Es kann alle treffen. Offenbar schon der Weiterverkauf eines verschenkten Kindertragegurts reicht aus, um eine Hausdurchsuchung zu rechtfertigen. Auch wenn dies sehr wahrscheinlich rechtswidrig ist. Aber was macht das schon. Die Opfer sind meist zu arm oder haben keine Zeit für einen langwierigen Rechtsstreit. Außerdem hat auch ein gewonnener Rechtsstreit kaum Folgen, denn der Staat schützt und sorgt für seine Erfüllungsgehilfen, ganz gleich, was sie anstellen. Zudem erweitert er ständig deren Befugnisse. Durch eine unkontrollierte Exekutive jedoch, die glaubt, sich alles erlauben zu dürfen, wird eine Demokratie zur Autokratie. Wehret den Anfängen – auch in Regensburg.
Vielleicht könntet ihr euch kurz vorstellen? Wer seid ihr und was macht ihr so?
Günter (Name geändert): Also ich bin der Günter und ich bin praktisch Frührentner. Ich hab leider einen Unfall gehabt vor 20 Jahren, wo ich mir die Wirbelsäule gebrochen habe, ersten, zweiten Lendenwirbel. Ich darf nichts mehr heben, wo schwerer ist wie 5 kg und kann seitdem meinen Beruf nicht mehr ausüben. Ich war Maler, Lackierer. Im Mai werde ich 62.
Jasmin (Name geändert): Ich bin gelernte Zahnarzthelferin und leider auch schon in Frührente wegen Depressionen. Bin in Behandlung deswegen. Ich bin 48, bin also 13 Jahre jünger als mein Mann.
Lebt ihr schon immer in Regensburg?
Günter: Wir leben hier in der Wohnung [Nähe Castra-Regina-Center, RaS] seit über 10 Jahren. Ich hab aber schon immer in Regensburg gelebt. Ich bin in Regensburg geboren und am Fischmarkt aufgewachsen.
Jasmin: Ich bin auch in Regensburg aufgewachsen, meine Eltern kommen aber aus Tschechien. Ich bin mit 2 Jahren nach Deutschland gekommen.
Günter: Wir sind jetzt seit 25 Jahren zusammen und seit 20 Jahren verheiratet.
Habt ihr früher schon mal mit der Polizei zu tun gehabt?
Günter: Ja, schon, wegen Haschisch. Aber das ist jetzt an die 30 Jahre her und schon lange verjährt.
Jasmin: Bei mir ist es 25 Jahre her auch wegen Grasrauchen. Das war ja damals noch verboten. Aber seitdem nichts mehr.
Habt ihr irgendwelche Hobbys, die vielleicht etwas ungewöhnlich sind?
Jasmin: Wir haben keine Zeit für Hobbys, weil wir pflegen ja meine Mama bei uns, die ein kompletter Pflegefall ist.
Günter: Seit 14 Jahren pflegen wir die Mutter meiner Frau mit Pflegestufe 5.
Hier in der Wohnung?
Günter: Ja, hier in der Wohnung, rund um die Uhr. Seit 12 Jahren ist sie nur noch bettlägerig, 100 % schwerbehindert schon immer.
Jasmin: Wir haben sie im Moment aber zu Verwandten getan, wegen der momentanen Lage.
Günter: Manche schreiben, wenn sie ein Jahr eine demente Person pflegen, zwei Bücher darüber. Wir haben da noch nie ein großes Aufheben gemacht.
Jasmin: Jetzt haben wir aber auch noch die Schwiegermama in der Wohnung bei uns, weil der Schwiegerpapa gestorben ist vor 18 Monaten. Und als Rentnerin mit 84 Jahren eine Wohnung zu finden in Regensburg ist unmöglich.
Die Wohnung ist wie groß?
Günter: Ungefähr 75 qm.
Jasmin: Es sind 4 Zimmer. In den ehemaligen Kinderzimmern vom Sohn und von der Tochter leben jetzt die zwei alten Damen.
Günter: Wobei meine Mutter nur auf Besuch da ist, bis sie eben was findet.
Jasmin: Aber sie kriegt ja nichts. Ein bezahlbares Wohnungsapartment zu finden in dem Alter in Regensburg ist praktisch unmöglich.
Günter: Altersheime sind für uns kein Thema. Wir haben meine Schwiegermutter mal kurz in ein Heim gegeben. Aber als wir die Missstände dort gesehen haben, waren wir so schockiert, dass wir sie gleich wieder raus genommen haben.
Obwohl zwei alte Damen in der Wohnung leben, eine davon durchgehend bettlägerig, wurde bei euch eine komplette Hausdurchsuchung gemacht mit allen Schikanen. Könnt ihr erzählen, wie es dazu kam?
Günter: Wir haben in Kleinanzeigen mit einem Herrn Weber kommuniziert. Ich hatte eine Merzedesanstecknadel, ein Sammlerstück, das wollte er haben. Er hat vorgeschlagen, dass wir uns im Burger King im Bahnhof treffen. Meine Frau und ich gehen also zum Burger King, am 30. März um 16 Uhr haben wir ausgemacht. Aber als wir auf der Treppe zum Burger King waren, kamen uns zwei Polizisten entgegen, eine Frau und ein Mann. Die sagten zu uns: „Sie haben einen Termin im Burger King?“ Ich habe gar nicht verstanden, warum uns die anreden. Jedenfalls haben sie dann gesagt: „Wir sind Ihr Termin.“ Dann musste ich auf die andere Straßenseite mitgehen, da wo es zum Park reingeht. Zuerst wollten sie meinen Ausweis sehen. Dabei habe ich auch das Täschchen mit der Anstecknadel herausgenommen. Das haben sie gleich konfisziert und meinten: „Und den Schmuck nehmen Sie auch gleich ab“. Ich sagte, den Schmuck nehme ich nicht runter, den trage ich schon 20 Jahre. Plötzlich wimmelte es von Polizei.
Jasmin: Mich haben sie sofort zu einem zivilen Auto geführt, gleich beim Burger King. Eine Beamte sagte: „Machen Sie ja keinen Fluchtversuch, es ist sinnlos.“ Ich fragte, warum soll ich einen Fluchtversuch machen und habe sogar gelacht. Und schon war ich im Auto und wurde zur Polizeidienststelle Minoritenweg gefahren.
Günter: Mir haben Sie den Schmuck auf der Straße abgenommen. Das war mir so peinlich. Nachbarn haben mich gesehen. Die Polizisten haben mich praktisch wie einen Terroristen behandelt. Ich hatte ein silbernes und ein goldenes Armkettchen, Andenken an meinen Vater. Den Ehering habe ich an meinem Daumen getragen, den bekommst du kaum runter. Die haben so lange gezerrt, bis sie ihn hatten.
Jasmin: Im Auto wollte ich natürlich wissen, was los ist. Aber ich habe nur die Antwort bekommen, wir seien gleich da. Am Minoritenweg haben sie mich dann alleine in eine Zellen gesteckt. Ich saß da erst mal zwei Stunden eingesperrt. Dann ist ein Zivilbeamter gekommen und hat gesagt, ich soll den Schmuck abnehmen. Ich habe wieder gefragt, warum? Er hat nur gesagt, der werde überprüft. Als ich die Ringe nicht runterbekam, hat er da bei mir angerissen und hat alles runtergemacht. Dann habe ich wieder ewig warten müssen. Zweimal musste ich aufs Klo. Da wurde ich jedesmal vorher komplett untersucht, T-Shirt hoch, Hose und Unterhose runter.
Günter: Auch mich haben sie dann kurz nach 16 Uhr getrennt von meiner Frau zum Minoritenweg gefahren und auch in eine Einzelzelle gesperrt. Ein Polizist in Zivil hat sich ziemlich aufgeführt. Er meinte zu mir: „Wir wissen Bescheid. Sie brauchen gar nicht zu leugnen.“ Ich wollte wissen, über was? Er erwiderte nur: „Das werden Sie dann schon erfahren.“ Erst als ich mehrmals nach den Grund für die Verhaftung fragte, wurde geantwortet, es gehe irgendwie um eine „Tasche“.
Jasmin: Um einen Tragegurt für Kinder. Zwei Tage vorher hatte ich aus einem Körbchen auf der Straße, wo draufstand „zu verschenken“, einen Kindertragegurt mitgenommen, weil der noch ganz gut war. Ich habe den dann gewaschen und auf Kleinanzeigen.de gestellt.

Wegen angeblicher „Funduntunterschlagung“ eines derartigen Kindertragegurtes wurde offensichtlich eine Hausdurchsuchung durchgeführt
Darum ging es also? Um einen Kindertragegurt?
Günter: Es gehe um einen Sozialbetrug, hat einer der Polizisten gesagt. Da bin ich vom Stuhl aufgesprungen und habe gesagt: „Jetzt reicht’s mir! Ich rufe einen Rechtsanwalt an“. Daraufhin hat ein Polizist gesagt: „Wenn ich mich nicht gleich hinsetze, bekomme ich eine Anzeige wegen Beamtenbeleidigung“.
Jasmin: Irgendwann haben sie auch mir das mit dem Tragegurt gesagt. Es gehe um eine „Fundunterschlagung“. Da war ich erst einmal erleichtert, weil ich dachte, das ist ein Missverständnis. Ich meinte, den Tragegurt können sie natürlich sofort haben. Aber was hat das mit dem Schmuck zu tun? Da hieß es dann immer, recht geheimnisvoll, der werde überprüft. Und irgendwann kamen sie und fragten, ob ich einer Hausdurchsuchung zustimme.
Eine Hausdurchsuchung nur wegen eines Kindertragegurts?
Jasmin: Ja, ob ich zustimme oder ob sie einen Staatsanwalt kontaktieren müssen. Ich: Warum Hausdurchsuchung? Wenn sie den Tragegurt wollen, den gebe ich der Polizei sofort. Ich habe natürlich nicht zugestimmt. Daraufhin habe ich wieder ewig lange warten müssen, bis der Polizist dann triumphierend grinsend zurückkam. Er habe die Staatsanwältin erreicht. Die Polizei habe die Genehmigung und jetzt fahren wir zur Wohnung, aber ohne meinen Mann, denn der sei ihnen zu aufmüpfig. Wenn ich mich halbwegs so vernünftig wie bisher benehme, dann dürfe ich mitfahren.
Wie lange wurdet ihr bei der Polizei in Einzelzellen eingesperrt?
Günter: Ich ungefähr 6 Stunden, von kurz nach 16 bis ca. 22 Uhr. Meine Frau etwas weniger, weil die Polizei mit ihr früher zur Wohnung gefahren ist. Im Durchsuchungsprotokoll steht zwar von 19:20 bis 20:30 Uhr, aber nach unserer Erinnerung hat das länger gedauert. Mich haben Sie im Revier während der Untersuchung ja ständig was gefragt und gedroht, darum kann ich das auch ungefähr einschätzen.
Wie lief die Hausdurchsuchung ab?
Jasmin: Vor Ort, bevor man mich aufsperren ließ, hat es zuerst geheißen, ich darf meine Schwiegermutter vorwarnen. Im Gegensatz zu meiner Mama bekomme sie noch alles mit und würde fürchterlich erschrecken, wenn plötzlich eine Horde Polizisten im Zimmer steht, habe ich zu den Polizisten gesagt. Aber als ich dann die Tür einen Spalt offen hatte, haben sie gleich ihre Köpfe drin gehabt: „Hallo Polizei! Nicht erschrecken!“
Wieviele Polizisten waren es?
Jasmin: Ich schätze so 8 bis 10. Sie trugen schwarze Kampfmontur, Waffen und Schlagstöcke, aber keine Helme.
Günther: Meine Mama hat soviel Angst gehabt, hat sie mir erzählt, dass sie gleich nach dem Pfarrer gerufen hat: „Das überlebe ich nicht! Das überlebe ich nicht!“. Sie hatte ja schon zwei Herzinfarkte. Und sie hat auch nach der Polizei gerufen. Da hat sie ein Polizist ausgelacht und gesagt: „Ich bin die Polizei.“
Jasmin: Sie hat ihre Tasche festgehalten, sie wollte sie nicht loslassen. Man hat gesehen, das sind nur Klamotten und Schmutzwäsche.
Günter: Die Polizei hätte doch sehen müssen, als sie hier hereingekommen ist, dass sie auf dem falschen Dampfer sind. War wirklich besser, dass sie mich nicht mitgenommen haben. Denn wenn ich gesehen hätte, dass sie meiner Mama was aus der Hand reißen, wäre ich wahrscheinlich handgreiflich geworden.
Jasmin: Wenn die Polizei mir wenigstens 2 Minuten gegeben hätte, sie vorzubereiten. Länger hätte es ja nicht gedauert. Sie hat ja geglaubt, ihrem Sohn sei was passiert. Sie war völlig planlos, wurde ja aus dem Schlaf gerissen. Sie geht doch schon gegen 18 Uhr ins Bett.
Und wie hat die zweite ältere Dame die Hausdurchsuchung aufgenommen?
Jasmin: Ein Polizist hat mich immer begleitet. Ich habe meiner bettlägerigen, dementen Mama Medikamente geben dürfen, die waren schon überfällig, aber vorher ging es ja nicht. Ich hätte sie auch wickeln müssen, aber das wollte ich nicht vor den Polizisten machen.
Günter: Aber du hast sie ja später gewickelt.
Jasmin: Ja, irgendwann musste es sein. Die Frau hat noch nie was verbrochen. Warum muss da ein Polizist zuschauen, wenn ich ihr die Windeln wechsle, auch wenn sie nicht mehr soviel mitbekommt?
Günter: Sie kriegt schon noch alles mit.
Jasmin: Auf jeden Fall früher wäre es ihr fürchterlich unangenehm gewesen, wenn jetzt ein Mann zugeschaut hätte, wie ihr die Windel gewechselt wird. Der Polizist hat so ein halben Schritt zur Seite gemacht, weil es halt ihm unangenehm war, aber nicht wegen ihr.
Eine Polizistin war zu der Zeit nicht anwesend? Nur Männer?
Jasmin: Ja. Eine Polizistin wurde erst angefordert, als es um den Autoschlüssel ging.
Günter: Da sind sie zu mir gekommen, im Revier in die Zelle, und haben gefordert, ich soll sagen, wo der Autoschlüssel ist. Ich habe gesagt, es gibt nur einen Autoschlüssel und den haben sie selbst mir abgenommen mit dem Schlüsselbund, mit dem meine Frau dann die Wohnung aufsperren musste. Den Schlüsselbund haben sie ihr aber dann gleich wieder abgenommen.
Jasmin: Trotzdem haben sie zu mir immer gesagt, ich solle den Schlüssel rausrücken, ich solle sie nicht für blöd halten. Sie haben gedroht, dass sie das Auto gewaltsam öffnen lassen, dass sie jemanden kommen lassen, sie hätten schon beim Abschleppdienst angerufen. Das koste uns 2500 €. Da habe ich gesagt, das Auto ist das nicht mehr wert. Wir sollen runter gehen und ich schlage selbst eine Seitenscheibe mit dem Hammer ein. Damit waren sie zuerst einverstanden. Ich habe dann einen Hammer in ein Handtuch gewickelt. Dann hat es aber geheißen, sie hätten eine Rückruf gemacht und sie dürfen bei so was nicht zuschauen.
Und dann kam irgendwann die Polizistin?
Jasmin: Ja. Ich musste mich wieder wie auf dem Revier quasi nackt ausziehen, T-Shirt hoch, BH, Unterhose runter und die Polizistin hat dann genau in meine Unterhose geschaut, ob ich da nicht den Autoschlüssel versteckt habe.
Günter: Im Auto lag eine braune Ledertasche, so wie man sie früher hatte, mit Verbandszeug drin auf der Rückablage. Da wäre angeblich Geld und Schmuck drin und alles, da waren sie fixiert drauf.
Jasmin: Den Schlüssel haben sie natürlich nicht gefunden. Die Polizei ist immer aggressiver geworden. Einer hat gesagt: „Ich habe schon seit einer Stunde Feierabend! Langsam reicht’s mir!“. Aber ich bin immer höflich geblieben. Das ist dann noch eine Viertelstunde so weiter gegangen, ich soll den Schlüssel rausrücken, der Abschleppwagen kommt gleich, 2500 €. Irgendwann hat dann zum Glück meine Schwiegermutter den Schlüssel in der Badewanne gefunden.
In der Badewanne?
Jasmin: Genau.
Günter: Du hast ja den Autoschlüssel gar nicht gehabt. Der war ja an dem Schlüsselbund dran, den mir die Polizei abgenommen hat.
Dann kann ja eigentlich nur die Polizei den Autoschlüssel in die Badewanne geworfen haben?
Jasmin: Ich habe mich ja gar nicht getraut ins Bad aufs Klo zu gehen. Mir war ja klar, dass sie mich nicht alleine lassen, wenn sich mich sogar bei der Mama beim Wickeln beobachten. Ich kann mir das nur so erklären, dass sie das Auto untersuchen wollten, haben den Autoschlüssel vom Schlüsselbund abgemacht und an den Badewannenrand gelegt. Da ist er vielleicht versehentlich in die Wanne gerutscht. Ich habe keine Ahnung.
Günter: Unser Auto ist ein alter Renault, der hat hinten so aufklappbare Ausstellfenster. Da haben sie auch rumprobiert, das aufzubrechen. Jetzt ist da immer ein Spalt offen, den man nicht mehr zumachen kann. Und wenn es regnet, steht jetzt das Auto unter Wasser.
Gefunden hat die Polizei weder in der Wohnung noch im Auto etwas?
Günter: Nein. Trotzdem haben sie haufenweise Sachen mitgenommen. Als ich gekommen bin, hat es ausgeschaut! Die haben uns Handys, Laptop, alles abgenommen.
Jasmin: Alle Datenträger.
Günter: Wir können seitdem nicht mehr telefonieren. Die haben sogar das Handy von meiner Mama mitgenommen, das einzige Ding, was sie mit der Außenwelt verbindet.
Jasmin: Und unseren gesamten Schmuck. Von der Mama, von der Schwiegermutter. Vom Modestück bis zu den Erbstücken, die wir gehabt haben. Wir haben für alles Belege. Aber bis heute haben wir nichts zurückbekommen.

Jasmin und Günter konnten für alle Schmuckstücke Belege vorweisen. Die Erbstücke wurden von Günters Mutter bestätigt
Obwohl sich der Verdacht der Polizei nicht bestätigt hat, habt ihr eure Sachen bis heute nicht zurückbekommen?
Günter: Ich war auf dem Revier und habe gefragt, sie sollen mir unsere Sachen zurückgeben, wir können nicht mal mehr telefonieren. Das einzige, was sie uns gegeben haben, war eine kleine SIM-Karte. Wir haben der Polizei alles gebracht, Kaufbelege. Für jedes einzelne Teil haben wir gezeigt, wo es her ist. Mein Mutter hat auf der Polizei die wenigen Erbstücke von ihrem Mann beschrieben und bezeugt. Das hat sie aber gar nicht mehr interessiert. Ein Polizist meinte, es habe sich um eine Verwechslung gehandelt.
Um eine „Verwechslung“. Aber trotzdem habt ihr eure Sachen bis heute nicht zurückbekommen? Und es hat sich auch niemand entschuldigt?
Jasmin: Wir waren bei einem Sachbearbeiter von der Kripo, mein Mann, die Schwiegermutter und ich. Der Sachbearbeiter meinte: „Auf meinem Mist ist das nicht gewachsen.“ Zu mir hat er wörtlich gesagt, ich habe einer Frau ähnlich gesehen, die an Wohnungsdiebstählen beteiligt war. Zuerst war ich wieder erleichtert. Aber eigentlich habe ich falsch reagiert. Ich hätte sagen müssen: Was? Verwechslung! Her mit meinem Zeug!
Günter: Aber nichts passierte! Obwohl sie jetzt wahrscheinlich begriffen haben, was für einen Riesenfehler sie gemacht haben. Jeden Tag fast habe ich dann bei der Staatsanwaltschaft mit einem geliehenen Handy angerufen wegen der Sachen. Die erste Staatsanwältin war anscheinend schon ein bisschen betroffen. Dann hat sich mich zum Vorzimmer vom Oberstaatsanwalt weiter vermittel. Aber der vom Vorzimmer hat mich weggeputzt wie einen kleinen Schuljungen: Das werde sich schon noch herausstellen! Und dann war der Staatsanwalt plötzlich in Urlaub. Bis heute haben wir nichts zurückbekommen. Meine Schwiegermutter hört sich auf dem Laptop immer so gerne tschechische Hörspiele an. Das geht jetzt nicht mehr.
Das Treffen mit Herrn „Weber“ im Burger King war wahrscheinlich eine Falle der Polizei?
Jasmin: Ich frage mich bis heute, wie die Polizei das gewusst hat. Auf Kleinanzeigen.de können zwar alle die Angebote sehen, aber dann geht man in einen privaten Chat. Den hat die Polizei offensichtlich mitgelesen.
Oder Herr „Weber“ war selbst ein Fake der Polizei, um euch in eine Falle zu locken.
Günter: Das wissen wir natürlich alles nicht. Wir wissen gar nichts. Wir werden immer nur hingehalten. Wir möchten bald in Urlaub fahren. Wir haben so ein billiges Frühbucherangebot wahrgenommen. Das einzige, was wir uns im Jahr gönnen, neben der Pflege. Da sparen wir das ganze Jahr dafür. Das ist aber alles auf dem Laptop gespeichert, der immer noch bei der Polizei ist. Mir kommt es so vor, als ob sie immer noch fieberhaft nach etwas suchen, um das ganze zu rechtfertigen, aber sie finden nichts.
Abschließend: Wie ist der aktuelle Stand?
Jasmin: Die letzte Info ist, eine Richterin will den Laptop untersuchen. Sie will die „Bewertungen“ anschauen, die ebay-Bewertungen. Nur diesen einen Satz hat uns jemand am Telefon gesagt, als ich wieder nach unseren Sachen fragte. Aber es geht ja auch nicht nur um uns. Sie haben auch die Sachen von der Schwiegermutter mitgenommen. Die hat ja gar nichts damit zu tun. Die hat ja nicht den Tragegurt mitgenommen.
Günter: Eigentlich ist es eine Frechheit ohne Ende, eine ganz schöne Gemeinheit. Eine Hausdurchsuchung mit voller Polizeibesetzung in einem Haushalt mit drei Schwerstbehinderten. Ich zähle mich mal nicht dazu mit meinen 70 %. Muss die Polizei da wirklich das ganze Zeug aufbrechen? Das verstehe ich nicht.
Nachtrag
Nachdem Recht auf Stadt die Staatsanwaltschaft um eine Stellungnahme bat und die lange Rückhaltedauer der konfiszierten Sachen monierte, insbesondere die der so wichtigen Kommunikationsmittel, bekam die Familie sämtliche Gegenstände innerhalb eines (!) Tages zurück. Geht doch! Zur Rechtfertigung wurde bei der Herausgabe vom zuständigen Polizisten auf eine Vielzahl unerledigter Fälle verwiesen. Klar, eine Polizei, die schon wegen eines Kindertragegurts Hausdurchsuchung macht, hat viel zu tun. Nebenbei: Entschuldigt haben sich weder Staatsanwaltschaft noch Polizei bei der Familie.
Da Recht auf Stadt davon ausgeht, dass die offensichtlich völlig unverhältnismäßige Hausdurchsuchung kein Einzelfall ist, bitten wir betroffen Bürger*innen, sich bei uns zu melden.
Falls eine engagierte Rechtsanwaltschaft dies liest, können wir gerne zur Familie vermitteln.