Text und Videomitschnitt der Rede von Recht auf Stadt bei der Kundgebung „9-Euro-Ticket muss bleiben!“ vor dem Regensburger Hauptbahnhof am 26.08.2022.
Freizügigkeit
Mobilität ist ein Menschenrecht, und zwar in vielfacher Hinsicht: Es gibt das direkte Recht auf Mobilität, das sich aus Artikel 13 der Allgemeinen Menschenrechte ergibt. Artikel 13 lautet:
Jeder Mensch hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und den Aufenthaltsort frei zu wählen.
Klar: Um sich frei bewegen zu können, braucht es die entsprechenden finanziellen Mittel, zumindest in unserer aktuell konstituierten Gesellschaft. Ein Mensch aus dem AnkER-Zentrum oder eine Hartz-IV Empfängerin oder ein armer Künstler wie ich haben das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen, entweder gar nicht oder nur sehr bedingt. Grund: Fehlende Moneten! Die Verwandten oder Freunde in einer anderen Stadt besuchen? Mit dem Hartz-IV-Satz geht das maximal alle paar Monate. Mit einem 9-Euro-Ticket wäre das weniger ein Problem.
Bildung
Aber es gibt auch das indirekte Recht auf Mobilität, das sich beispielsweise aus dem Menschenrecht auf Bildung ergibt. Was hilft mir der beste Ausbildungsplatz, wenn ich mir die täglichen Fahrtkosten nicht leisten kann! Auch der Schulweg ist keineswegs kostenlos. Ab der 11. Klasse müssen Schüler*innen die Fahrtkosten selbst bezahlen. Hintergrund: In der 11. werden die meisten 18 und sollen offenbar motiviert werden, sich ein eigenes Auto zu kaufen, statt wie bisher kostenlos den ÖPNV zu benutzen. Recht auf Stadt startete 2019 die Petition: Kostenloser Nahverkehr für alle Regensburger Schüler*innen! Wurde natürlich vom autogerechten Regensburger Stadtrat abgelehnt. Zitat Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer: „Das werde ich auf keinen Fall empfehlen!“. Doch mit einem 9-Euro-Ticket wäre die Empfehlung der sozialdemokratischen OB Wurscht und das Recht auf Bildung für alle wäre weniger ein Problem.
Gesundheit und Leben
Oder das Menschenrecht auf Gesundheit und Leben, Artikel 3. Durch motorisierten Individualverkehr ist das Leben und die körperliche Unversehrtheit sowohl der Fahrenden, als auch von Passant*innen massiv gefährdet. Jedes Jahr sterben in Deutschland zwei- bis dreitausend Menschen auf den Straßen. Über 300 000 Verletzte! Mit einem 9-Euro-Ticket würden diese Menschen fast alle noch leben und gesund sein, denn die Statistik belegt, Bahnfahren ist 133 mal sicherer als das Auto.1 133 mal!
Und hier sind noch nicht einmal die weit über 10 000 jährlichen Toten durch Autoabgase, Feinstaub und Stickoxide, hinzugerechnet!2 Und erst recht nicht die Toten durch den vom Individualverkehr maßgeblich verursachten Klimawandel!
Mobilität ist Demokratie
Noch viele weitere Menschenrechtsartikel ließen sich anführen. Im Grunde gibt es kaum ein Menschenrecht, das Mobilität nicht in irgendeiner Weise berührt. Meinungs- und Informationsfreiheit zum Beispiel. Um zur Demo nach München, Nürnberg oder Berlin zu kommen, muss ich mit der Bahn fahren. Mit einem 9-Euro-Ticket wäre das weniger ein Problem.
Und da sind wir vermutlich beim Kern des Problems: Mobilität bedeutet natürlich auch die Freiheit, sich wehren zu können, sich zu vernetzen, zu verbinden, sich zu solidarisieren. Dieses Recht soll aber vor allem der besser- und bestverdienenden, sogenannten „Elite“ zustehen. Zur Not können die auch mit ihrem Privatjet zum nächsten Hochzeitstermin auf Sylt fliegen. Den Punks bleibt nur das 9-Euro-Ticket. Aber das wollen Radikalinskis wie Lindner oder Merz natürlich nicht. Arme sollen möglichst da bleiben, wo sie sind. Dann können sie am wenigsten anstellen.
Das 9-Euro-Ticket für Bahn und Bus ist daher nicht nur ein Mittel gegen die Folgen von Armut. Es ist auch ein Mittel, um demokratischen Strukturen in unserer Gesellschaft zu stärken!
Nulltarif
Natürlich kann das 9-Euro-Ticket nur eine Etappe sein. Wer das Menschenrecht auf Mobilität ernst nimmt, muss Mobilität kostenlos machen. Nulltarif für alle! Was übrigens keineswegs teuer ist, sondern äußerst billig, wenn alle Folgekosten des motorisierten Individualverkehrs eingerechnet werden.
Gleichzeitig müssen alle Milliardenunterstützungen für den Autoverkehr, Dieselsubventionen, Dienstwagenprivileg, hochsubventionierte Parkplätze im öffentlichen Raum usw. usf., abgeschafft werden. Und schließlich muss den 10 % Reichsten, die fast 50 % der jährlichen, weltweiten Emissionen zu verantworten haben3, das Recht auf Porsches und Tempowahnsinn, Luxusyachten und Privatflieger genommen werden!
Denn wir können uns den klima- und menschenrechtsfeindlichen Luxus der Reichen nicht mehr leisten! Ein klima- und menschenrechtsgerechtes 9-Euro-Ticket dagegen ist ein Muss!
Danke!
1 https://web.archive.org/web/20230113064938/https://www.allianz-pro-schiene.de/themen/sicherheit/unfallrisiko-im-vergleich/
2 https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/studie-zu-luftverschmutzung-pro-jahr-sterben-13-000-deutsche-vorzeitig-durch-verkehrsabgase/24046760.html
3 World Inequality Lab, siehe isw-Report 129, S. 20
Kurt du bist der Beste!!
Halte bloß durch…
Danke dir, du Lieber! Ja, machen wir!