Rede des IKS bei Seebrückendemo:
“Schluss mit dem EU Flüchtlingsdeal mit der Türkei!”

Transparent mit Forderung Freiheit für alle politischen Gefangenen

Natürlich schließen wir uns der Forderung von Seebrücke, Nein zum EU Türkei Deal, an. 6 Milliarden sind schon seitens der EU an die Türkei geflossen. Aber Erdogan fordert immer mehr Geld dafür, dass er seine Grenzen für die Geflüchteten auf dem Weg in die EU geschlossen hält. Von dem Geld kommt jedoch nichts bei den Geflüchteten an. Sie leiden unter katastrophalen Bedingungen. Aber nicht nur, dass sie keine Versorgung erhalten, sie erhalten auch weder Schutz vor Rassismus noch vor Gewalt. Durch das Erdbeben sind syrische Geflüchtete im Grenzgebiet ein weiteres Mal zu Opfern geworden. Aber es ist nicht allein das Erdbeben. Nein, es ist die Regierung, die ihnen keine Hilfeleistungen zukommen lässt und sie ein weiteres Mal nicht schützt. Wie in der Türkei mit Geflüchteten umgegangen wird ist jedoch nicht ein einzelnes Symptom, sondern ein Teil des politischen Systems des faschistischen AKP/MHP Regimes.

Der 18.3. ist nicht nur der Jahrestag für den EU Flüchtlingsdeal, sondern auch der Tag der politischen Gefangenen. Wir sehen, dass Geflüchtete in der ganzen Türkei wie in einem offenen Gefängnis leben. In diesem Sinne sind sie für uns auch politische Gefangene. Da wir große Parallelen zwischen den Geflüchteten und den Gefangenen sehen, möchten wir auch darüber reden. Um die Tragweite erfassen zu können, braucht es ein paar Zahlen. Es gibt in der Türkei aktuell 399 Gefängnisse mit rund 300.000 Gefangenen. Und diese Gefängnisse sind voller politischer Gefangener. Zehntausende werden unter Terrorismusvorwurf oder als Mitglieder linker Gruppierungen und Menschenrechtsorganisationen in U-Haft genommen und meist in Folge verurteilt. Ebenso sind davon Demokrat*innen und Journalist*innen, Rechtsanwält*innen, ja sogar Abgeordente, Bürgermeister*innen und die Ärztekammer betroffen. Jede noch so kleine oppositionelle Haltung oder Handlung wird vom AKP/MHP Regime geahndet. Aktuell wurden zum Beispiel Menschen verhaftet, die nach den Erdbeben Hilfe organisiert haben, dort wo der Staat nicht einmal hingekommen ist. Oder aber Frauen, die für den 8. März, den Frauenkampftag, mobilisiert hatten. Oder die Menschen, die in den Social Media die Regierung wegen ihrer Unfähigkeit kritisieren.

Festnahmen erfolgen oft durch Antiterroreinheiten, die Folter anwenden, um Aussagen zu erzwingen. Immer wieder werden Menschen so umgebracht. Das kann in Polizeizentren passieren oder an geheimen Orten, deren Existenz von der Regierung abgestritten wird. Einmal in Haft sind die Gefangenen weiterhin schlimmsten Bedingungen unterworfen. Dabei wird auf Methoden der Militärdiktatur von 1980 zurückgegriffen. Diese wurden etwas modernisiert, es wird mit weniger offensichtlichen Methoden gearbeitet, um die Öffentlichkeit nicht auf den Plan zu rufen. Dennoch findet grausame Folter statt. Ebenso wird Isolationshaft, die sogenannte weiße Folter, häufig für politische Gefangene angewandt, um ihren Willen zu brechen.

Diese Haftbedingungen sind selbst für gesunde Menschen unerträglich und krankmachend, aber für kranke Menschen lebensbedrohlich. Aktuell spitzt sich die Situation kranker Häftlinge immer mehr zu. Anfang Januar teilte der Menschenrechtsverein IHD mit, dass 35 der 76 Menschen, die im Jahr 2022 in Gefängnissen starben, aufgrund von Krankheiten ums Leben kamen. Obwohl eine Haftentlassung von schwerstkranken Gefangenen gesetzlich vorgeschrieben ist, wird sie von den türkischen Justizbehörden verweigert. Tod wird billigend in Kauf genommen beziehungsweise provoziert.

Für politische Gefangene gibt es so gut wie keine Gesundheitsversorgung. Zudem sind die hygienischen Bedingungen in den Zellen miserabel. Menschen verbringen nicht selten 10, 20 oder 30 Jahre in Gefängnissen. Ein Teil ihrer Kranheiten rührt von der im Gefängnis erlittenen Folter. Wenn doch Transporte in Krankenhäuser erfolgen, werden diese als Anlass für weitere Misshandlungen genutzt.

Frauen sind neben all den geschilderten menschenvernichtenden Haftbedingungen zusätzlich sexualisierter Gewalt ausgesetzt. An weiblichen politischen Gefangenen leben Wärter und Polizisten außerdem ungestört ihren Frauenhass aus. Der Tod der 28-jährigen Kurdin Garibe Gezer vor einem Jahr sorgte international für Entsetzen. Garibe Gezer hatte zuvor berichtet, sie sei vom Gefängnispersonal sexuell missbraucht und gefoltert worden. Obwohl nach ihrem Tod Videomaterial über die Folterungen, denen sie ausgesetzt war, aufgetaucht ist, hat es keine gerichtliche Untersuchung gegeben.

Wenn der EU Türkei Deal nun vor seiner Verlängerung steht, dann ist das seitens der EU ein klare Bestätigung des faschistischen Regimes in der Türkei und eine Wahlhilfe für die AKP/MHP Regierung.

Wir fordern: Schluss mit dem EU Flüchtlingsdeal mit der Türkei! Schluss mit jedem Deal mit der Türkei!

Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Hoch die internationale Solidarität!

 

 

 

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