Leerstandsmelder:
100 Leerstandsmeldungen und kein Ende

Vor etwas über einem Jahr startete die Initiative Recht auf Stadt (RaS) einen Leerstandsmelder für Regensburg. Er ist inzwischen nicht nur Symbol für eine Stadtpolitik, die so gut wie nichts gegen die zunehmende Zweckentfremdung von Wohnraum (Leerstand, Ferienwohnungen) unternimmt, sondern er zeigt auch in beschämender Weise: Leerstandsproduzent Nummer eins ist die Stadt selbst.

Leerstandsmelder

Ob es mehr als 20 werden?

Januar 2017 ging der sogenannte „Leerstandsmelder“ online. Marker in verschiedenen Farben zeigen auf einer interaktiven Landkarte ungenutzte Objekte an – blau für Gewerbe, rot für Wohnungen. Jeder Leerstand ist mit einem eigenen Artikel verlinkt, der, soweit vorhanden, Hintergrundinformationen liefert. Es können auch Kommentare abgegeben werden, die das Wissen um den Leerstand erweitern sollen.

Als die Initiative den Melder startete, glaubte sie selbst kaum, dass es mehr als 20 Einträge würden. Denn in der Regel fallen nur die markantesten Häuser auf, die Gaststätte Pürkelgut beispielsweise, das Adlerhaus, die leerstehenden Möbelmärkte und einige andere. Erst durch Insiderinformationen und systematische Suche wird das wahre Ausmaß von verschwendeter Wohnfläche sichtbar.

Leerstandskontrolle

Recht auf Stadt unterzog inzwischen alle gemeldeten Leerstände einer nochmaligen Kontrolle. Nur ganz wenige fielen heraus. Manchmal wurden Leerstände abgerissen und durch gewinnbringende Eigentumswohnungen ersetzt. Dies ist nur bedingt ein Fortschritt, denn hier entsteht in der Regel Wohnraum am eigentlichen Bedarf vorbei.

Beispiel Burgunderstraße 14. Bis vor kurzem stand hier ein kleines Häuschen mit wunderschönem Garten. Jetzt baut das Unternehmen Stockerl Immobilien GmbH, die in den letzen Jahren schon mehrmals sehr unangenehm als Kneipengentrifizierer aufgefallen war (Tankstelle, Zimmer 4, Banane) zwei Einfamilienhäuser mit insgesamt 11 Wohneinheiten in gehobener Ausstattung. Natürlich ausschließlich Eigentumswohnungen, damit schnelles Geld verdient ist. 2 Zimmer für 433 000 Euro, Quadratmeterpreise weit über 5000 €. Normalverdiener haben hier nichts zu melden.

Eigentümer*innen beschweren sich

Der Leerstandsmelder hat sich natürlich auch bei Eigentümer*innen herumgesprochen. Einige bekommen anscheinend vermehrt Anrufe, obwohl Recht auf Stadt diese nicht namentlich aufführt, sofern es sich nicht um bereits bekannte Persönlichkeiten (Adlerhaus) oder Organisationen/Firmen handelt.

Vermehrt fordern Leerstandseigentümer, den betreffenden Eintrag zu löschen. Einige drohen sogar mit Anzeige. Doch hier ist die Rechtslage eindeutig. Es gibt ein Recht am eigenen Bild, aber kein Recht am Bild der eigenen Sache, sofern sie von einer öffentlichen Straße oder Platz aus fotografiert worden ist.

Umgekehrt ist bei Eigentümern sehr häufig kaum ein Unrechtsbewusstsein festzustellen. Wenn auf das Grundgesetz Artikel 14 „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ hingewiesen oder das Zweckentfremdungsgesetz zitiert wird, wonach Leerstand mit bis zu 500 000 Euro bestraft werden kann, reagieren sie meist überrascht.

Stadt ist größter Leerstandsproduzent

Die Stadtverwaltung glänzt nach wie vor mit nahezu völliger Untätigkeit. Kein Wunder, denn die Stadt selbst ist mittlerweile größter Leerstandsproduzent. Der ungenutzte Wohnungsbestand bei der städtischen Tochter „Stadtbau GmbH“ ist bekannt.

Hinzu kommt leerstehender Wohnraum, den die von der Stadt verwaltete Evangelische Wohltätigkeitsstiftung (EWR) zu verantworten hat. Da ist zum einen das ehemalige Evangelische Altersheim in der Oberen Bachgasse 21, das bis Frühjahr 2017 als Studierendenheim genutzt wurde. Einen Grund für den Leerstand konnte oder wollte der Leiter der Stiftung Helmut Reutter RaS gegenüber nicht angeben.

Auch ein Wohnhaus mit Garten in der Thurmayerstraße 13 lässt die EWR seit vielen Jahren vergammeln. Die Stiftung gibt Brandschutzgründe an. Ein Nachbar widerspricht vehement. Das Haus war zu Beginn des Leerstands vor ca. 8 Jahren vollkommen in Ordnung. Brandgefahr gehe vielmehr inzwischen vom Grundstück aus, das die Stiftung systematisch verlottern lasse.

Schließlich liegt auch der zur Zeit größte Leerstand in der Verantwortlichkeit von Stadtspitze und Verwaltung. 120 Studierende fanden einst im Lutherheim für schlappe 130 Euro warm Unterkunft. Aufgrund der umstrittenen RKK-Pläne der Stadt mussten die letzten Studierenden Mitte Dezember 2017 raus. Das Studierendenheim wird nach vorsichtigen Schätzungen mindestens ein Jahr leer stehen, und das, obwohl gerade günstige Studierendenbuden absolute Mangelware sind.

Kein Wunder, dass bei einer derartigen Faktenlage die Stadt jede Forderung nach einer Zweckentfremdungssatzung, mit der Leerstand effektiv bekämpft werden könnte, zurückweist. Müsste sie doch im Falle einer Verabschiedung gegen sich selbst vorgehen.

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