Offene Antwort auf Antwort von Amtsgericht:
Bedenkliche Rechtspraxis bei Mietrechtsangelegenheiten II

Anfang August veröffentlichte Recht auf Stadt einen Artikel, in dem verschiedene Urteile in Mietrechtsverfahren vor dem Amtsgericht Regensburg angeprangert wurden. Der betroffene Mieter wandte sich in einem offenen Brief an den Leiter des Amtsgerichts Dr. Harald Müller. Darin forderte er unter anderem die Überprüfung von Urteilen durch eine unabhängige Stelle. Dr. Harald Müllers Antwort war erwartbar nichtssagend. Wie der Mieter dem Amtsgerichtsdirektor dessen Antwort um die Ohren haut, dokumentieren wir selbstverständlich ebenfalls wieder gerne.

Amtsgericht

Amtsgericht Regensburg
z.H. Dr. Harald Müller, Direktor des Amtsgerichts
Augustenstrasse 3
93066 Regensburg

Sehr geehrter Herr Dr. Harald Müller,

Sie schreiben in Ihrer Antwort auf meinen offenen Brief vom 18.08.2020:

“Ich nehme es sehr ernst, wenn ein Bürger sich direkt an die Behördenleitung wendet.”

Mit Verlaub, ich kann keinesfalls feststellen, dass Sie es “sehr ernst” nehmen, wenn sich ein Bürger direkt an die Behördenleitung wendet. Im Gegenteil. Schon im nächsten Satz wischen Sie die Bedenken des Bürgers bedenkenlos beiseite und fordern diesen auf, sich Ihrer Sicht der Dinge anzuschließen.

“Bei aller Verärgerung, die ich glaube aus Ihrem Schreiben entnehmen zu können, bitte ich Sie auch Folgendes zu berücksichtigen:”

Sie, der Sie mein Schreiben “sehr ernst” nehmen, können diesem nicht mehr entnehmen als “Verärgerung”? Nun ist jedoch in meinem Schreiben kein Wort der “Verärgerung” zu finden, sondern ich teile Ihnen mit nüchternen Worten meinen Eindruck von der Verfasstheit des Regensburger Justizwesens mit, belege meine Eindrücke mit Anlagen und mache Vorschläge zur Verbesserung. Ihr Urteil ist ein Vorurteil. Statt sachlich auf den anderen einzugehen, wird dem anderen eine bloße Gefühlswallung unterstellt. Ich hätte mehr Seriosität von einer Behördenleitung erwartet.

“In Zivilverfahren liegt es in der Natur der Sache, dass bei einer streitigen Entscheidung regelmäßig eine Partei obsiegt und die andere Partei unterliegt.”

Ich danke Ihnen sehr herzlich für diesen Kalenderspruch. Und ich Dummerjan dachte, die Natur der Sache eines Zivilverfahrens sei, dass es Gesetze und Regeln gibt, die angewandt werden. Stattdessen scheint gewürfelt zu werden, mit zufällig diesem oder jenem Ergebnis. Allerdings wird nach meiner Erfahrung mit manipulierten Würfeln gerichtet.

“Nach Ihren Schilderungen sind sie in der Vergangenheit aus den geschilderten Mietrechtsstreitigkeiten eher als unterliegende Partei hervorgegangen. Zumindest im letzten, noch nicht rechtskräftigen Verfahren wurde jedoch auch ein erheblicher Teil der Klage abgewiesen.”

Das ist mir neu, dass ein “erheblicher” Teil der Klage abgewiesen worden sei. Die Richterin hat auf Räumung entschieden und das ist allerdings “erheblich”. Mit Verlaub, Ihr Versuch, ein derart verheerendes Urteil für einen Mieter, der nach 34 Jahren seine Heimat verliert, schönreden zu wollen, grenzt an Zynismus.

“Guter rechtsstaatlicher Tradition folgend ist die Mehrzahl der Zivilrechtsverfahren mit einem Rechtsmittel überprüfbar. So haben auch Sie nach Ihren eigenen Angaben das Rechtsmittel der Berufung ergriffen. Darüber wird das Landgericht Regensburg zu entscheiden haben.”

Hat es. Meine Berufung soll nach § 522 Abs. 2 ZPO wegen mangelnder Erfolgsaussichten ohne weitere Überprüfung eingestellt werden. Das nenne ich die “gute rechtsstaatliche Tradition” Regensburger Gerichte, wie ich sie kenne.

“Keinesfalls haben die Richterinnen und Richter in Mietrechtssachen den Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ angewandt.”

Stimmt! Genauso habe ich es geschrieben. Im Zweifel wird nie für den Angeklagten, der in aller Regel der Mieter ist, sondern für den Klagenden, den Vermieter, entschieden. Leider scheint Ihr Satz nicht von Erkenntnis geschwängert, sondern ein Verschreiber zu sein, jedoch ein überaus aufschlussreicher freudscher.

“In Zivilverfahren gibt es keinen Angeklagten, sodass die Mietpartei als solches dafür nicht in Frage kommt.”

Wo es Kläger gibt, gibt es auch Angeklagte. Aber geschenkt. Ich kenne die recht eigenwillige, justizielle Sprachregelung. Meine Erfahrung ist jedoch, dass ich als Mieter nicht gleichberechtigt behandelt werde, sondern mich stets als der angeblich Schuldige verteidigen muss. Sie haben doch immerhin das Räumungsurteil gelesen. Wem wird darin die Schuld gegeben? Obwohl meine Vermieter nicht einmal in der Klage (!) die richtige, gerichtlich festgestellte Miethöhe anzugeben vermochten, geschweige denn in den Mieterhöhungsbegehren, verlangte die Richterin von mir, die richtige Miethöhe zu eruieren. Und wie? Ich hätte bei den Vermietern nachfragen sollen …

“Diejenige Partei, die einen Anspruch geltend macht, hat regelmäßig die Beweislast für die zugrundeliegenden Tatsachenbehauptungen. Wenn eine Vermietpartei daher Ansprüche gegen einen Mieter durchsetzten möchte, muss sie alle dafür notwendigen Tatsachen behaupten und im Bestreitensfall auch beweisen. Nur dann kommt es zu einer die beklagte (Miet-)Partei belastenden Entscheidung.”

Willkommen im Wolkenkuckucksheim, oder, wie Pipi sagen würde: Ich mach’ mir die Welt, Widdewidde wie sie mir gefällt. Wenn das wirklich so wäre, wie Sie behaupten, dann erklären Sie mir bitte einmal, warum ich trotzdem geräumt werden soll, obwohl jede einzelne der aufgestellten Tatsachenbehauptungen in der Klage, angefangen bei der Miethöhe bis zu den Nebenkosten, nachweislich falsch ist? Sie kommen nicht darauf? Ich erläutere es Ihnen: Weil Richter*innen sehr wenig über die Rechte von Mieter*innen wissen und ansonsten nach dem Motto verfahren: Im Zweifel gegen (!) den Angeklagten.

Sie glauben mir nicht? Sollten Sie auch nicht, denn Sie sollten sich vielmehr vergewissern. Ich bitte Sie daher, meine kürzlich eingereichte Beschwerde gegen die Verweigerung von Prozesskostenhilfe und meinen Befangenheitsantrag gegen die §-522-Abs.-2-ZPO-Richter*innen zu lesen. Apropos Prozesskostenhilfe:

“Die Entscheidung über die Gewährung bzw. die Nichtgewährung von Prozesskostenhilfe kann regelmäßig ebenso wie die Entscheidung der Hauptsache auch im Instanzenzug und damit von einer unabhängigen Stelle überprüft werden.”

Welche “unabhängige Stelle” meinen Sie? Richter*innen, die Entscheidungen von Kolleg*innen überprüfen, sind keine unabhängigen Dritten, sondern sozusagen Polizist*innen, die Polizist*innen kontrollieren. Wie gut das funktioniert, wissen informierte Nichtrichter*innen.

Und wie soll ich als Laie eine überprüfenden Richtsperson ohne Rechtsanwält*in mit der nötigen juristischen Raffinesse überzeugen? In Regensburg braucht es schon anwaltlichen Beistand, um überhaupt Prozesskostenhilfe zu bekommen, den mensch sich aber erst leisten kann, wenn mensch Prozesskostenhilfe bekommt. Ein juristischer Laie erkennt sofort, dies ist offenkundig absurd. Ein juristischer Laie erkennt auch sofort, dass dies sicher nicht im Sinne des Erfinders respektive des Grundgesetzes ist, das die rechtliche Gleichstellung auch ärmerer Mitbürger*innen garantiert.

Zu einem Skandal wird das ganze, wenn der Entscheid über Prozesskostenhilfe als bequemes, vorweggenommenes Urteil missbraucht wird. Geradezu exemplarisch wird dies in dem bereits erwähnten “Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 ZPO” von den Richter*innen vorexerziert. Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ist hier Bestandteil der Ablehnung meiner Berufungsklage. Ergo: Um die Berufung zu erreichen, muss ich zuerst Prozesskostenhilfe erstreiten. Ich muss also das Urteil, das § 522 Abs. 2 ZPO darstellt, anhand meines Widerspruchs gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe widerlegen – und zwar ohne (!) anwaltliche Hilfe.

“Ihre Einschätzung, dass es den erstinstanzlich urteilenden Richtern an Kompetenz mangele, teile ich daher in keinster Weise. Ganz im Gegenteil gehe ich davon aus, dass auch die vorangegangenen Mietrechtsstreitigkeiten kompetent entschieden wurden, zumal sie ja offensichtlich auch letztinstanzlich nicht anders endeten.”

Die inkompetenten, erstinstanzlichen Urteile konnten nicht letztinstanzlich überprüft werden, da der Streitwert unter der Berufungsgrenze lag. Vorsorglich hatten mir die Richter auch keine Prozesskostenhilfe gewährt, damit ich auch erstinstanzlich maximal rechtlos dastehe.

Nun zu behaupten, alles sei paletti, weil die Verfahren gegen den Angeklagten, sorry, gegen den Beklagten, auch “letztinstanzlich” nicht anders entschieden worden seien, ist schon etwas weltfremd, um nicht zu sagen ignorant, finden Sie nicht?

Vielleicht erinnern Sie sich? Für diese “berufungsfreien” Verfahren, bei denen der Streitwert unter 600 Euro liegt, habe ich die statistische Evaluierung gefordert. Hier ist verständlicherweise die Versuchung für Richter*innen besonders groß, es mit dem Recht zuungunsten der Mieter, wie ich erleben durfte, nicht so genau zu nehmen, da ja keine Überprüfung dräut.

“Die Überprüfung richterlicher Entscheidungen im Instanzenzug ist auch ein Ausfluss richterlicher Unabhängigkeit. Weil die Richter unabhängig sind, können Ihre Entscheidungen nur von den Instanzgerichten überprüft werden. Daher bin ich als Behördenleiter auch aus Rechtsgründen gehindert, in diese Überprüfung einzugreifen.”

Toll, diese richterliche Unabhängigkeit. Ich bin ja auch voll dafür, nur sollten sich Richter*innen nicht unabhängig von Sinn und Zweck der Gesetzgebung machen. Rechtswidrige Urteile sind rechtswidrige Urteile sind rechtswidrige Urteile. Und natürlich können Sie sehr wohl eine statistische Evaluierung veranlassen, Sie wollen aber offensichtlich nicht. Warum muss ich gerade an Seehofer denken?

“Der Inhalt und Umfang der jeweiligen Justizstatistiken wird vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz festgelegt.
Die Anzahl aller Mietverfahren ist bekannt. Darüber hinaus werden die Daten nicht gesondert erhoben, was offensichtlich als nicht notwendig erachtet wird.”

Offensichtlich. Und schon wieder kommt mir Seehofer in den Sinn. Was hat dieser, der eine Studie über Rassismus in der Polizei “offensichtlich als nicht notwendig erachtet”, weil Rassismus ja schließlich verboten ist und es sowieso keinen Rassismus in der Polizei gibt, mit der Tendenz Ihrer Darstellung zu tun, dass eine statistische Erhebung “offensichtlich als nicht notwendig erachtet” wird, weil ja eh alles in schönster Ordnung ist in der Justiz. Ich komme nicht drauf. Können Sie mir weiterhelfen?

“Ich glaube auch nicht, dass sich aus der bloßen Quote des Unterliegens von Mietern oder Vermietern gültige Rückschlüsse auf die Qualität der zugrunde liegenden Entscheidungen ziehen lassen.”

Ich glaube schon. Aber was zählt schon meine Meinung. Ich bin ja nur ein Mieter.

(Unterschrift)


Am 21.10.2020 antwortete Amtsgerichtsdirektor Dr. Müller ein letztes Mal:

Sehr geehrter Herr …

Ihr Schreiben vom 15.10.2020 ist am 19.10.2020 bei mir eingegangen.
Sie schildern erneut umfänglich, was Ihnen am Verlauf von Zivilverfahren am
Amtsgericht in Regensburg nicht gefallen hat bzw. gefällt.
Mit meinem Schreiben vom 31.08.2020 habe ich Ihnen aus meiner Sicht
umfassend geantwortet.
In Ihrem Schreiben vom 15.10.2020 führen Sie sinngemäß aus, dass bei
Entscheidungen mit (manipulierten) Würfeln zufällige Ergebnisse gefunden
werden und bei Verfahren mit geringen Streitwerten es die Richter/- innen nicht so
genau nehmen würden.
Auch in Ihrem jetzigen Schreiben führen Sie aus, dass Sie kürzlich eine
Beschwerde gegen die Verweigerung von Prozesskostenhilfe und
Befangenheitsantrag gegen die § 522 Abs. 2 Richter/-innen eingereicht haben.
Dies zeigt, dass Sie sehr wohl in die nächste Instanz gegangen sind. Wenn Sie
übergeordnete Instanzen eben nicht “als unabhängige Dritte, sondern sozusagen
als Polizistinnen” auffassen, ist das Ihre Sicht der Dinge, die nicht mit dem
rechtsstaatlich vorgesehenen Instanzenzug übereinstimmt.

Ihrer Justizschelte trete ich weiterhin entschlossen entgegen.
Weiteren Anlass, zu dem Konglomerat von Annahmen und eigenständigen
Schlussfolgerungen Stellung zu nehmen, sehe ich jedoch nicht mehr.
Ich werde daher auch weitere Anschreiben in dieser Sache nicht mehr
beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Müller
Direktor des Amtsgerichts

Kommentare

  1. Jürgen

    Viele Gefühle empfand ich beim Lesen. Amüsement, Freude über die Ironie, dem satirischen bis fast zynischem Klang des Textes, auch über die Treffsicherheit.
    Allerdings auch das Déjavu des ganzen Verfahrens, und daraus resultierte eben auch das Gegenteil, das negative Empfinden. “Mißfallen” und Verachtung bis zu Abneigung, Wut, vielleicht sogar Hass.
    Und, selbst in zahlreichen Varianten erlebt, fast schon diese Hoffnungslosigkeit, ausgelöst durch Ignoranz und Verachtung durch das “System”.
    Die Selbstherrlichkeit in diesem Falle der Justiz konnte ich schon mehrfach genießen. (Behörden aller Varianten spielen diese Macht gerne aus.)
    Der Richter hat trotz der überwiegend ausgezeichneten Idee des Grundgesetzes noch immer, im wahrsten Wortsinn, Narrenfreiheit.
    Oftmals scheint es seine Aufgabe, ein Urteil zu sprechen und damit das Recht zu fällen.
    Und dies eben nicht pro reo, sondern pro pecunia. Vergleichbar zum Wilden Osten oder der legendären Bananenrepublik (und vielen anderen Orten).
    Allerdings: auch zukünftig werde ich mir noch den Spaß machen und alles in dieser Richtung mit allen möglichen Mitteln anzugreifen.
    Auch wenn das Erfolgserlebnis manchmal nur ist, dem “Mich-Angreifer” viel zusätzliche Arbeit, Schwierigkeit, Ärger und Aufsehen zu verschaffen.

  2. Aufklärer

    Ich bin zufällig auf die Artikel gestoßen und bin fern jeglicher Kenntnis über die Regensburger Rechtsprechung. Natürlich bin ich teilweise auch erschrocken über manches Fehlurteil, allerdings wird hier meines Erachtens übersehen, dass die Richter nicht nach Sympathie entscheiden, sondern sich an das Gesetz zu halten haben. Überwiegend gelingt das nach meiner Auffasung doch überwiegend gut.

    Meine Anmerkungen zu den Prozessen:

    Urteil 1: Der Sachverhalt ist kurz dargestellt. Nach der Schilderung ist das Urteil tatsächlich falsch, aber rechtskräftig.

    Urteil 2: Hier kann nach dem SV nicht auf ein Fehlurteil geschlossen werden. Nach der Schilderung het es offenbar um einen erhöhten Wasserverbrauch, dessen Ursache nicht ganz klar war, was leider immer wieder passiert. Dass diese kalge wegen Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot o.ä. abgewiesen hätte werden müssen, ist danach falsch. Wenn der Mehrverbrauch laut Zähler gemessen wurde und man keinen Fehler nachweisen kann , sieht es leider oft schlecht aus (das ist ein Fall von ggf. Recht haben, aber nicht Recht bekommen – dafür kann das Gericht aber nichts).

    Der Räumungsprozess:

    1.“Nicht plausibel im Hinblick auf eine Mietminderung ist der nachgeschobene Vortrag der beklagten Partei, eine Minderung werde nunmehr auf das Fehlen einer Heizung gestützt, (…) Es ist angesichts der Dauer des Mietverhältnisses davon auszugehen, dass dem Beklagten dieser Umstand bei Vertragsschluss bekannt war.”

    Merke: Wenn ein Mieter sich wehrt, bekommt er zum Schaden auch noch den Spott. Das Fehlurteil aus Prozess 1 wird völlig ignoriert. Stattdessen wird dem Mieter unterstellt, er wäre zu blöde um zu checken, dass seine Wohnung beim Einzug keine vom Vermieter gestellte Heizung hatte.

    -> Dass man nach mehr als 30 Jahren Mietverhältnis ohne Heizung nicht plötzlich eine Minderung wegen fehlender Heizung vornehmen kann, sollte eigentlich einleuchten. Damit hat urteil 1 eigentlich auch wenig zu tun und das gericht kann es im Übrigen nicht ignorieren, weil es rechtskräftig ist.

    2. “Angesichts des Vergleichsschlusses war der Beklagte verpflichtet, die Rückstände für den Zeitraum November 2017 bis Mai 2018 unverzüglich nach dem 18.05.2018 zu begleichen. (…) Selbst wenn der Beklagte nach Vergleichsschluss der Meinung gewesen sein sollte, es ergäbe sich im Rahmen der Betriebskostenabrechnung ein Rückzahlungsanspruch, so ist ein solcher erst mit Zugang der Betriebskostenabrechnung fällig.”

    Merke: Allein der Mieter ist verpflichtet. Die Eigentümer können machen, was sie wollen. Selbst wenn diese nicht mal zwei Wochen später alle Vergleichsvereinbarungen fröhlich über Bord schmeißen, muss der Mieter klaglos und vor allem unverzüglich blechen!

    -> Wenn man einen Vergleich schließt, sollte man sich daran halten und nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Wenn eine Zahlung vereinbart wurde, muss man diese auch leisten.

    “Im Übrigen ist der Vortrag des Beklagten, er habe angesichts der Verkleinerung der Wohnfläche eine Rückzahlung erwartet, ohnehin nicht plausibel, da in sämtlichen vorgelegten Betriebskostenabrechnungen nicht eine einzige Position nach Wohnfläche umgelegt wird, eine Verkleinerung der Wohnfläche für die Betriebskostenabrechnung demzufolge irrelevant ist.”

    Merke: Selbst wenn der Mieter wiederholt darauf hinweist, dass die Nebenkostenabrechnungen formal falsch sind, weil die Vermieter sich nicht mal die Mühe machen, den korrekten, im Mietvertrag festgelegten Umlageschlüssel in Quadratmetern statt in „Miteig. Ant./Haus“ anzugeben, wird eine Richtsperson immer die Dokumente der Eigentümer als sakrosankt und unfehlbar betrachten.

    –> Abgesehen davon, dass ein falscher Umlageschlüssel keinen formellen Fehler (sondern nur einen materiellen) darstellt, kann hier nicht beurteilt werden, ob tatsächlich eine Umalge nach Miteigentumsanteilen unzulässig war. Dieses Frage müsste aber doch eigentlich schon in den Vorprozessen geklärt worden sein?

    “Da das Verschulden vermutet wird, obliegt die Darlegungs- und Beweislast für ein fehlendes Verschulden dem Mieter.”

    Merke: Vermutet wird das Verschulden immer beim Mieter. Vermieter können das Blaue vom Himmel herunter verlangen – zur Erinnerung: vier (!) unterschiedlich hohe Mietforderungen zum 01.11.2017 –, der Mieter muss stets die Unrechtmäßigkeit beweisen. Gelingt ihm das nicht: Räumung!

    –> Das ist nicht Regensburger Rspr., sondern Gesetz. Auch wenn es in vielen Fällen ärgerlich ist, wäre es anderherum auch nicht richtig. Wie soll ein vermieter beweisen können, dass ein Mieter schuldhaft die Miete gemindert hat?

    “Der Beklagte hat als Mieter sorgfältig zu prüfen, ob eine Einstellung oder Kürzung der Mietzahlung gerechtfertigt ist. Im Zweifelsfall hat er den Rat eines Rechtsanwalts einzuholen. Dies hat der Beklagte jedoch unterlassen.”

    Merke: Wie bereits festgestellt, ist ein Mieter einfach nur blöde. Ohne die hilfreiche Hand eines Rechtsanwalts macht er alles falsch. Er muss doch wissen, dass eine fehlende Heizung unmöglich ein ausreichender Grund für eine Mietminderung sein kann!

    –> Siehe oben: Wieso nimmt der Mieter 30 Jahre lang offenbar klaglos eine fehlende Heizung hin und beschließt dass pllötzlich, er sei im Recht, wenn er deswegen mindert?

    Wenn ich eine vertragliche Verpflichtung habe und beschließe, diese nun nur noch teilweise zu erfüllen, liegt es doch auf der Hand, dass ich mich vorher informieren muss, ob das Vorhaben richtig ist. Sich dann zu wundern, wenn es einem auf die Füße fällt, weil man niemanden fragt, der sich damit auskennt, ist für mich wenig überzeugend.

    Am Ende bleibt es dabei, dass das Gericht Forderungen für gegeben erachtet hat, die 2 Monatsmieten übersteigen. Es wäre am Mieter gewesen, das Bestehen dieser Forderungen auszuräumen, was offenbar nicht funktioniert hat. Aus den dargestellten Ausführungen ergibt sich bislang nichts, was tatsächlich zu einem Abzug führt (mit Ausnahme der ja auch gestrichenen Modernisierungsgeschichte).

    So leid es mir tut: Es klingt nicht nach Regensburger Willkür, sondern schlicht nach falscher Einschätzung der Rechtslage oder keiner guten Prozessführung.

    P.S. Ich weiß nicht, was der Mieter falsch macht, aber keinen Anwalt zu finden, bevor PKH gewährt wurde, ist nach meiner Kenntnis absolute Ausnahme. Das kann dann nur daran liegen, dass der Mieter diesen mit einer völlig überzogenen Erwartungshaltung gegenübertritt oder ggf. beratungsresistent ist und nicht darauf hört, wenn ein Anwalt ihm die Lage verdeutlicht. Andernfalls sollte sich ein Anwalt finden lassen, der bei ansatzweise Aussichten auf eine PKH-Gewährung diese beantragt.

  3. Anonymous

    bzgl Aufklärer-Comment29.10.2020 1401

    AUCH die Tatsache scheint aufschlußreich zu sein, dass der ”Aufklärer” in seinem umfangreichen Comment vom 29.10.2020 14 01 (s. https://rechtaufstadt-regensburg.de/bedenkliche-rechtspraxis-bei-mietrechtsangelegenheiten-ii/) keine Möglichkeit/Notwendigkeit sah, auf die folgenden (sich mit den m.E. darin gezeigten personellen, charakterlichen Schwachstellen (die die organisatorischen Schwachstellen eines Gerichts erst möglich machen) der jeweiligen einzelnen Gerichtspersonen befassenden) Schilderungen/Zitaten des Kurts einzugehen:

    ”Erst Wochen nach dem Beschluss erreichten den Mieter die dienstlichen Stellungnahmen der Richter*innen zu seinem Befangenheitsantrag. Darin behauptete einer der abgelehnte Richter*innen, der Vizepräsident des Landgerichts Dr. Johann Pfeffer:

    “Zum Zeitpunkt des am 19.10.2020 erlassenen Beschlusses hatte ich keinerlei Kenntnis von einem Ablehnungsbesuch (sic!) des Beklagten. Die vom 23.09.2020 datierenden Schreiben, in denen der Beklagte Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe einlegt, verbunden mit der Mitteilung, dass er “…zeitgleich einen Antrag auf Befangenheit gegen die beteiligten Richter*innen ….. einreiche“ sowie den entsprechenden Befangenheitsantrag stellt, sind mir erst am 28.10.2020 vorgelegt worden. Nach Angabe der Geschäftsstelle waren sie zunächst in der allgemeinen Postmappe verwahrt worden (aus welchen Gründen entzieht sich meiner Kenntnis).”

    Warum lagen die Schreiben in der Postmappe, statt der Akte beigefügt zu werden? Womöglich, weil die Akte zu der Zeit bei der Staatsanwaltschaft lag? Daraus würden sich zwei mögliche Folgerungen ergeben.

    Die Akte war zwar nicht da, doch das Berufungsgericht hat trotzdem, ohne weiter nachzufragen, den heimatzerstörenden Beschluss gefasst. Daraus kann mensch wiederum auf die Verhältnisse in der Regensburger Justiz schließen: Warum in eine Akte gucken, wenn das Urteil eh schon feststeht. Ein unglaublicher Vorgang, aber die andere Folgerung ist fast noch unglaublicher. Nochmal aus der Stellungnahme von Dr. Pfeffer:

    “Mir war zum Zeitpunkt des Erlasses der unter meiner Mitwirkung im gegenständlichen Verfahren ergangenen Entscheidungen weder die in dem Gesuch erwähnte Strafanzeige gegen eine Richterin noch ein etwaiges Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft bekannt”

    Glauben Sie, dass das stimmt? Kann es sein, dass ein Berufungsgericht nicht wenigstens nachfragt, wo eine Akte verblieben ist? Dem Mieter wurde ohne weiteres die Auskunft erteilt, sie liege bei der Staatsanwaltschaft. Ein Richter aber soll nicht einmal darüber informiert worden sein, dass in seinem Fall gerade die Staatsanwaltschaft ermittelt, unter anderem gegen die Richterin aus dem Vorverfahren? Urteilen Sie selbst”

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