uniformierten einzeln herausgeholt und kontrolliert. Die Kontrollierten wurden der Reihe nach an die Wand gestellt, während die restlichen Personen im Kreis von den schwarzen Kampfmaschinen immer weiter zusammengedrängt wurden. Das alles war sehr bedrohlich und man hatte durchaus den Eindruck, dadurch sollten eventuell Reaktionen der Bedrängten provoziert werden.

Bei der Einzelkontrolle zeigte sich aber auch große Nervosität auf Seiten der meist noch recht jungen Beamten: „Hände aus den Taschen! Ich fühle mich bedroht!“ oder „Ich sehe in Ihren Rucksack und Sie lassen die Hände aus den Taschen!“ Immer wieder wurde kurz und knackig gebellt: „Stehenbleiben!“ oder „Den Ausweis!“.

Für die Umstehenden und Vorbeilaufenden musste diese Szenerie fast schon wie ein Erschießungskommando gewirkt haben, so wie da alle an der Wand aufgereiht gestanden haben. Da sich alle beteiligten Demoteilnehmer*innen bis zum Ende der Kontrolle ruhig verhielten, musste der nun nicht mehr lächelnde, sondern ziemlich grimmig dreinblickende Einsatzleiter die Gruppe ziehen lassen. Bis auf eine beschlagnahmte Fahrradmütze konnte der Gruppe aus Regensburg nichts angehängt werden.

Diese Aktion der Polizei Bayern zeigt, wie schon im Vorfeld einer Kundgebung die Teilnehmer*innen drangsaliert werden. Was erhofft man sich dadurch? Ein Abreisen einzelner Gruppen? Anhängen von Straftaten, um Protestierende als Gewalttäter*innen abzustempeln? Auf jeden Fall erzeugen derartige Aktionen Angst und führen zur Repression der freien Meinungsäußerung und der Solidarität mit Menschen, die ebenfalls Repressionen ausgesetzt sind. Es ist eine Zermürbungstaktik.

Später haben wir erfahren, dass es den Genoss*innen aus München ähnlich ergangen ist.

Ferdinand Frei

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