Hinweis: Die skandalös falsche und verharmlosende Darstellung der rechten Galionsfigur (Die Zeit) Gloria von Thurn und Taxis seitens der Mittelbayerische Zeitung ist jenseits von seriös und demokratiebasiert. Die Mittelbayerische Zeitung ist zu einem nicht mehr ernstzunehmenden, rechten Blatt geworden. Wir werden daher die Mittelbayerische Zeitung aus unserem Presseverteiler nehmen. Wir wollen keine rechten Medien mit Informationen versorgen.
Erwartungsgemäß wies die Regensburger Stadtverwaltung unsere Klage auf Herausgabe eines Evakuierungskonzepts, mit dem Kundgebungen während des Weihnachtsmarktes auf Schloss Thurn und Taxis verhindert wurden, zurück. Wir dokumentieren unsere Erwiderung.
Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg
Haidplatz 1
93047 Regensburg
Erwiderung Verwaltungsstreitsache RO 9 K 24.951
(Antragstellende Person)
gegen
Stadtverwaltung Regensburg
vertreten durch Amt für öffentliche Ordnung und Straßenverkehr
Johann-Hösl-Str. 11
93053 Regensburg
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich beantrage, die Einwendungen der Beklagten zurückzuweisen und diese zur sofortigen und ungekürzten Herausgabe des „Sicherheits- und Evakuierungskonzepts für den Romantischen Weihnachtsmarkt“ des Jahres 2023 zu verpflichten. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Begründung
Wir bedanken uns bei der Stadtverwaltung Regensburg für die Stellungnahme, denn sie belegt eindrücklich, wie wohlbegründet unsere Besorgnisse bezüglich der Untersagung des grundgesetzlich geschützten Versammlungsrechts auf dem Emmeramsplatz zugunsten eines privaten Veranstalters sind. Die Kontrolle der Verwaltung durch die Bürger*innenschaft ist in diesem Falle unabdingbar, damit die Demokratie keinen Schaden nimmt.
zu Teil I – Chronologie
Wir sind bestürzt darüber, dass die Stadtverwaltung Regensburg schon im Teil I, welcher der sachlichen Darstellung der Geschehnisse dienen soll, vor Fake News nicht zurückschreckt. Es wird behauptet, die Kundgebungen auf dem Emmeramsplatz seien seitens der Beklagten, also der Stadtverwaltung, nicht untersagt worden, die örtliche Verlegung sei „einvernehmlich“ festgelegt worden. Dies ist grob falsch. Das Amt für öffentliche Ordnung und Straßenverkehr teilte uns per Mail vor dem Kooperationsgespräch mit Polizei, Ordnungsamt und Rechtsamt am 16.11.2023 unmissverständlich mit:
„Bezüglich der Schlussfolgerungen zum Sicherheits- und Evakuierungskonzept, können wir Ihnen mitteilen, dass der Platz zur Entfluchtung dient und nicht anderweitig belegt werden kann.“
Und sogar die Stadtverwaltung selbst bestätigt in ihrer Stellungnahme zu unserer Klage das faktische Verbot von Kundgebungen auf dem Emmeramsplatz:
„Hintergrund der Verlegung war das gegenständliche Sicherheits- und Evakuierungskonzept, das den Emmeramsplatz als einen von fünf zentralen Rettungspunkten des Romantischen Weihnachtsmarkts vorsieht. Aufgrund dieser Tatsache konnte die Fläche am Emmeramsplatz nicht mit der angemeldeten Versammlung belegt werden.“
Daher kam es keineswegs zu einer „einvernehmlichen“ Lösung, sondern wir waren genötigt, wenn wir nicht gänzlich auf die Kundgebungen verzichten wollten, auf einen anderen Platz auszuweichen.
Desweiteren versucht die Stadtverwaltung Regensburg, den Beteiligten in empörender Weise die Bürger*innenrechte abzusprechen. Während die Interessen der Betreiber*innen eines privaten Weihnachtsmarktes über das Versammlungsrecht gestellt werden, wird die Klage als bloße Privatsache abgetan. Wahrheitswidrig wird einerseits behauptet, nicht ein Bündnis, sondern der Kläger als „Privatperson“ verlange die Herausgabe. Ich war Teil des Kundgebungsteams und bin offizieller Ansprechpartner des Bündnisses Solidarische Stadt Regensburg, welche die Kundgebungen organisierte. Andererseits: Hat eine „Privatperson“ kein Recht auf Versammlungsfreiheit?
Schließlich meint die Stadtverwaltung, unsere Ausführungen bezüglich einer möglichen Gefälligkeit der Stadtverwaltung gegenüber den Veranstaltern des Weihnachtsmarktes auf Schloss Thurn und Taxis seien unerheblich. Ebenso eine mögliche Gefälligkeit der Stadtverwaltung bezüglich der missbräuchlichen Verwendung von Verkehrsschildern als Werbeträger für ebendiesen Markt, was zu einer Strafanzeige führte. Aber genau darum geht es, zu prüfen, ob es eventuell zu Gefälligkeiten auf Kosten der Versammlungsfreiheit gekommen ist.
zu Teil II – Gesetze
zu 1) Bayerischen Umweltinformationsgesetzes (BayUIG)
Im zweiten Teil versucht die Stadtverwaltung in beinahe schon peinlich-plumper Art, uns gesetzliche Rechte und Ansprüche abzusprechen. Ansprüche aus dem Umweltinformationsgesetz (BayUIG) will sie z.B. dadurch entkräften, dass es sich bei dem Alleengürtel um kein „Naturdenkmal“, sondern um ein „Baudenkmal“ handele. Die Stadtverwaltung wäre gut beraten, einmal selbst durch den Alleengürtel zu lustwandeln. Dabei würde sie feststellen, dass betreffende Allee nicht aus Bauten besteht, sondern aus wunderschönen, altehrwürdigen Bäumen.
Dass das Sicherheits- und Evakuierungskonzept keine Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen enthält, wie die Stadtverwaltung ausführt, glauben wir dagegen gerne. Von einer Verwaltung, die ein Naturdenkmal zu einem Baudenkmal umdeutet, ist nicht zu erwarten, derartige Anforderungen an ein Konzept zu stellen. Die Natur hat offenbar für die Stadtverwaltung nur geringen Stellenwert.
Doch obwohl die Auswirkungen auf das Naturdenkmal Alleengürtel nicht geprüft wurden, scheint die Stadtverwaltung sicher zu sein, dass eine Evakuierung auf diesen keine Auswirkungen haben wird. Denn dreist verlangt sie von uns doch erst mal zu belegen, „inwiefern sich das Sicherheits- und Evakuierungskonzept vorliegend auf die Umweltbestandteile (…) auswirken oder wahrscheinlich auswirken soll.“
Es sei daran erinnert, die Stadtverwaltung hält für die Entfluchtung des Thurn-und-Taxis-Weihnachtsmarkts das Freihalten des gesamten Emmeramsplatzes für notwendig. Aber eine Entfluchtung in den Alleengürtel soll keine Auswirkungen auf die dortige empfindliche Natur haben? Das Mindeste, was anzunehmen ist, wird vermutlich das Schlagen einer Schneise in den Alleengürtel sein, um die Entfluchtung zu gewährleisten.
Während von der Stadtverwaltung die möglichen Folgen für die Natur als nicht der Rede wert abgetan werden, bläst sie mögliche Sicherheitsrisiken bei Herausgabe des Konzepts ins geradezu Gigantische auf. Sie spricht gar von „anzunehmenden bzw. zu erwartenden Nachteile (z. B. terroristischer Angriff oder besondere Sicherheitslage).“
Hilfreich springt die Polizeiinspektion Regensburg Süd der Stadtverwaltung zur Seite. Ebenjene Polizeiinspektion, die über Wochen nichts dabei fand, dass an Verkehrsschildern, z.B. an Hinweisschildern auf Zebrastreifen, Werbetafeln für den Thurn-und-Taxis-Markt hingen. Offensichtlich wiegt die dadurch beeinträchtigte Sicherheit von Fußgänger*innen weniger schwer, als die Interessen des privaten Veranstalters.
Die Polizeiinspektion vermeint „eine zunehmende Radikalisierung der politisch linken Szene zu verzeichnen“ und möchte
„explizit auf die Tatsache aufmerksam machen, dass es Klimaaktivisten, trotz aller Sicherheitsvorkehrungen, bei der Prämiere (sic!) der Schlossfestspiele am 14.07.2023 gelang, im Publikum Platz zu nehmen und sich sogar unmittelbar nach Ende der Pause an die Bühne zu kleben.“
Nun mag es zwar für die anwesende Schirmherrin der Schlossfestspiele Gloria von Thurn und Taxis, die bekanntlich eine Leugnerin des menschengemachten Klimawandels ist, ärgerlich gewesen sein, an ebendiesen menschengemachten Klimawandel erinnert zu werden. Aber kann wirklich im Ernst behauptet werden, von einer Person, die sich selbst fixiert und dadurch immobil macht, könnte irgendeine Gefahr ausgehen?
Die Stellungnahme der Polizei und die Darstellung der Stadtverwaltung sind genau gesehen ein Skandal und erschreckend. Gewaltfreier, friedlicher Protest wird gleichgesetzt mit rechtsextremistischen Terroranschlägen, wie beispielsweise das Nagelbombenattentat des NSU oder Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte.
Es ist äußerst beunruhigend festzustellen, dass Polizei und Verwaltung sich offenbar der gleichen Narrative bedienen, die in rechten Kreisen kursieren, für die Frau Gloria von Thurn und Taxis laut DIE ZEIT vom 19.05.2024 eine „Galionsfigur“ ist. Die eigene, oft tödliche Gewalt wird kleingeredet, gewaltfreier Protest dagegen als Terror diffamiert.
Verwaltung und Polizei sollten sich dringend überlegen, ob sie sich weiterhin einer derart demokratiefeindlichen Argumentation bedienen wollen. Es könnte der Verdacht entstehen, die möglichen Gefälligkeiten gegenüber Veranstaltungen, von denen die weit rechts stehende Schlossherrin profitiert, haben möglicherweise ihre Ursache in gewissen Übereinstimmungen der Ansichten.
zu 2) Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG)
Zu den weiteren Einwendungen der Stadtveraltung ist wenig zu sagen. Natürlich ist die Veranstaltung „Romantischer Weihnachtsmarkt auf Schloss Thurn und Taxis“ kein „Lebensmittel“, „Futtermittel“ oder „Mittel zum Tätowieren“. Sie ist jedoch im Sinne des VIG sehr wohl ein Erzeugnis für Verbraucher. Diese müssen vor Schaden bewahrt werden. Da auf dem Emmeramsplatz kein sichtbarer Rettungspunkt ausgewiesen war, wurden offenbar die Verbrauchenden nicht ausreichend geschützt.
zu 3) Informationsfreiheitssatzung der Stadtverwaltung Regensburg (IFS)
Bezüglich der von der Stadtverwaltung selbst herausgegebenen Informationsfreiheitssatzung wird wie üblich getrickst. Regelmäßig werden uns Informationen mit abseitigen Begründungen vorenthalten. Schon einmal waren wir deshalb gezwungen, mit der Bündnisgruppe „Recht auf Stadt“ gegen die Stadtverwaltung zu klagen und erstritten die Herausgabe eines Gutachtens über die Eignung des kommunalen Pflegeheims St. Michael (AZ RO 3 K 16.1896). Die Stadtverwaltung berief sich auf ein angebliches Urheberrecht, welches aber für Gutachten nur in den seltensten Fällen angewendet werden kann. Wie sich herausstellte lagen wir mit unserem Verdacht richtig. Die Gutachtenden kamen keineswegs zu dem Ergebnis, das kommunale Heim sei für eine moderne Pflege nicht geeignet, wie die Stadtverwaltung in einer Veröffentlichung behauptete.
Diesmal versucht die Stadtverwaltung die gewünschten Information mit Hinweis auf den übertragenen Wirkungskreis zurückzuhalten. Dass die Stadtverwaltung ernsthaft behauptet, das Sicherheits- und Evakuierungskonzept sei keine „Einrichtung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“, sondern nur ein „Bestandteil der Antragsunterlagen“ ist jedoch ein neuer Höhepunkt. Ein Konzept, mit dem das grundgesetzlich garantierte Versammlungsrecht ausgehebelt wurde, soll nur eine unbedeutende Antragsformalie sein?
zu 4) Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG)
Schließlich versucht die Stadtverwaltung nochmals, das berechtigte Interesse zu bestreiten, indem sie auf ein angebliches, reines Privatinteresse rekurriert, um den Informationsanspruch aus dem Bayerischen Datenschutzgesetz (BayDSG) zu unterlaufen. Um es nochmal zu sagen: Ich war Mitwirkender des Kundgebungsteams und bin offizieller Ansprechpartner des die Kundgebungen organisierenden Bündnisses „Solidarische Stadt Regensburg“. Mein Interesse ist also schon diesbezüglich mehr als berechtigt. Und ebenfalls nochmals: Es geht bei der Einschränkung des Versammlungsrechts zugunsten eines privaten Marktes um ein Interesse, das alle demokratisch gesinnten Bürger*innen etwas angeht.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)