Rede der Gruppe Aufbruch am 3. Leerstandsaktionstag:
“Das Recht auf einen Zugang zum gemeinschaftlichen Miteinander!”

Rede LeKu3 Aufbruch

Ein kleines WG Zimmer mit lieben Mitbewohnis, ein gemütliches Haus für eine Großfamilie, eine Wohnung, wo in den Stockwerken drunter und drüber andere Kinder wohnen und immer jemand zum Spielen da ist oder ein Wagenplatz.

Wir vergessen oft, dass ein „zu Hause“ nebst Erfüllung der körperlichen Grundbedürfnisse, mit seiner sozialen Eingebundenheit einhergeht. Menschen, die durch Mieterhöhung und schlechtbezahlte Jobs in die Armut und im schlimmsten Falle sogar in die Obdachlosigkeit gedrängt werden, werden vor Allem oft eines: In die Einsamkeit gedrängt.

Dabei ergaben zahlreiche soziologische Studien zur Obdachlosigkeit, dass eben diese sozialen Kontakte und ein stabiles Umfeld essentiell für einen Weg runter von der Straße sind. Da wirft sich die Frage auf, wenn man in die menschenverachtenden Unterkünfte in Regensburg blickt, ob die Stadtverwaltung diese Menschen nicht sogar lieber am Rande der Gesellschaft weiß – um des Profits willen. In der Taunusstraße wird man beispielsweise frühmorgens aus der Unterkunft geworfen, die Hürden, um dort überhaupt einen Schlafplatz zu bekommen sind hoch. Es gibt keinen Gemeinschaftsraum und wenn doch, wie z.B. im Regensburger Strohhalm, ausschließlich für Menschen mit deutschem Pass und wenn sie zuvor keinen Alkohol konsumiert haben.
Wenn Gemeinschaft und solidarisches Miteinander so wichtig sind, können wir nur unsere Wut darüber kundtun, dass in Regensburg lieber zig neue Hotels aus dem Boden schießen, als dass es tatsächlich auch nur eine frei zugängliche Anlaufstelle, einen Freiraum gibt, wo sich Obdach- und Wohnungslose, Jugendliche und schlichtweg einfach alle Menschen treffen können, ohne dass einem Kunst, Kultur und Konsum teuer angedreht werden, ein Pass oder die erforderlichen Null Promille den Zutritt verhindern.

Doch wer schreibt uns eigentlich vor, wo und wie wir zu wohnen haben? In der Berliner Habersaath Straße wurde beispielsweise Anfang Januar 22 ein leerstehendes Haus besetzt, um obdachlosen Menschen einen Raum zu schaffen. Ursprünglich sollte der Wohnkomplex abgerissen und Luxuswohnungen auf dem Grund errichtet werden – wie so oft. Nun hängt aus dem Fenster ein Transparent mit der Aufschrift „Beschlagnahmt!“ Solche autonomen Projekte können wir nur befürworten, denn uns ist eines schon lange klar: Kompromisse oder fadenscheinige, reformistische angebliche Bemühungen der Stadt Regensburg, der massiv steigenden Obdachlosenzahl den Kampf anzusagen, bestehen lediglich darin, Parkbänke so zu bauen, dass sie als Schlafplatz unbrauchbar werden, die systematische Verdrängung dieser Menschen durch Neubauten, wie z.B. das geplante Kepler-Areal und den Hotelkomplex an der Kirchmeierstraße oder Betretungs- und Alkoholkonsumverbote auf der Jahninsel. Ganz nach dem Motto: Aus den Augen aus dem Sinn!

Zudem sind Obdachlose die Vergessenen der Pandemie!

In der Bundesrepublik leben nach einer Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe etwa 45.000 Menschen auf der Straße, Dunkelziffer weit höher. 256.000 weitere waren im Jahr 2020 ohne einen Mietvertrag, davon etwa 141.000 Geflüchtete in Gemeinschafts- und Sammelunterkünften. Im ersten Jahr der Pandemie stieg die Zahl der Menschen ohne Mietvertrag laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe um 13 Prozent an. Auf der Homepage des Robert-Koch-Instituts heißt es zur besonderen Gefährdung Obdachloser durch die Pandemie: „Es wird angenommen, dass diese aufgrund der prekären Lebensverhältnisse, Armut, des eingeschränkten Zugangs zur Gesundheitsversorgung und bestehender Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko sowohl für eine Infektion mit Sars-CoV-19, als auch für einen schweren Covid-19-Krankheitsverlauf haben.” Aufgrund der hohen Vulnerabilität sei für wohnungs- und obdachlose Menschen als priorisierte Gruppe, der Zugang zur Impfung gegen Covid-19 sicherzustellen.

Die Priorität der Stadt Regensburg muss die Sicherstellung der Erfüllung der Rechte dieser Menschen sein, die sich als Zusammenspiel aus ärztlicher Versorgung, sozialer Kontakte und die Erfüllung der körperlichen Grundbedürfnisse versteht, denn nur so, kann ein würdevolles Leben ermöglicht werden.

Jede*r hat das Recht auf medizinische Versorgung wie z.B. Impfungen oder Therapieangebote, gerade in Pandemiezeiten, einen warmen Schlafplatz, an dem mensch sich nicht rechtfertigen muss, ob ein Bier getrunken wurde. Das Recht auf einen Zugang zum gemeinschaftlichen Miteinander!

Deshalb fordern wir die sofortige Unterbringung obdachloser Bürger*innen in den leerstehenden Hotels in Regensburg! Wir fordern würdevolles Leben statt Leerstand! HOUSING FIRST! Für den Aufbruch der profitorientierten Stadtpolitik und ihrem verachtenden Umgang mit Obdachlosen!


Videomitschnitt der Rede

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