Rede von Recht auf Stadt auf Kundgebung antikapitalistischer 1. Mai:
Eigentum ist Diebstahl!

Mai Rede

Zwischenstation des Demozugs am Arnulfsplatz. Foto: Baumgärtner

Eigentum ist Diebstahl, Diebstahl an der Gesellschaft.

Denn Eigentümer:innen können privat über Güter bestimmen, die durch das Zusammenwirken einer Gesellschaft hergestellt worden sind. Schlimmer noch: Sie können sogar andere von der Nutzung ausschließen, ohne selbst diese Güter zu benutzen.

Beispiel Wohnungsmarkt. Hier ist es für Eigentümer:innen oft lukrativer, Wohnungen einfach leer stehen zu lassen, statt sie zu vermieten. Leerstehende Wohnungen machen keine Arbeit und können als Anlageobjekte sogar teurer weiterverkauft werden, als Wohnungen mit lästigen Mieter:innen.

Doch auch, wenn tatsächlich vermietet werden soll, lohnt sich Leerstand für Eigentümer:innen. Das Angebot bleibt knapp und die Immobilienpreise steigen weiter.

So kommt es zu der völlig irrationalen – aber im Kapitalismus völlig normalen – Situation, dass massenweise Wohnungen und Häuser leer stehen, obwohl Wohnungsnot herrscht, obwohl immer mehr Menschen in die Obdachlosigkeit fallen.

Beispiel Regensburg: Im neu errichteten Dörnbergviertel stehen hunderte Wohnungen leer. Geflüchtete aber finden keine Bleibe, wenn sie endlich aus ihrem Lager ausziehen dürften, denn die Mieten im Dörnbergviertel sind natürlich unbezahlbar. Menschen mit Berechtigungsschein für eine geförderte Wohnung müssen jahrelang warten, bis sie überhaupt ein Angebot bekommen. Doch im Dörnbergviertel Leerstand!

Eigentum ist Diebstahl, Diebstahl an der Gesellschaft.

“Besitz” dagegen ist etwas völlig anderes, auch wenn der Begriff umgangssprachlich mit “Eigentum” meist gleichgesetzt wird. Denn “Besitz” und “besitzen” heißt, dass hier tatsächlich Menschen das Betreffende nutzen, das hier tatsächliche Menschen wohnen. Mietende sind auch im juristischen Sinne Besitzende der Wohnung, während Vermietende nur Eigentümer:innen sind. Mieter:innen können Eigentümer:innen von der Polizei aus der Wohnung schmeißen lassen! Ein besetztes Haus ist tatsächlich im Besitz der Besetzenden.

Besitz ist daher im Gegensatz zum Eigentum kein Diebstahl an der Gesellschaft, da die Dinge, welche die Gesellschaft als Gesamtleistung herstellt, der Gesellschaft wieder zugute kommen.

“Deutsche Wohnen enteignen”, also Immobilienhaie enteignen, heißt im Grund nichts anderes, als den Menschen wieder ihren Besitz zurückzugeben, ihren Anspruch auf die gesellschaftlich erzeugten Güter.

So sieht es übrigens auch das Grundgesetz, Artikel 14: “Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.” Eigentum, das leer steht, also nicht von jemanden genutzt wird, dient bestimmt nicht dem Wohle der Allgemeinheit und ist daher eindeutig verfassungswidrig. Besetzungen von Leerstand sind dagegen eindeutig verfassungskonform!

Um den Missbrauch, den Eigentümer:innen mit ihrem Eigentum treiben, wenn sie die Gesellschaft per spekulativem Leerstand vom Gebrauch ausschließen oder erpresserische, obszöne Mietpreise verlangen, zu beenden, muss Eigentum abgeschafft werden! Es darf nur noch Besitz geben.

Die Häuser denen, die sie bewohnen!

Aber nicht nur im Wohnungsbereich, auch in den Betrieben muss Eigentum durch Besitz ersetzt werden.

Die Betriebe denen, die darin arbeiten!

Und schließlich: Der Kapitalismus, der große Enteigner und Verelender, muss enteignet werden! Niemand hat das Recht auf Eigentum, aber alle haben das Recht zum Besitz von allem, was sie zum guten Leben brauchen.

Die Welt denen, die sie bewohnen!

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