Kundgebung 19.09.2023: Offene Grenzen und Bleiberecht für alle - AnkER-Zentren abschaffen und GEAS stoppen!:
#still not loving AnkER – Redebeitrag

Kundgebung_19_09_2023_bgaSeit 6 Jahren kämpfen wir als Bündnis gegen Abschiebelager für die Abschaffung der sog. AnkER-Zentren, die laut Koalitionsvereinbarung eigentlich schon nicht mehr existieren sollten. Der Euphemismus lässt die vormals ARE genannten Einrichtungen fälschlich als Anker in der Brandung der Flucht erscheinen. Auch wenn dort ein Dach über den Kopf, Kleidung und Essen zur Verfügung gestellt werden, ist es alles andere als ein sicherer Hafen.

 

 

Wir kritisieren die AnkER-Zentren aus verschiedenen Gründen:

  • mangelnde Selbstbestimmung
  • fehlende Arbeitserlaubnis und somit Verdammtsein zum Nichtstun
  • Überwachung
  • das Lager ist aus den Augen aus dem Sinn: am Stadtrand taucht das Lager nicht im Erscheinungsbild auf und somit auch wenig in der alltäglichen Diskussion und politischen Auseinandersetzung. Abschiebungen können einfacher durchgeführt werden und die Brutalität dieser Maßnahmen bleibt somit unsichtbar. Dies macht es leichter, strenge Gesetze anzuwenden und abzuschieben.
  • eine Abgrenzung vom Rest der Bevölkerung bedeutet auch eine Erschwernis in Kontakt zu kommen und Beziehungen aufzubauen

Wir kritisieren fehlende gesellschaftliche Teilhabe durch Ausschluss und mangelnde Ressourcen.

  • Es findet eine Verhinderung von Integration statt – die restriktiven Gesetze machen dies nicht möglich aufgrund von fehlender Arbeitserlaubnis, mangelndem Zugang zu Deutsch- oder Integrationskursen.
  • Auch wenn Menschen nur kurze Zeit in den Einrichtungen sein sollen – diese Zeit kann sich durchaus über mehrere Monate bis hin zu 1,5 Jahren ziehen – sollten sie dennoch nicht ausgeschlossen sein von Teilhabechancen und der Möglichkeit einer sinnvollen Alltagsgestaltung. Die Zeit ist verloren auf dem Weg zum Aufbau einer neuen Lebensgrundlage. Wir vermuten, diese soll auch erst mal gar nicht entstehen, da sie Abschiebungen verhindern und Bleiberecht begünstigen kann.
  • Die Transfers in sog. Gemeinschaftsunterkünfte finden sehr kurzfristig und ohne Ankündigung des neuen Ortes statt. Es handelt sich dabei für die Geflüchteten um ein Glücksspiel. Die Verteilung findet in die Landkreise statt, die Orte können gut angebunden oder abgelegen und mit geringem Unterstützungsnetz sein. Zugang zu Deutschkursen z.B. erschwert sich wiederum. Andere können mehr Glück haben. Dennoch ist es wichtig zu wissen, was mit mir passiert und wo ich sein werde, um eine Perspektive zu haben.

Die Perspektivlosigkeit in den Lagern klagen wir an.

  • Auch die fehlende Selbstbestimmung, wenn es um die Ernährung geht, ist uns ein zentrales Anliegen. Es mag logistisch einfach sein, eine große Gruppe von Leuten zentral zu festen Zeiten mit festen Essensplänen zu versorgen. Es nimmt aber den letzten Rest Selbstbestimmung. Es gibt so wenig zu tun, Essen ist wichtig als ein Teil der persönlichen Tagesstruktur und Freude. Oft wird uns von schlechtem Essen berichtet, keiner Auswahl und zu wenig Essen. Dieser Zwang trifft viele hart.

Dies ließe sich lösen, wenn die Sachleistungen wieder abgeschafft würden und genug Raum zum eigenen Kochen bestünde. Wir fordern – wie schon in der Vergangenheit – eine Abschaffung des Sachleistungsprinzips.

  • Lasst uns auch nicht die Unterbringungssituation in Mehrbettzimmern vergessen. Familien haben es dahingehend leichter, dass sie unter sich sind. Aber Einzelpersonen werden mit fremden Menschen auf engsten Raum zusammengesteckt. Dies ist an sich herausfordernd, aber noch um einiges mehr, wenn die psychische Belastung ohnehin sehr hoch ist: Die Flucht, der Zustand der Unwissenheit und des untätigen Wartens, die Angst um Angehörige und Zukunft.
  • Am Rande sei noch die jährliche Hitze in den Containern erwähnt. Es ist in den Sommerwochen unerträglich und dem wird auch eine keine richtige Abhilfe geschaffen. Jedes Jahren berichten uns Menschen aus dem Lager in der Zeißstraße das Gleiche. Sie können nicht schlafen, da es so heiß ist. Auch tagsüber können sie sich dort nicht aufhalten. Aber wo sollen sie stattdessen hin?
  • Lager sind überdies keine Orte für Kinder – zu Recht kritisieren Fachleute, dass sie Kindeswohl gefährden.

Wir klagen die Lagerunterbringung an.

Sie nimmt zusammen mit den restriktiven Regelungen das Recht auf Selbstbestimmung und stellt, je länger Menschen in ihnen warten müssen, um so mehr eine psychische Belastungssituation dar.

Das ist nur eine kleine Zusammenfassung von all dem, was Geflüchtete hier erleben mussten und müssen. Und diese dauerhaften Missstände sind nur dadurch zu beenden, dass die Ankerzentren wieder abgeschafft werden. Was alles möglich ist, erleben wir seit Menschen aus der Ukraine auch in Regensburg ankommen: Menschen kommen in Regensburg an, betreten das Lager zur Registrierung und können es wieder als freie Menschen verlassen. Sie entscheiden selbst, an welchen Ort in Deutschland sie fahren und müssen keine Angst vor Kontrollen der Polizei haben. Sie müssen kein retraumatisierendes Asylverfahren durchlaufen, müssen dadurch keine Abschiebung fürchten und können Grundsicherung erhalten. Außerdem haben sie sofort die Genehmigung zu arbeiten. Wir begrüßen genau diese Behandlung und fordern sie für alle Geflüchteten. Ein erster Schritt ist die Ankerzentren zu schließen.

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