Bericht 10.06.2020:
Vor, während und nach der Quarantäne: Lager abschaffen!

leaveSeit 03.06.20 ist die Quarantäne in der Zeißstraße 1 aufgehoben. Somit gehen heute auch viele Bewohner*innen an der Pforte ein und aus – freilich mit dem üblichen Ausweisprozedere.

Es wird uns berichtet, dass fast alle positiv getestet wurden, was nicht verwunderlich sei, wenn sich 3-4 Leute ein Bad teilen und Küchen gemeinschaftlich benutzt werden. Was solle man erwarten. Insgesamt sind wohl aktuell ca. 90% „wieder fit“ bzw. können sich wieder rausbewegen. Nach unserem Wissensstand befanden sich zeitweise negativ Getestete nach der Aufhebung weiterhin unter Quarantäne, aktuell dürfen aber alle das Lager wieder verlassen.

Dass es jetzt erst mal “überstanden” ist und viele Fälle leicht waren, rechtfertigt nicht, dass man von Anfang an Menschenleben riskiert hat.

Die Forderungen nach einem Ende der Lagerunterbringung werden auch in der Pandemie nicht gehört. Auch wenn sie nicht nur aus politischer oder menschenrechtlicher, sondern aktuell auch aus wissenschaftlicher Warte Bedeutung bekommen.

In einer Studie der Uni Bielefeld wird die Lagerunterbringung von Geflüchteten kritisiert. Sammelunterkünfte seien besonders gefährdet, zu Hotspots für Corona-Infektionen zu werden. Sobald sich Menschen in der Unterkunft infiziert haben, sei das Infektionsrisiko für alle Bewohner*innen mit 17 % als hoch einzustufen. Betroffene Unterkünfte unter Kollektivquarantäne zu stellen sei die falsche Reaktion und verschlechtere die Situation noch.

Die Forscher*innen um den Epidemiologen Professor Dr. med. Kayvan Bozorgmehr kommen zu dem Schluss: „ Die Unterbringung von Geflüchteten sollte grundsätzlich coronaschutzkonform erfolgen, d.h. möglichst dezentral bzw. bei zentralen Einrichtungen möglichst in Einzelunterbringung in kleinen Wohneinheiten, damit bei Auftreten eines Falls eine rasche Ausbreitung vermieden wird und eine adäquate Kontaktnachverfolgung möglich ist.“ (https://pub.uni-bielefeld.de/download/2943665/2943668/FactSheet_PHNetwork-Covid19_Aufnahmeeinrichtungen_v1_inkl_ANNEX.pdf)

Dieses Risiko wurde aber einfach in Kauf genommen. Politische Interessen stehen über gesundheitlichen. Auch wenn die Situation von außen betrachtet erst mal „glimpflich“ ausging, ändert es nichts an der Untragbarkeit der psychischen Belastung, der Ungleichbehandlung und der Aussetzung einem unnötigen Risikos.

Wir fordern weiterhin und noch nachdrücklicher eine Abschaffung aller Lager!

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