Impressionen eines Sonntagsausflugs:
Das merken alle! Mit der Maxstraße geht es aufwärts!

Eindrücke von der Maximilianstraße in Regensburg am 26.01.2020:

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Es ist wahrscheinlich dem genialen Verkehrskonzept zu verdanken, warum die Maximilianstraße gerade derart boomt. Denn zu jeder Tages- und Nachtzeit ist die Fußgängerzone solidarisch für fußlahme Autofahrende geöffnet. Das schafft Stimmung und Atmosphäre! Zum Straßencafé im SUV, wo gibt‘s das sonst noch!

Andere munkeln, es könnte am Hinauswurf von über 200 Studierenden liegen, die einstens das an der Maxstraße liegende Kepler-Areal bevölkerten und die mehrspurige Fußgängerzone mit ihrer unerwünschten Anwesenheit beeinträchtigten. Jetzt ist die Maxstraße wieder allein für den Tourismus da! Und es wird Platz gemacht für betuchtere Kundschaft, die mit hochpreisigen Ein-Euro-Shops in die Regensburger Prachtstraße geködert werden soll. Da frohlockt die Krämerseele!

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Schließlich dürfte das Erwachen der solange im Dornrößchenschlaf gelegenen Einkaufsfünftelmeile auch an der herausragenden Architektur liegen. Sicher, einige Tunichtgute behaupten, die runderneuerte Maxstraße sei potthässlich, einer Weltkulturerbstadt nicht würdig. Aber genau da liegt ja der Hund begraben! Die Neugestaltung ist eine Liebeserklärung an die Altvorderen! Gerade der Kontrast zwischen hübscher Frühbebauung und neuzeitlicher Einfallslosigkeit lässt die Vergangenheit um so größer erscheinen. Respekt an den Gestaltungsbeirat, der hier soviel Feingefühl zeigte!

Übrigens: Die zahlreichen Leerstände in der Maxstraße beweisen, wie hart der Konkurrenzkampf in der begehrten Prunk- und Prachtstraße ist. Denn nur die besten bekommen den Zuschlag! Da ist ein jahrelanges Ringen und Feilschen um die besten Plätze und damit jahrelanger Leerstand unvermeidlich.

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Aber nun im Ernst!

Abgesehen von der verfehlten Verkehrspolitik und der unmenschlichen Architektur, Regensburg ist doch reich und gilt als Ostbayerns Oberzentrum von Einkauf und Tourismus. Wie kann das sein, dass es trotzdem soviele Geschäftsaufgaben und hartnäckigen Leerstand gibt, in der Maxstraße, aber auch in der Altstadt allgemein?

Nun, Leerstand und Boom sind nicht Widersprüche, sondern zwei Seiten der gleichen Medaille. Warum soll Zeit und Mühe investiert werden, wenn spekulativer Leerstand soviel mehr und vor allem bequemer Rendite schafft? Gerade deshalb stehen Zentren wie die Londoner Innenstadt zunehmend leer, weil meist nur noch auf gewinnbringenden Wiederverkauf spekuliert wird.

Aber halt! Gibt es da nicht einen städtisch bezahlten „Stadtkümmerer“, der laut Kulturentwicklungsplan von 2015 zumindest die „temporäre Zwischennutzung von leerstehenden Räumen und Arealen im Altstadtbereich für kulturelle Aktivitäten und Projekte“ vermitteln soll? Wenn schon kein Geschäft, dann wenigstens Kultur! Und vielleicht rutscht dabei sogar das ein oder andere soziale Projekt durch! Klingt doch gut!

Leider kümmert sich der „Stadtkümmerer“ nicht um die Stadt, insbesondere um Kultur, und schon gar nicht um Soziales, sondern um die Wirtschaft, wie ein Aktivist von Recht auf Stadt feststellen durfte. Wir dokumentieren den Facebookbericht:

Ein Vertreter von Recht auf Stadt war diese Woche beim sogenannten Stadtkümmerer. Es ging um die Nutzung verschiedener, stadtbekannter Leerstände. Wir schlugen das Konzept des Mietshäuser-Syndikats (MHS) vor. Was in dieser Stadt schief läuft, zeigt sich exemplarisch darin, dass dieser “Stadtkümmerer” das MHS gar nicht kannte! Das ist irgendwie so, als wenn ein “Bauernkümmerer” noch nie etwas von Biolandbau gehört hätte. Als Recht auf Stadt bei mehreren Leerständen, z.B. Gloria-Kino oder Pürkelgut-Gaststätte oder Fahrrad-Stadler-Areal von spekulativem Leerstand sprach, verteidigte er mit tausend Ausreden die Eigentümer. Es werde bestimmt bald etwas geschehen, beim Gloria-Kino noch dieses Jahr, versicherte er. Übrigens: In anderen Städten geht die Stadtverwaltung auf das MHS zu und fragt, ob dieses nicht Verwendung für ein leerstehendes Gebäude oder Grundstück hätte. In anderen Städten wird skandalöser Leerstand unter Zwangsverwaltung gestellt. In Regensburg wird günstiger Wohnraum (z.B. Kepler-Areal) von der Stadt selbst vernichtet und trotz Korruptionsskandal ungeniert Kratzfüßchen vor der Wirtschaft gemacht. Zum Kotzen.

Kommentar

  1. Jürgen

    Als ich zum ersten Mal von unserem “tollen” Weltkulturerbe erfuhr, war meine Befürchtung, wie andere wunderbare Städte von Touristenhorden erdrosselt zu werden. (wie z. B. in Rottenburg, Freiburg, Heidelberg und zahllosen anderen – bei meinen Versuchen vor vielen Jahren, diese Städte zu erforschen, wurde ich erdrückt und rum-/durchgeschoben. Die einzigen Läden waren offensichtlich von Ansichtskarten, Krempel und Currywurst besetzt und so gab ich immer schnell auf.)
    Und auf diesem Weg sind wir jetzt erfolgreich fortgeschritten. Die Stadt ist nicht mehr für die Eingeborenen gemacht, die Erreichbarkeit (dazu gehört nun leider auch das Kfz) so gut wie unmöglich. Der ÖPNV ist eine Phantasie, zumindest für Ältere und Behinderte.
    Zu Fuß (wenn’s noch geht) ist man oft schneller die paar km in der Innenstadt, allerdings: was gibt’s da noch zu kaufen außer Döner und Gewand? Und wie man den Grusch dann heimbringt?

    Ich hab noch einen Haufen alte SW-Ansichtskarten, z. B. vom Moltkeplatz (heute Alter Kornmarkt).
    In der Mitte ein riesiger Brunnen, davor tuckert die Straßenbahn. Der Rest war Parkplatz, o.k., der Bedarf war damals noch ein wenig geringer. Aber auch vor vielleicht 15-20 Jahren war es kein Problem, mal schnell mit Auto oder Moped in die Stadt zu fahren und auf dem Markt oder bei richtigen Händlern schnell was zu organisieren. Nach 30 Minuten und erfolgreichem Einkauf war war man wieder daheim in der Küche. Heutige Lösung bleibt halt nur der Lidl oder Aldi.

    Die schlimmsten Bomben fielen (wie vielfach in D) erst nach dem Krieg (etliche Planungen konnten tatsächlich noch verhindert werden), aber jede “Neustrukturierung” der letzten Jahrzehnte noch eine Steigerung.
    Das Open-Air-Museum Regensburg ist das Ergebnis.

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