Seebrücke-Demo am 06. April 2019 in Regensburg:
Redebeitrag Solidarische Stadt Regensburg

Seebruecke Rede

Es ist großartig, dass ihr alle heute hier seid, um euch solidarisch zu zeigen, mit Menschen, die auf der Flucht sind! Das ist der Grundsatz der Seebrücke. Und deshalb haben wir diese Demo organisiert – denn das ist unsere Forderung, als Bündnis Solidarische Stadt Regensburg: Ein Regensburg, das solidarisch ist für ALLE die hier leben und leben wollen. Und das bezieht sich auf die verschiedensten Bereiche: Wir wollen bezahlbaren Wohnraum, Mobilität, Bildung und Kultur für alle. Weil Regensburg noch keine Solidarische Stadt ist, hat sich unser Bündnis als Teil einer weltweiten Bewegung gegründet.

Denn Solidarische Stadt kann niemals bedeuten, dass Menschen, die vor Hunger, Krieg, Armut…hierher fliehen, in sog. Ankerzentren der Freiheit beraubt werden, die sie hier suchen und die ihr Menschenrecht ist.
Eine solidarische Stadt kann auch nicht abschieben. Wer meint, dass Abschiebungen gerechtfertigt sind, kann sich wohl einfach nicht vorstellen, wie es sich anfühlen muss, Sicherheit, Hoffnung und Zukunftsperspektiven zu verlieren. Abschiebungen sind psychische und körperliche Folter.

Solidarische Stadt bedeutet auch Solidarität unter den Menschen, die hier leben. Wie soll es die aber geben, wenn wir uns gegenseitig nicht begegnen, weil manche von uns am Rand der Stadt isoliert werden!?

Solidarität untereinander bedeutet z.B. Bürger*innenasyl. Wenn der Staat geflohenen Menschen kein Asyl bietet, dann tun wir es! Unser Ziel ist es, Strukturen zu schaffen, die Menschen vor Abschiebung schützen. Die Grundidee ist, dass Mitbürger*innen Menschen bei sich zu Hause aufnehmen, die von Abschiebung bedroht sind und sie damit vor der Gewalt schützen, die der Staat tagtäglich ausübt. Je mehr wir sind, desto besser! Je mehr wir sind, desto schwieriger ist es, uns beizukommen. Solidarität ist unsere Waffe!!

Denn ein Bürger*innenasyl ist nicht unbedingt legal, aber definitiv legitim, weil es legitim sein muss, Menschen vor Gewalt zu retten! Das gilt für die Seenotrettung auf dem Mittelmeer genauso, wie für uns hier in Regensburg. Menschen, die ertrinken, müssen davor gerettet werden und Menschen, die abgeschoben werden, müssen davor gerettet werden.

Wir sind im Recht, denn Menschenrecht steht über jedem anderen Recht. Besonders dann, wenn Gesetze Menschenrechte mit Füßen treten, wie das Polizei-Aufgaben-Gesetz! Oder wenn Bundesinnenminister Seehofer die nächste Katastrophe plant, mit mit dem „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“…

Wir, die wir Regensburg gemeinsam bewohnen – können eine solidarische Stadt leben, auch wenn die Politik das Gegenteil zum Ziel hat. In mehreren deutschen Städten, wie Freiburg, Berlin und Hanau konnten über das Bürger*innenasyl Menschen der Abschiebung entgehen. Und wie in der Seenotrettung gilt: JEDES gerettete Leben zählt! Wer mitmachen möchte – die Flyer zum Bürger*innenasyl sind hier im Umlauf. Sprecht uns gerne an oder meldet euch bei uns!

Natürlich muss uns dabei bewusst sein, dass ein Bürger*innenasyl nur einzelne Menschen vor Abschiebung schützt, so wie ein Kirchenasyl oder die Blockade einer Abschiebung. Unsere Minimal-Forderung muss sein, dass nicht abgeschoben wird. Unsere Maximal-Forderung ist, dass niemand fliehen muss.

Das bedeutet einerseits, dass die EU die Werte umsetzt, auf die sie so stolz ist. Wie kann es sein, dass die EU sich mit Reisefreiheit brüstet und zugleich Menschen, die in Europa Zuflucht suchen, diese Freiheit verweigert!? Wie kann es sein, dass die EU als das größte Friedensprojekt aller Zeiten gilt, nur, weil sie die Kriege nicht innerhalb, sondern außerhalb der eigenen Mauern schürt!?

Andererseits bedeutet das, Fluchtursachen zu bekämpfen. Fluchtursachen wie Armut, Hunger und Krieg entstehen durch das kapitalistische Wirtschaftssystem, in dem wir leben und das auf Ausbeutung und Unterdrückung des Großteils der Menschheit basiert. Wir wollen stattdessen ein Wirtschaftssystem, in dem Fortschritt allen zugutekommt und das an den Bedürfnissen ALLER Menschen orientiert ist. Nur dann wird es eine Welt geben, in der niemand mehr fliehen muss.

So lange es die aber nicht gibt, ist es unsere Pflicht, den Menschen zu helfen, die am meisten von dieser Ungerechtigkeit betroffen sind – ob auf dem Mittelmeer oder hier, in Regensburg.

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