Reden vom 21.07.2023:
Stoppt den türkischen Drohnenkrieg auf Rojava! – 11 Jahre Revolution Rojava

Transparente der Kundgebung Stoppt den türkischen Drohnenkrieg auf Rojava

Stoppt den türkischen Drohnenkrieg auf Rojava!

Vor drei Jahren begann in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien (AANES) eine neue Dimension des „Zersetzungsplans“ der Türkei gegen die kurdische Bewegung. Am 23. Juni 2020 wurden zwei Frauen von der Koordination des Frauendachverbands Kongra Star und ihre Gastgeberin von einer Kamikazedrohne des türkischen Staates in Kobanê gezielt getötet. Dieser Angriff war aber nur der offizielle Auftakt des Drohnenkrieges gegen Rojava. Denn schon bei der Invasion 2019 in Serêkaniyê und Girê Spî hatte Ankara auf seine Killermaschinen gesetzt.

2022 eskalierte die Türkei den Luftterror gegen Nord- und Ostsyrien. Das Einsatzgebiet ihrer Kampfbomber wurde rapide ausgedehnt, sozusagen die ganze Region wurde angegriffen. Die Angriffe stiegen um die Hälfte. Uns so geht es in diesem Jahr weiter.

Die Drohenangriffe der Türkei haben verschiedene Zielsetzungen. Sie werden als Kampfmittel gegen die Selbstverteidigungseinheiten YPG und YPJ verwendet. Außerdem werden Vertreter*innen der Selbstverwaltungsstrukturen umgebracht. All dies sind gezielte extralegale Tötungen. Ebenso richten sie sich aber an Zivilist*innen. Zivile Opfer werden nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern gehören zum Kriegskonzept der Türkei. Es soll eine permanente Bedrohungslage geschaffen werden, damit sich möglichst viele von dem Gesellschaftsmodell Rojava abwenden. Auffallend ist, dass insbesondere aktive Frauen Opfer von Drohnenangriffen sind. Ihnen sollen deutliche Zeichen gesetzt werden.

Auch soll der türkische Drohnenkrieg den Kampf der Demokratischen Kräfte Syriens gegen den IS schwächen. Die Türkei arbeitet bekanntermaßen offen mit dem IS und weiteren islamistischen Söldnern zusammen. Nichtsdestotrotz bekommt die Türkei weiterhin Unterstützung – auch beim Drohnenbau.

Die Türkei hat seit ihrer Gründung immer Unterstützung von den Mächtigen bekommen. Vor 100 Jahren wurde in Lausanne genau in diesen Tagen ein internationales Abkommen unterschrieben. Durch dieses Abkommen wurde Kurdistan geteilt und der größte Teil unter die türkische Herrschaft gestellt. Seitdem hat das kurdische Volk viele Massaker erlitten und immer weiter um seine Existenz gekämpft. Deutschland war bei der kurdischen Tragödie immer fest an der Seite der Türkei, genauso wie die NATO.

Zurück zu den Drohnen: Bei den Drohnen handelt es sich um die türkische „Bayraktar TB“. Die türkische Drohnenindustrie kann viele Bauteile selbst produzieren oder von heimischen Zulieferern einkaufen, trotzdem sind die Hersteller bei Schlüsselkomponenten weiter auf Importe angewiesen. Wichtig ist hier auch die besondere Verantwortung Deutschlands zu erwähnen. So sind die Drohnen mit Sensoren des deutschen Rüstungskonzerns Hensoldt ausgestattet. An dem Rüstungskonzern ist auch die Bundesrepublik beteiligt. Auch wenn die Türkei immer wieder betont, dass die Raketen in der Türkei produziert werden, hat das ARD-Magazin Monitor im vergangenen Jahr aufgedeckt, dass deutsche Firmen mit ihrem Know-how zu deren Entwicklung beigetragen haben. Die bayerische Firma TDW soll “Bauteile, Gefechtsköpfe und Technologie” für die “Panzerabwehrlenkwaffen” geliefert haben, die in der Türkei später womöglich weiterentwickelt wurden.

Für uns ist das Staatsterrorismus, er muss sofort beendet werden und die Verantwortlichen vor dem internationalen Gericht zur Rechenschaft gezogen werden! Natürlich brauchen wir das nicht von den Mächtigen erwarten, da die Doppelmoral der deutschen Politik leicht zu durchschauen ist. Wir wissen genau, dass in der internationalen Politik weder Menschenrechte noch Demokratie zählen, sondern wirtschaftliche und geopolitische Interesse. Es liegt an uns. Eine echte Gerechtigkeit kann nur der gemeinsame Kampf der Unterdrückten schaffen. In diesem Sinne auf unseren gemeinsamen Kampf gegen Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung!

BİJÎ BERXWEDANA ROJAVA!

11 Jahre Revolution Rojava

Am 19. Juli 2012 begann die Revolution Rojava. Nach jahrzehntelanger Vorarbeit hatte sich durch ein Machtvakuum die Gelegenheit geboten, eine geschlechterbefreite, ökologische und basisdemokratische Gesellschaft aufzubauen. Und genau das haben die Menschen in Rojava, allen Widrigkeiten zum Trotz, gemacht. Sie haben sich einen Gesellschaftsvertrag geschaffen, in dem echte Gleichberechtigung egal ob hinsichtlich von Geschlecht, Ethnie, Sprache, Alter, Gesundheit… verankert ist. An dieser Stelle möchten wir auch ein großes Dankeschön an die kurdische demokratische Einheitspartei PYD schicken, die die Initiative ergriffen hatte und den Prozess kontinuierlich begleitet.

Letztes Jahr haben wir hier 10 Jahre Revolution Rojava gefeiert. Auch wenn Rojava permanent vom faschistischen Erdogan-Regime bedroht ist und mit vielen weiteren Problemen zu kämpfen hat. Es war uns wichtig innezuhalten und die Errungenschaften der Revolution zu feiern.

Heute zum 11. Jahrestag haben wir euch eingeladen, um gegen den türkischen Drohnenterror zu demonstrieren. In der Zwischenzeit ist viel passiert. Einerseits hat die Revolution sich verbreitert, sowohl vom Gebiet her als auch von den Bevölkerungsgruppen her. Auch Geflüchtetengruppen wurden eingebunden. Andererseits hat die Türkei aufgrund innenpolitischer Schwierigkeiten die Kurdenfeindlichkeit weiter geschürt und ihre Angriffe intensiviert.

Im November hatte die Türkei erneut offene Angriffe gestartet. Als Vorwand diente ihr ein inszenierter Bombenanschlag in Istanbul, für den sie die PKK und die YPG als Schuldige verantwortlich machen wollte. Schon bei den ersten Angriffen war deutlich, worum es der Türkei ging: die Demokratischen Kräfte Syriens schwächen (QSD), die Bevölkerung vertreiben, zivile Strukturen zerstören und Angst und Schrecken verbreiten. Es wurden Siedlungen für Vertriebene angegriffen, wieder einmal ein Auffanglager für Menschen aus Afrin. In Kobane wurde ein Krankenhaus für Covid19-Patient*innen vollständig zerstört und Weizendepots vernichtet. Da der Luftraum in Nordostsyrien von den USA und Russland kontrolliert wird, hatte es wohl vorab Absprachen und grünes Licht für die Angriffe gegeben zu haben.

Im Februar hat die Natur zugeschlagen. Ihr alle wisst von den verheerenden Erdbeben in der Türkei und Nordsyrien und den schrecklichen Folgen. Aber selbst diese Situation hat die Türkei für ihren Vernichtungskrieg ausgenutzt.

Nicht nur, dass Hilfslieferungen verweigert wurden, im Gegenzug Selbstorganisierte gestoppt und beschlagnahmt wurden. Nein, direkt nach dem verheerenden Erdbeben hat die türkische Armee selbstverwaltete Teile des Erdbebengebiets in Rojava bombardiert, mit schwerer Artillerie beschossen und mit Drohnen angegriffen.

Vor allem die Stadt Tel Rifat, die neben zehntausenden Vertriebenen aus Efrîn auch Opfer des Erdbebens versorgt, war von der Kriegsaggression der Türkei betroffen. Nur ein Beispiel: Ein 70-jähriger aus Aleppo hatte das Erdbeben überlebt und war von der Selbstverwaltung nach Şehba evakuiert worden. Dort wurde er ein paar Tage später bei einem türkischen Drohnenangriff getötet.

Nicht einmal in dieser humanitären Ausnahmelage wurde der NATO Partner Türkei eingebremst oder gar für seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg belangt.

Parallel dazu lief der Wahlkampf in der Türkei – das Ergebnis ist bekannt. Durch die erneute Wiederwahl von Erdogan hat sich die Bedrohung für Rojava weiter verschärft.

Das eigentliche Ziel der Türkei ist die gesamte Vernichtung von Rojava. Aber insbesondere die Kurd*innen und alle kurdischen Organisationen. Die Getöteten sind meistens kurdische Kämpfer*innen oder kurdische politische Akteure und Akteurinnen. Es geht um die Auslöschung der gesamten kurdischen Identität.

Um die Bevölkerung zu zermürben findet neben offenen Angriffen ein Krieg niederer Intensität statt: Entführungen, Morde, Vertreibungen, demographischer Wandel, Drohnenangriffe, Zerstörung von ziviler Infrastruktur, Wasserzufuhr stoppen, Ernte plündern oder vernichten… Dieser kontinuierliche Angriffskrieg seitens der Türkei ist die größte Herausforderung für das Autonomiegebiet Nord- Ostsyrien. Erschwerend hinzu kommt das Embargo durch viele Staaten, weshalb es oft an Lebensmitteln, Medikamenten, medizinischer Ausrüstung und technischem Equipment mangelt.

Auf was sich Rojava und die Kurden und Kurdinnen verlassen können ist seine eigene Kampfkraft und Widerstandsfähigkeit und auf uns – auf unsere Solidarität. Diese Solidarität hat 11 Jahre lang die Revolution in Rojava begleitet, es soll auch nicht nachlassen. Wir als IKS werden diesen Prozess in jedem Fall weiter solidarisch begleiten.

Hoch die internationale Solidarität!

 

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