Rede am Frauen*kampftag:
Abschiebelager sind “Frauen*wohl gefährdende Orte”

Graffiti Klassenkampf statt Feminzide

Als Bündnis gegen Abschiebelager möchten wir uns zuerst für die Organisation des Frauenkampftags bedanken. Es ist sehr wichtig, dass die Situation geflüchteter Frauen* und im Besonderen deren Wohnsituation thematisiert wird. Als Bündnis gegen Abschiebelager kämpfen wir seit Bestehen der damals Transitzentren, jetzt Ankerzentren, für deren Abschaffung. Wir organisieren alle zwei Wochen eine Kundgebung in der Zeißstraße, um gegen die Lagerunterbringung und alle damit einhergehende Konsequenzen zu protestieren. Aber vor allem auch, um mit den Geflüchteten in Kontakt zu bleiben.

In diesen Abschiebelagern, abseits gelegen am Stadtrand, aus dem Blickfeld, der meisten Regensburger*innen, werden Menschen nach ihrer Ankunft in Deutschland zwangsweise untergebracht. Der Zweck ist, die Geflüchteten zu kontrollieren und sie so schnell und unkompliziert wie möglich wieder abschieben zu können. Diese Unterbringung unterscheidet sich in jeder Hinsicht von dem Leben in Wohnungen und zählt für uns zu einer besonderen Form der Wohnungslosigkeit.

Die Unterbringung ist frei von Selbstbestimmung. Viele Lager sind von Stacheldraht eingezäunt, Ein- und Ausgangskontrollen sind verpflichtend. Die Menschen leben in Mehrbettzimmern, sie können nicht selbst kochen, nicht selbst über das Essen bestimmen, das ihnen zur Verfügung gestellt wird, nicht selbst entscheiden, wann sie warm essen. Sie müssen sich Bäder und Toiletten teilen, haben keinerlei Rückzugsräume. Die Geflüchteten sagen zu Recht, dass sie wie in einem Gefängnis leben müssen.

Die Zwangsunterbringung in Sammelunterkünften bringt Gefährdungen mit sich. Lager sind Orte, die Gewalt begünstigen. Die örtliche Beschaffenheit, die Enge, aber auch die psychische Belastung durch die Flucht, das Asylverfahren, die unglaubliche Unsicherheit, das Arbeitsverbot, kein Geld für soziale Aktivitäten, keine Abwechslung, das verdammt Sein zum nichts Tun. All das bringt Verzweiflung, Depression mit sich und fördert ein Umfeld, in dem Alkoholismus, Drogenkonsum und Gewalt zwangsläufig wachsen muss.

In den Strukturen eines Lebens im Kapitalismus und Patriarchat sind besonders Frauen und queere Menschen von Gewaltausbrüchen betroffen. Deshalb sind diese Lager für Frauen und als solche gelesene gefährlich. Die Lager wurden von Fachleuten als Kindeswohl gefährdende Orte bezeichnet. Wir ergänzen: Als Frauen*wohl gefährdende Orte. Viele Frauen* kommen traumatisiert durch die Flucht hier an. Viele haben sexuelle Gewalt und Ausbeutung erlebt. Als das Abschiebelager neu war, musste selbst darum gekämpft werden, dass Frauen* ihre Zimmer absperren konnten. Die Situation hat sich inzwischen etwas verbessert. Es gibt in einigen Gebäuden eigene Stockwerke für Frauen. Das bedeutet etwas mehr Sicherheit. Aber es ändert nichts daran, dass es eine Lagerunterbringung ist. Manchmal müssen Menschen dort bis zu 18 Monaten leben. Momentan werden die Geflüchteten schneller umverteilt.

Doch auch nach dem Ankerzentrum ist noch keine Wohnung erreicht. Es folgt die Unterbringung in einer sogenannten Gemeinschaftsunterkunft. Dort können Geflüchtete zwar normalerweise selbst kochen, müssen aber immer noch in Mehrbettzimmern leben. Nur für Familien folgt nach dem Ankerzentrum oft eine eigene Wohnung, entweder in einer GU oder auf dem Wohnungsmarkt.

Die Bedingungen in den GUs sind oft nicht so viel besser, aber immerhin gibt es mehr Selbstbestimmung und keine An- und Abmeldepflicht mehr. Für uns gelten Menschen in den GUs immer noch als wohnungslos.

Und auch wenn nach langem Warten endlich eine Auszugsberechtigung aus den GUs erfolgt, müssen Geflüchtete oft weiterhin in Gemeinschaftsunterkünften bleiben, weil es zu wenige Wohnungen gibt. In Deutschland sind gut ein Drittel der wohnungslosen Menschen Frauen. Frauen* kann die Suche nach einer Wohnung in neue Abhängigkeiten stürzen, zu Männern, zur Community – Abhängigkeiten, die wiederum Gewalt und sexuellen Missbrauch fördern. Die meisten wohnungslosen Frauen* leben in der sogenannten verdeckten Wohnungslosigkeit – also wie gerade beschrieben bei Bekannten, Verwandten… Bei den Wohnangeboten, die es gibt, finden geflüchtete Frauen* aus rassistischen Gründen oft keinen Zugang, so dass dieses Abhängigkeitsverhältnis oft lange erhalten bleibt. Deshalb muss der diskriminierungsfreie Zugang zu bezahlbarem Wohnraum ermöglicht werden.

Unsere Hauptforderung ist und bleibt die Abschaffung des Abschiebelagers. Einhergehend damit die Abschaffung der Lagerpflicht.

Es sind…

  • keine Orte für Kinder
  • keine Orte für Frauen
  • keine Orte für niemand.

Demozug über die Galgenbergbrücke

Kommentar abgeben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert