Redebeitrag vom 02.06.2023:
Gegen die EU-Abschottung

Kundgebung 02 06 23 e1685864935129All das, was wir gehört haben, ist kein Horrorszenario aus einem Science Fiction Film, kein Albtraum, nein es sind die Pläne der rot-grün-gelben Bundesregierung und der EU. Wir sind wütend. Unendlich wütend! Wütend darüber, dass die Regierung es geschafft hatte mit ihrem Koalitionsvertrag Versprechungen zu machen und viele tatsächlich geglaubt haben, dass sich die Asylpolitik zum Besseren wenden wird. Wütend über den Verrat am letzten, was vom Asylrecht in Deutschland aus der Lehre der Geschichte des Dritten Reiches übrig geblieben ist. Es zeigt uns zum wiederholten Male, dass auf keine Regierungspartei Verlass ist. Wenn die Ampel jetzt die Pläne von CDU/CSU umsetzt, sollten auch die letzten aufgewacht sein.

Deshalb sind wir heute hier. Wir sind hier um Asylrecht und Menschenrechte zu verteidigen. Wir müssen konsequent und kontinuierlich darum kämpfen. Eine Kundgebung wie heute ist sehr wichtig, aber genügt bei weitem nicht. Deshalb müssen wir als Linke, als Aktivist*innen, als Demokrat*innen, als Menschenrechtler*innen raus aus unserer Komfortzone und wesentlich entschiedeneren Einsatz bringen. Der Kampf gegen die Festung Europa ist unsere Aufgabe und nicht die der Geflüchteten. Wenn die Pläne jetzt umgesetzt werden, dann ist es der Regierung und der EU nicht nur gelungen Geflüchtete auszugrenzen und einzusperren, sondern es wird ihr auch gelingen das ganze Thema Asyl aus dem Land zu drängen. Bilder wie wir sie von Moria, Mellia und Ceuta kennen, interessieren die Menschen in Deutschland nicht lange, alles ist scheinbar so weit weg. Und auch unser Protest und Widerstand wird deutlich erschwert. Auch das ist ein Kalkül der Regierung. Wir müssen mit der Regierung knallhart ins Gericht gehen. Auch die Grünen haben einen Kniefall vor Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit gemacht. Es gibt nichts zu beschönigen, nichts zu vergessen und nichts zu verzeihen, denn sie alle wissen, was sie tun.

Wir wollen das am Beispiel von Frontex ausführen. Frontex, die sogenannte europäische Grenschutzagentur. Frontex, die selbst in völkerrechtswidrige Pushbacks verstrickt ist und massiv Gewalt anwendet. Frontex, deren jährliches Budget seit seiner Gründung 2004 kontinuierlich erhöht wird: waren es 2020 364 Millionen Euro, so hatte sich der Etat 2022 auf 754 Millionen verdoppelt und ist in diesem Jahr nochmal gestiegen – all das noch vor den neuen Plänen. Parallel dazu wurden die Kompetenzen der Agentur stetig erweitert. Seit 2016 dürfen Fahrzeuge, Flugzeuge und Drohnen angeschafft werden. Um die Grenzen gegen all die unerwünschten Geflüchteten zu sichern wird natürlich Militärtechnik genutzt. Inzwischen ist auch die alleinige Vorbereitung und Durchführung von Abschiebeflügen möglich, dieses „Dienstleistungsangebot“ wird allen Mitgliedstaaten gemacht – und genutzt. Seit 2019 gibt es eine „Ständige Reserve“, die bis 2027 auf 10.000 Beamt*innen ausgebaut werden soll. 3.000 von ihnen werden von Frontex als „Kategorie 1“ uniformiert und bewaffnet. Zu den Einsatzmitteln für die Ausübung von Zwang zählen außerdem Schlagstock, Handschellen und Reizstoffe. Eine solche EU-Polizeitruppe ist bislang einmalig, sie sind sozusagen die erste EU Polizei ohne dass darüber gesprochen wird. Eine EU Polizei, die keiner funktionierenden Kontrolle unterliegt.

Im Koalitionsvertrag war die Rede von einem wirksamen und rechtsstaatlichen Außengrenzenschutz und, dass das Leid an den Außengrenzen beendet werden soll. Mit einem Festhalten an Frontex war aber klar, dass sich hier nichts ändern kann. Denn die Aufgabe von Frontex ist einzig und allein das Abhalten von Geflüchteten auf ihrem Weg nach Europa – so früh als möglich. Für uns ist klar, dass Frontex nicht reformierbar ist, sondern abgeschafft werden muss. Es gibt keine ernstgemeinte Kontrolle, keine wirklichen Konsequenzen nach dokumentierten Menschenrechtsverletzungen und schon gar keine Veränderungen in der Ausrichtung. Frontex ist ein fundamentaler Teil einer repressiven Abschottungspolitik gegen Geflüchtete. Teil der kapitalistischen Verwertungslogik in erwünschte, brauchbare Migrant*innen und eben Unerwünschte – Stichwort qualifizierte Einreise.

Wenn jetzt im Beschluss vom 10. Mai zur gemeinsamen Flüchtlingspolitik steht „Die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX muss gestärkt werden, um unerlaubte Einreisen zu reduzieren“, dann gruselt es uns nur noch mehr. Es geht nur um Abwehr, die auch weiterhin mit allen Mitteln stattfinden wird – weit weg von irgendeiner Beobachtung oder gar Kontrolle wie durch Medien, NGOs oder Aktivist*innen. Nach all dem, was wir euch vorher aufgeführt haben, fragen wir, was denn bei Frontex bitte noch mehr gestärkt werden soll?

Unsere Forderung heißt: Frontex abschaffen – Abolish Frontex!

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