Sketch der Gruppe Sozialrevolutionäre Aktion (SRA) am 1. Leerstandsaktionstag:
Profit durch Leerstand – Satirische Zweckentfremdungsberatung

Leerstandsaktion Dialog

Makler: Herzlich willkommen meine sehr geehrten Damen und Herren zu unserem Live Format unserer Serie mit dem Titel “Plötzlich Immobilieneigentum! Was tun?” Heute schalten wir Live aus Regensburg und zu Gast haben wir eine junge Frau, die zu Immobilieneigentum gekommen ist und nicht weiß, was sie damit anfangen soll. Ich grüße Sie! Schön Sie zu sehen!

Vermieterin: Wie sie wissen habe ich die Immobilie ja vor kurzem geerbt und bin nun am überlegen, wie ich sie am besten nutzen soll. Ich dachte daran Sie langfristig zu vermieten?

M: Nein, also davon kann ich Ihnen nur abraten. Es gäbe so viele Möglichkeiten, die Wohnung gewinnbringender zu nutzen.

V: Ach ja?

M: Natürlich! Ich würde Ihnen raten die Wohnung als Ferienwohnung, zum Beispiel bei Airbnb, anzubieten. Sie liegt ja praktischerweise sehr zentral und man hat aus der Wohnung eine wunderbare Aussicht. Ich bin mir sicher, dass die Nachfrage sehr hoch sein wird.

V: Für die Nutzung der Wohnung als Ferienwohnung bedarf es meines Wissens aber einer Genehmigung. Ansonsten ist das doch eine Zweckentfremdung. Ich habe gehört, dass das mit bis zu 500 000 Euro Bußgeld bestraft werden kann.

M: Ach darum müssen Sie sich in Regensburg überhaupt keine Gedanken machen. Das wird hier sehr locker gehandhabt. Es gibt zwar seit Sommer 2019 eine Zweckentfremdungssatzung, die extra ins Leben gerufen wurde um unter anderem nicht genehmigte Ferienwohnungen zu verhindern. Aber die ist ja wirklich ein absoluter Witz! Was denken Sie, wieviele Bußgelder 12 Monate nach Einberufung der Satzung verhängt worden sind? Oder wieviele Wohnungen dem Wohnungszwecke zurückgeführt wurden?

V: Puh… das müssten ja wirklich viele gewesen sein. In Regensburg gibt es schließlich ziemlich viele leerstehende Wohnungen und Ferienwohnungen gibt es ja auch sehr viele, vor allem in der Altstadt…

M: Ach Quatsch. Für die meisten Eigentümer hatten die neuen Beschlüsse absolut keine Konsequenzen. Ein Jahr danach wurde nicht ein einziges Bußgeld verhängt. Also meiner Meinung nach ist das genau richtig! Es ist ja wohl unmöglich, jemandem vorschreiben zu wollen, was er oder sie mit ihrem Eigentum zu machen hat. Schließlich leben wir in einem freien Land! So ein starker Eingriff in die Rechte des Eigentümers sind eine absolute Frechheit! Eine Ferienwohnung zu betreiben bedeutet ja sowieso schon eine Menge an Arbeit… und dann auch noch zu erwarten, dass man sich um irgendwelchen Verwaltungskram wie z.B. die Anmeldung kümmern muss ist eine absolute Zumutung.

V: Naja… es gibt ja sogar einen Artikel im Grundgesetz, der besagt, dass Eigentum verpflichtet und sein Gebrauch zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen soll.

M: Ach mit dem Grundgesetz muss man es ja nicht so genau nehmen. Gut, dass dieser Artikel den Zuständigen für die Zweckentfremdungssatzung offensichtlich auch fremd ist. Es wurden nachträglich sogar 42 illegale Wohnungen als Ferienwohnungen nachträglich genehmigt… wegen Bestandsschutz. (stößt mit Sekt an)

V: Aber ist es nicht wichtig, dass in der Stadt bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist, damit die Menschen, die beispielsweise in der Altstadt arbeiten, auch dort wohnen können und nicht erst eine Stunde zur Arbeit fahren müssen?

M: Also ich bitte Sie. Ein Vermieter ist doch kein Wohlfahrtsverein! Wer die Miete nicht zahlen kann, muss wohl oder übel einen langen Arbeitsweg auf sich nehmen. Es steht ja auch jedem frei, sich einen anderen Job zu suchen in dem man mehr verdient.

V: Gibt es denn noch andere Möglichkeiten die Wohnung zu nutzen?

M: Sie könnten sie natürlich auch verkaufen. Falls Sie sich für diese Option entscheiden, wäre es aber durchaus von Vorteil, die Wohnung zunächst ein paar Jahre leerstehen zu lassen, um den Wert zu steigern.

V: Und das lohnt sich?

M: Ja ja! Das Geschäft mit Grund und Boden brummt wie nie zuvor! Seit Jahren schon haben wir niedrige Zinsen auf Ersparnisse. Und da fragen sich manche natürlich: Wohin mit all meinem Geld? Kunstgegenstände, Aktien, Edelmetalle und vor allem Immobilien sind da die Vermögensanlagen unserer Zeit geworden! Die verlieren so schnell nicht an Wert. Vor allem bei Immobilien ist eine Preissteigerung von jährlich 10% in Städten möglich!

V: Wow! Das ist aber ganz schön viel!

M: Wunderbar, nicht wahr? Es sind wirklich goldene Zeiten für das Immobiliengeschäft! Durch die hohe Nachfrage und den knappen Baugrund in den Städten treibt das die Preise noch zusätzlich nach oben!

V: Aber weil ich das von vorhin noch nicht ganz verstanden habe: Leer stehen lassen? Bei der hohen Nachfrage? Ist das nicht… unethisch?

M: Unethisch? Ich bitte Sie! Unethisch wäre es, sie nicht leer stehen zu lassen! Sie haben ja Recht. Eigentum verpflichtet: Und zwar zu hohen Renditen! Denken Sie doch an die Zukunft! Ihrer Altersvorsorge! Sie müssen jetzt schon vorsorgen, wenn Sie mit 70 nicht Flaschen sammeln gehen wollen. Sie können aktiv zu Ihrer Rente beitragen, indem Sie den Wohnraum noch weiter künstlich verknappen. Das lässt die Preise noch weiter in die Höhe treiben!

V: Aber ist das nicht Spekulation?

M: Spekulation ist so ein unschönes Wort! Wir sind doch nicht im Casino, sondern in der sozialen Marktwirtschaft. Sie betreiben kapitalgedeckte Altersvorsorge über Ihr Eigentum. Freuen Sie sich auf eine sonnige Zukunft als eine von Deutschlands weiteren Millionärinnen!

V: Na das ist ja toll! Aber an wen kann ich verkaufen?

M: Ach, vielleicht an einen Immobilienkonzern? Da gibt es ja einige in Deutschland und sogar hier in Regensburg. Zum Beispiel den Marktführer Vonovia, das Immobilienzentrum Regensburg oder das Bauteam Tretzel. Achja und sollten Sie irgendwas über letztere beiden in Verbindung mit Korruption, Wolbergs, die SPD und CSU gehört haben: Glauben Sie das nicht. Das ist nur linksradikale Propaganda.

V: Aha… Und wie wird dort mit der Immobilie weiter verfahren? Vielleicht könnten Sie mir das Vorgehen eines Immobilienkonzerns ein wenig erläutern? Schließlich muss ich ja wissen, an wen ich mein Eigentum verkaufe…

M: Sehr gerne! Natürlich steht an erster Stelle die wirtschaftlich sinnvollste Nutzung der Immobilie.

V: Das heißt?

M: Na, das versucht wird so viel Geld wie möglich mit der Immobilie zu verdienen. Schließlich müssen die hart arbeitenden Vorstände der Konzerne ja auch einen fairen und angemessenen Lohn bekommen und irgendwo muss das Geld ja herkommen.

V: Interessant. Und was heißt das dann genau?

M: Naja, also in manchen Fällen lohnt es sich natürlich nicht die Wohnungen zu vermieten. Wir haben ja vorher schon über Leerstand gesprochen. Man lässt so lange leer stehen, bis sie vollkommen heruntergekommen und sowieso nicht mehr bewohnbar sind.

V: Und dann?

M: Na dann wird neu gebaut. Aber natürlich sehr viel attraktivere Gebäude, für die auch ein Vielfaches an Miete verlangt werden kann.

V: Aber wäre es nicht sinnvoller die ursprünglichen Gebäude stehen zu lassen und bei Bedarf Reparaturen vorzunehmen? Ich meine, hier in Regensburg stehen ja auch ein paar Gebäude unter Denkmalschutz. Das wäre doch wirklich sehr bedauerlich, die einfach so verkommen zu lassen.

M: Ach auf sowas wie Denkmalschutz kann man in so einer Situation nun wirklich keine Rücksicht nehmen. Schließlich geht es hier um die gewinnbringende Nutzung einer Immobilie! Was sollen denn nachrückenden Generationen von uns denken, wenn wir nicht JETZT das Beste rausholen? (leicht empört) Aber Instandhaltung war schon ein interessantes Stichwort. Konzerne haben noch andere Möglichkeiten um eine wirtschaftlich kluge Nutzung der Gebäude zu gewährleisten.

V: Ach ja?

M: Ja. Es können z.B. Modernisierungsmaßnahmen ergriffen werden. Die sind teilweise sinnvoll, teilweise eher weniger sinnvoll. Aber darum geht es ja auch nicht.

V: Wie meinen Sie das?

M: Naja es geht ja in erster Linie nicht darum die Wohnsituation des aktuellen Mieters zu verbessern oder die Wohnung nachhaltiger zu gestalten, sondern….?

V: Die Miete zu erhöhen?

M: Exakt! Langsam haben Sie es verstanden.

V: Und was, wenn der derzeitige Mieter nicht in der Lage ist die neue Miete zu zahlen?

M: Na, dann muss er sich halt was Neues suchen. Diese Lamentiererei hängt mir schon zu den Ohren raus! Das ist ja dann wirklich nicht mehr unser Problem. Wer arm ist und sich seine Miete nicht mehr leisten kann, ist selber Schuld. Hauptsache er zieht aus. Es ist ja teilweise so mühsam alte Mieter aus den Wohnungen zu bekommen. Manche sind ja wirklich so penetrant und hartnäckig und versuchen doch tatsächlich, sich gegen die Mieterhöhung oder Modernisierungen zu wehren. Gut, dass die damit nur selten vor Gericht Erfolg haben.

V: Also die Verdrängung von Altmietern durch neue, besser zahlende Mieter, um möglichst viel Profit zu machen, halte ich schon für ein wenig fragwürdig. Gentrifizierung ist doch ein echtes Problem.

M: Na und? Sie tun ja so, als ob es verwerflich wäre, mit seinem Eigentum möglichst viel Geld verdienen zu wollen. Man kann doch wirklich nicht auf jeden Rücksicht nehmen!

V: Also ich habe mir überlegt die Räume vielleicht doch zu vermieten. Aber kommen da nicht viel Aufwand und Kosten auf mich zu? Müsste ich als Vermieterin nicht jetzt auch die höhere CO2 Bepreisung auf die Heizkosten meiner Mieter übernehmen?

M: Ach, darüber brauchen Sie sich keine Sorgen machen! Es war zwar ursprünglich von der Bundesregierung geplant, dass sich Mieter und Vermieter diese Kosten teilen müssen, aber zum Glück hat CDU/CSU immer ein offenes Ohr für uns Eigentümer. Die Kosten müssen nun allein ihre Mieter tragen. Die alte Ölheizung im Keller können Sie also ruhig stehen lassen.

V: Ich hätte noch eine andere Frage: Man hörte in letzter Zeit in den Nachrichten einiges über sogenannte “Enteignungen”. Haben Sie was davon mitbekommen?

M: Ja, davon lese ich immer wieder. Wenn zum Beispiel im Rheinland ganze Dörfer für Braunkohle enteignet und abgerissen werden oder kleineren Bauern ihre Felder für den Autobahnbau verlieren.

V: Das meinte ich nicht. Ich meinte bezüglich auf Immobilienkonzerne.

M: Achso! Es ist ja momentan in Berlin ein Volksbegehren eingereicht worden, das die Enteignung von großen Wohnungskonzernen vorsieht. Wirklich schreckliche Sache. Aber in Berlin stehen wir ja in guten Kontakt mit Union und FDP, die regeln das in unserem Sinne schon. Sogar die SPD haben wir in Berlin schon auf unsere Seite ziehen können. Wir sollten uns da also keine allzu großen Sorgen darüber machen, dass uns jemand unser Eigentum wegnimmt, um es der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.

V: Da bin ich ja beruhigt!

M: Aber hoffentlich kommt niemand HIER auf die Idee sowas zu machen. (Beide schauen ins Publikum, schweigen, und machen dann weiter)

V: Also… um das nochmal zusammen zu fassen. Das sind also Ihrer Meinung nach die sinnvollsten Optionen: Leerstand, Spekulation oder Verkauf an einen Immobilienkonzern? Das klingt ja…

M: …lukrativ! Das wollten Sie bestimmt sagen. Wenn Sie jetzt hier gleich unterschreiben, dann landen die Millionen in Windeseile auf Ihrem Konto!

V: (ohne zu zögern) Na unbedingt!

M: Aber lassen Sie uns doch schauen, ob sich hier im Publikum jemand findet, der Ihnen die Immobilie jetzt schon abkaufen würde!

(Improvisation)

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