Stadtbau:
Richtige Fragen an Stadtbau-Geschäftsführer Götz Keßler

Der Geschäftsführer der Regensburger Stadtbau Götz Keßler durfte der Obdachlosenzeitung „Donaustrudl“ ein Interview geben. Die Fragen waren derart brav und bar jeglichen Erkenntnisinteresses formuliert, dass einer der schlimmsten Regensburger Immohaie sich problemlos als Wohltäter stilisieren konnte. Damit zukünftig solcherart Katastropheninterviews nicht mehr passieren, stellt Recht auf Stadt gemeinfrei richtige Interviewfragen an die Stadtbau zur Verfügung.

Richtige Fragen an Stadtbau Geschaeftsfuehrer Goetz Kessler 1

Screenshot von Stadtbau-Homepage

  • Laut Beteiligungsbericht1 der Stadtverwaltung Regensburg verdienten Sie, Herr Keßler, 2023 als Geschäftsführer der Stadtbau GmbH 177 000 €. Der Aufsichtsrat, also die Vertreter*innen des Stadtrats, bekamen für mickrige drei Sitzungen2 insgesamt 36 000 €. Dazu kommen noch Bezüge für ehemalige Mitglieder der Geschäftsführung von 156 000 €. Das macht zusammen 369 000 €. Wieviele Wohnungen hätten über die Jahre finanziert werden können, wenn die Stadtbau nicht als privatrechtlich organisierte GmbH mit exorbitanten Managergehältern geführt worden wäre, sondern als städtischer Regie- oder Eigenbetrieb mit regulärem Beamtensalär?

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Aus 25. Beteiligungsbericht der Stadtverwaltung 2023, Angaben jeweils in Tausendern, also 177 000 €

  • Wegen der üppigen Managergehälter fehlt es bei der Stadtbau offenbar an allen Ecken und Enden an Geld. Daher wurde das Projekt Rosenweg 2 und 4 ausgelagert und für eine abenteuerlich hohe Miete von 7,95 €/qm an privat zur eigenen Renovierung ausgeschrieben.3 Wie eine Zusammenstellung der Mietspiegelkriterien belegt, dürfte selbst bei wohlwollender Auslegung die Miete kaum höher als 5,60 €/qm sein. Hinweis: Laut BGH4 dürfen Investitionen der Mieter*in bei der Berechnung des Mietpreises nicht berücksichtigt werden. Haben Sie keine Angst, wegen der obszön hohen Miete ein Verfahren wegen Verstoß gegen die Mitpreisbremse zu bekommen? Sie wissen hoffentlich, bei Neuvermietungen darf die Miete maximal 10 % über dem Mietspiegel liegen. Mit 7,95 €/qm statt 5,60 €/qm liegt die Stadtbau jedoch über 40 % darüber.

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Berechnung der Grundmiete nach Regensburger Mietspiegel von 2024. Da dieser bestimmte für das Gebäude am Rosenweg relevante Merkmale nicht enthält, wurden diese aus früheren Mietspiegeln ergänzt. Dies ist über die Spannbreitenregelung möglich

  • Gute Vermietende legen von der monatlichen Miete immer etwas beiseite, um entweder im Bestand zu renovieren oder zukünftige Renovierungen abzudecken. Nur geldgierige Immohaie nutzen den Mietzins 1 zu 1 zur Steigerung der Rendite und bürden Renovierungskosten den nächsten Mietenden auf. So offenbar auch die Stadtbau, denn gegenüber der Presse sagten Sie, hätte die Stadtbau Rosenweg 2 und 4 selbst renoviert, müsste sie für einen qm-Preis vermieten, „wo vorne dran eine zwei stehen würde“.5 Warum ist die Stadtbau, die ja zu 100 Prozent im Eigentum der Bevölkerung steht, keine gute Vermietende, sondern offenbar ein geldgieriger Immohai?

  • Wie ebenfalls aus dem Beteiligungsbericht der Stadtverwaltung hervorgeht, kennen die Mieten bei der Stadtbau GmbH nur eine Richtung, nach oben. Seit 2017 um rund 15 %. Im gleichen Zeitraum sind laut statistischem Bundesamt die Reallöhne um 1,6 % gesunken.6 Wenn die Mieten steigen, die Löhne aber nicht, werden die Menschen zwangsweise verarmt, denn wohnen müssen alle. An der Verarmung der Bürger*innen trägt also auch das städtische Tochternehmen Stadtbau aktiv bei. Oder sehen Sie das anders?

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Aus 25. Beteiligungsbericht der Stadtverwaltung 2023

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Veränderungen von Miete und Reallohn zum Vorjahres­zeitraum in %

  • Die Stadtbau gibt es seit über 100 Jahren. Ungefähr genauso lange existiert der Gemeindebau in Wien. Dort liegen die Mieten auch in der höchsten Kategorie unter 7 €7. Die Mieten wurden zudem 2024 und 2025 eingefroren, ohne dass es zu einem Stopp von Sanierungen oder Neubau kommt.8 Warum kriegt die Stadtbau nicht hin, was in der Millionenstadt Wien offenbar kein Problem ist?

  • Die Stadtbau steigert aber nicht nur die Mieten kontinuierlich, sondern auch die Zahl der Zwangsräumungen. So heißt es im Beteiligungsbericht 2023:

    „Die Zahl der durchgeführten Zwangsräumungen ist im Vergleich um 7 angestiegen. Von 43 (Vj. 37 [Vj. = Vorjahr, RaS]) beantragten Zwangsräumungen wurden 19 (Vj. 12) durchgeführt. Die Zahl der Räumungsklagen wegen Mietrückständen ist von 38 im Vorjahr auf 50 im Berichtsjahr angestiegen.“

    Laut „Statistischem Jahrbuch“ der Stadtverwaltung gab es 2022 insgesamt 98 „gerichtlich festgesetzte Räumungstermine“, 2021 insgesamt 85.9 Zwar sind die Zahlen für 2023 noch nicht bekannt, aber offensichtlich ist die Stadtbau seit vielen Jahren für einen Großteil der Zwangsräumungen in Regensburg verantwortlich. Interessieren Sie sich dafür, wo die Menschen unterkommen, wenn diese von der Stadtbau auf die Straße geworfen werden, oder ist Ihnen das scheißegal?

  • Wohnungssuchende müssen für einen Wohnberechtigungsschein, den sie benötigen, um sich bei der Stadtbau auf eine Liste für eine geförderte Wohnung eintragen zu lassen, je nach Einkommensstufe (EKS) 7,50 € (EKS I), 10 € (EKS II) oder 15 € (EKS III) blechen. Der Schein ist nur jeweils ein Jahr gültig. Wenn die Person in diesem Zeitraum keine Wohnung bekommt, verfällt der Schein und muss neu beantragt werden. Dazu haben wir zwei Fragen:

    • Richtige Fragen an Stadtbau Geschaeftsfuehrer Goetz Kessler 6

      Aus Zwischenbericht der Wohnbauoffensive, 15.02.2022, Stadtratsvorlage VO/22/18726/66

      Aktuell haben fast 3000 Menschen einen Wohnberechtigungsschein. Das macht jährlich mindestens 20 000 € extra Gebühreneinnahmen für den Stadtsäckel. Da weit über 80 % in der Regel EKS-I-Anträge sind, zahlen die Gebühren vorwiegend die Einkommensärmsten. Finden Sie es ethisch verantwortbar, die Ärmsten am meisten zahlen zu lassen?

    • Die Ärmsten zahlen nicht nur am meisten, sie haben auch die geringsten Chancen auf eine EOF-Wohnung. 40 % beträgt aktuell die vom Stadtrat beschlossene „Sozialquote“ für EOF-Wohnungen im Wohnungsbau. Allein 20 % davon gehen für die Förderung von EKS III drauf, also für Wohnungen für eine durchaus gut verdienende Mittelschicht, wie die Verwaltung selbst feststellte.10 Auch Mitbürger*innen der EKS II sind nicht arm, werden aber ebenfalls aus der „Sozialquote“ für EOF-Wohnungen bedient. Letztlich nur ein Bruchteil der EOF-Förderung dient der Finanzierung für Wohnungen für tatsächlich Arme der Einkommensstufe I. Finden Sie es ethisch verantwortbar, Arme gegenüber gut oder ausreichend Betuchten quotenmäßig derart zu benachteiligen?

  • Bei der Stadtbau herrscht eine Leerstandsquote von 4,4 %. Diese liegt weit über dem Regensburger Durchschnitt, den der Zensus mit 2,9 % angibt.11 Warum hat die städtische Stadtbau offenbar mehr Leerstand im Bestand als private Vermietende? Ist der Stadtbau nicht bekannt, dass in Regensburg ein dramatischer Wohnungsmangel herrscht und jeder Leerstand eine nicht zu verantwortende Verantwortungslosigkeit ist?

  • Sie haben, Herr Keßler, gegenüber dem Donaustrudl geäußert, bei der Stadtbau „stehen nur dann Wohnungen leer, wenn sie im Rahmen eines Mieterwechsels saniert und instandgesetzt werden müssen“ (Donaustrudl März 2025). Das ist offenbar falsch, denn bei der Stadtbau ist vielmehr die systematische Entmietung ganzer Gebäude gängige Praxis, siehe Alfons-Bayerer-Straße oder Altdorferstraße. Der Verdacht steht im Raum, dass so Bestandsmietende in neue Verträge gezwungen werden sollen. Bei Neuvermietungen kann die Stadtbau die Kappungsgrenze von 15 % bei Mieterhöhungen auf Mietspiegelgrundlage umgehen. Der ehemalige Vorsitzende des Regensburger Mieterbundes Schindler sagte im Zusammenhang mit der Entmietung der Kurt-Schumacher-Straße 23: „Das Vorgehen der Stadtbau in diesem Fall erinnert an eine Heuschrecke auf dem Wohnungsmarkt.“12 Trifft die Stadtbau ihre Entscheidungen tatsächlich unter „sozialen Gesichtspunkten“, wie auf der Homepage behauptet wird, oder handelt es sich bei dem Tochterunternehmen der Stadtverwaltung Regensburg nicht vielmehr um einen ganz normalen, drecks-neoliberalen Profitmaximierer?


2 Geschäftsbericht 2023: „Der Aufsichtsrat hat während des Geschäftsjahres 2023 die ihm durch Gesetz und Satzung übertragenen Aufgaben wahrgenommen. Er wurde von der Geschäftsführung über den Gang der Geschäfte und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens im Geschäftsjahr 2023 in drei Sitzungen unterrichtet.“ https://www.stadtbau-regensburg.de/fileadmin/user_upload/Downloads/2024_news/Stadtbau_Geschaeftsbericht_2023_web.pdf

Kommentare

  1. Wolfgang Baum

    ….und die Stadträte sind hilflos…meinen die….genau das sind die offensichtlich richtigen Fragen….wie man sie von Dir kennt top..
    am Rande: Rewag Beschäftigte sind stolz dort zu arbeiten und wollen nicht mit der Stadtbau in 3einen Top geworfen werden….
    sarkastisch (sorry) in der Führungsetage der Stadtbau gibt es jemanden(m/w/q) da ist der Name nicht Programm

  2. Wunderlich

    Wir haben in der Vergangenheit ca. 3500 Wohnhäuser erstellen lassen, kennen uns etwas aus! Die Kommune
    sollte ihre Grundstücke nicht an „gierige“
    Kumpels, sprich Bauträger verkaufen, damit sich diese
    alleine mit diesen Gewinnen, EK 100,00/VK 400,00 m2,
    nicht für sich selbst, Frau, Vater, Mutter, Oma, Opa usw.
    Porsches kaufen müssen, sondern mit ernsthaften Absichten zum Segen der Menschen, selbst bebauen, nicht bebauen lassen. Dazu könnte ich gute Empfehlungen beisteuern, damit
    die Wohnungsnot endet❤️

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